160 Sitzung vom höherer Promilleſatz notwendig iſt. Alſo wenn Sie heute unſeren Magiſtratsantrag ablehnen oder nur halb annehmen, ſo verlaſſen Sie dieſe Relation und ſetzen den Prozentſatz für den bebauten Grund⸗ beſitz herab, und, meine Herren, ich weiß beim beſten Willen nicht, welche Veranlaſſung dazu in dieſem Jahre ſein ſollte, in dem wir uns Ent⸗ behrungen nach den verſchiedenſten Richtungen hin auferlegt haben, und in dem wir, wie Sie ja bei den Etatsberatungen geſehen haben, an allen Ecken und Enden knappſen müſſen. Meine Herren, damit komme ich auf den Etat zu ſprechen. Wir haben Ihnen den Etat vorgelegt mit einer verhältnismäßig hohen Summe, die aus den Reſerven in Anſpruch genommen werden ſollte. Teils durch Vorſchläge, die von unſerer Seite getommen ſind, teils auch infolge von Anträgen aus Ihrer Mitte heraus, durch Streichungen in den Einnahmen, durch Erhöhung der Ausgaben haben Sie dieſe Summe noch im Laufe des heutigen Abends um 115 000 ℳ erhöht — ſo ſchätze ich es ungefähr —, und nun ſoll dieſer Betrag ebenfalls aus den Reſerven genommen werden, ſo daß tat⸗ ſächlich, wenn Sie die Grundſteuererhöhung ganz ablehnen würden, gar nichts an Reſerven übrig bleibt, und wenn Sie den ſogenannten Kom⸗ promißantrag annehmen, ungefähr ein Betrag von 80 bis 90 000 ℳ. Meine Herren, das iſt unſeres Erachtens gefährlich. Der Antragſteller des Kompromißantrages, Herr Stadtverordneter Otto, hat ja ſelbſt geſagt: es iſt nicht viel, aber es iſt doch eine gewiſſe Reſerve, was dann bleibt. Ja, meine Herren, nach der Meinung des Magiſtrats iſt dieſe Reſerve ſo gering, daß ſie wirklich kaum noch ernſt⸗ lich in Frage kommt, und wir ſind der Meinung, daß im Jahre 1911 doch ſo große Anforderungen wieder an uns herantreten werden, daß wir aber auf der anderen Seite unſere Reſerven ſo ſtark in Angriff genommen haben, und daß wir auch nicht ſo erhöhte einmalige beſondere Einnahmen zu erwarten haben werden wie im Jahre 1910! Ich erinnere Sie bloß daran, daß eine Einnahme, wie ſie das Elektrizitätswerk im Jahre 1910 zum allererſten Mal gebracht hat, im Jahre 1911 nicht vorhanden iſt, daß es uns natürlich infolge davon ſehr viel ſchwerer ſein wird, wenn wir nicht jetzt ſchon bei dieſem Etat unſeren Blick auf 1911 immer und immer wieder richten, im nächſten Jahre mit gleichen ſteuerlichen Zuſchlägen die Etatsbalance zu ſchaffen. Aus dieſem Grunde warne ich nochmals namens des Magiſtrats, den Weg zu betreten, die Ma⸗ giſtratsvorlage, die Erhöhung der Grundſteuer ab⸗ zulehnen oder auch nur bloß zur Hälfte anzunehmen. Wir ſind der Meinung, daß dieſer Betrag weſent⸗ lich zu gering iſt, und im Intereſſe der Finanz⸗ gebarung für das nächſte Jahr bitte ich, die geſamte Erhöhung der Grundſteuer mit uns zu beſchließen. Meine Herren, wir ſind am Schluſſe unſerer Beratungen. Unſere Etatsberatungen ſind in dieſem Fahre viel ausgiebiger als in den letzten Jahren (Stadtv. Otto: Sehr richtig!) und ſehr ernſter Natur geweſen. Ich möchte Sie am Schluſſe der Beratungen dringend bitten: ver⸗ laſſen Sie nicht den Boden, auf den wir immer getreten ſind, jahrelang, und verlaſſen Sie nicht das Arbeitsfeld, wie wir es bisher bearbeitet haben, indem wir nicht den Etat für ein Jahr aufgeſtellt haben, ſondern bei der Aufſtellung des Etats uns 22. März 1910 ſtets geſagt haben: wir wollen an die Zukunft denken und unſeren Blick zugleich auf die nächſten Jahre richten. Ich glaube, daß nur bei einer derartigen Finanzgebarung für unſere Finanzen in Char⸗ lottenburg gut geſorgt werden kann, und daß es äußerſt bedenklich iſt, wenn man, bloß um Laſten gegenüber einem Teil der Bürgerſchaft zu ſparen, der dagegen remonſtriert, den Geſichtspunkt aus dem Auge verliert, daß man auch für die nächſten Jahre ſorgen ſoll, und nicht lediglich das eine Jahr im Auge hat und denkt: in ſpäteren Jahren wird ſchon ander⸗ weitig weitergeholfen werden! Stadtv. Zander: Namens meiner Freunde bin ich beauftragt, zu erklären, daß wir in unſerer Fraktion genau dasjenige beſchloſſen hatten, was Herr Kollege Otto hier zum Antrag erhoben hat. Dieſer Antrag wurde ja bereits im Ausſchuß von ſeiten meiner Freunde geſtellt, dort aber mit einer Stimme Mehrheit abgelehnt. Wir ſind der Über⸗ zeugung, daß die Hausbeſitzer in Charlottenburg ſchwer belaſtet ſind; wir ſind aber zugleich der Über⸗ zeugung, daß es in dieſem Falle das geringere Ubel iſt, wenn wir ſie noch um ein geringes weiter belaſten. Für uns iſt die Herſtellung der Magiſtrats⸗ vorlage in betreff der Müllverwertung ebenfalls eine conditio sine qus non zur Annahme des Kompromißantrages. Wir können nicht verſtehen, wie Herr Kollege Hirſch ſich betreffs der Müll⸗ verwertung auf den Standpunkt geſtellt hat, daß für dieſelben Leiſtungen höhere Aufwendungen und höhere Gebühren verlangt werden. Ja, Herr Kollege Hirſch, bei der heutigen Konjunktur werden auf dem Arbeitsmarkte für niedere Leiſtungen meiſtens auch höhere Gebühren verlangt. Die zweite Bedingung für uns für die An⸗ nahme des Kompromißantrages iſt, daß die Ge⸗ werbeſteuer der dritten Klaſſe in Höhe von 100% beſtehen bleibt. Denn wir wollen es nicht auf uns nehmen, die mittleren und kleineren Gewerbe⸗ treibenden noch weiter zu belaſten. Die ganze Sachlage ſollte uns mahnen, künftig auf jeden Fall und in jeder Lage ſparſamer vorzugehen. Stadtv. Jolenberg: Meine Herren, ich werde für den Beſchluß des Etatsausſchuſſes ſtimmen, die Gemeindegrundſteuer auf 2,65 reſp. 5,3%, zu belaſſen und die Gewerbeſteuer nicht zu erhöhen. Ich bin der Meinung, daß aus den Überſchüſſen des Etatsjahres 1909, aus der höheren Umſatz⸗ ſteuer, aus der Wertzuwachsſteuer der Ausgleichs⸗ fonds wieder genügend aufgefüllt werden kann. Ich möchte mich mit einigen Worten gegen die Ausführungen des Herrn Kollegen Hirſch wenden. Herr Kollege Hirſch hat hier von den Ver⸗ tretern der hausagrariſchen In⸗ tereſſen geſprochen. Ich weiß mich von dieſem Vorwurf frei, Herr Kollege Hirſch. Wenn ich in dieſem Jahre und bei dieſer Gelegenheit für die Hausbeſitzer eintrete, ſo leitet mich lediglich der Geſichtspunkt der Gerechtigteit, weil ich der Meinung bin: es iſt ein Unrecht, einen Teil der Bevölkerung immer wieder mit Steuern zu be⸗ laſten, die eigentlich die ganze Bevölkerung zu tragen hat. Ich bin weiter der Meinung, daß es tein unrecht iſt, gerade dieſe ſchwerbedrückten „Hausagrarier“, Herr Kollege Hirſch, die um ihre Exiſtenz zu kämpfen haben, ſchwer zu kämpfen haben,