die jedes Jahr weiter erhöht werden, — gerade dieſe zu ſchützen. Nun möchte ich aber doch Herrn Kollegen Hirſch recht ſehr bitten, hier den Ausdruck Haus⸗ agrarier nicht mehr zu gebrauchen. (Stadtv. Zietſch: Heute nicht!) — Heute nicht und für die Folge nicht. Denn wozu Ausdrücke gebrauchen, die die anderen verletzen müſſen? Meine Herren, was iſt ein Agrarier? Agrarier iſt ein Landwirt im allgemeinen (Stadtv. Zietſch: Hundsgemeinen!) — ach, Herr Kollege Zietſch, vielleicht, bitte, unter⸗ laſſen Sie dieſe Unterbrechungen! — alſo ein Land⸗ wirt, meine Herren, der, im ſchlechten Sinne genommen, (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) für ſeine Intereſſen, ausſchließlich für ſeine In⸗ tereſſen arbeitet. Nun, meine Herren, ein Landwirt iſt der Hausbeſitzer nicht, (Sehr richtig! — Heiterkeit) das iſt keine Frage; es bleibt an ihm alſo nur das Odium hängen: ein Mann, der lediglich für ſeine Intereſſen arbeitet. Meine Herren, wenn Sie in die Steuererklärungen der Hausbeſitzer blicken würden, wenn Sie ſehen würden, wie wenig Einkommen⸗ ſteuer die Hausbeſitzer im allgemeinen — Aus⸗ nahmen ſind ja natürlich — tragen und zahlen, dann würden Sie dieſen Ausdruck nicht mehr gebrauchen. Ich bitte Sie, dieſen Ausdruck für die Folge zu unterlaſſen. (Zuruf bei den Sozialdemotraten: Das iſt doch Sache des Vorſtehers! Sie ſind doch nicht Vorſteher!) — Ich bin nicht Vorſteher; aber ich darf doch eine Bitte an Sie richten, Herr Kollege Zietſch. Ich möchte nur noch ſagen, daß die Haus⸗ beſitzer ſehr große Laſten bisher getragen haben und noch weiter tragen werden. Die Grundſteuer iſt in dieſem Jahre mit 4 884 500, die Umſatzſteuer mit 1 450 000 ℳ. eingeſetzt, macht zuſammen 6 334 500 ℳ., alſo bei einem Steuerſoll von 15 Millionen etwa 41%. Ich habe bereits im Etats⸗ ausſchuß auseinandergeſetzt, daß das aber nicht allein die Steuern ſind, die die Grundbeſitzer zu tragen haben, ſondern alle anderen Steuern, die die übrigen Bürger zu tragen haben, müſſen die Haus⸗ beſitzer doch auch bezahlen, und da kommen zu den 41% — ich kann es nicht taxieren, aber mindeſtens doch wohl noch 10% dazu — das iſt das mindeſte (Zuruf: Mehr noch!) — mehr noch, wird mir zugerufen —, und, meine Herren, da ſehen Sie, daß die Hausbeſitzer mindeſtens die Hälfte ſämtlicher Steuern in Charlottenburg tragen (Stadtv. Hirſch: Ganz falſche Rechnung!) Nun wird geſagt: ja, die lumpigen 30 ℳ, die die Hausbeſitzer mehr zahlen ſollen! Ja, Herr Kollege Hirſch, es handelt ſich nicht nur in dieſem Jahre um die lumpigen 30 ℳ, ſondern um eine fortlaufende Erhöhung. Ich habe hier die Liſte der Grundſteuerſätze von 1895 an; ſie beginnt mit 1,87 und ſteigt faſt jedes Jahr, dann werden die unbebauten Grundſtücke doppelt belaſtet, kurzum: die Laſt für die Haus⸗ und Grundbeſitzer iſt jedes Jahr ohne Ausnahme gewachſen, und mit der erhöhten Grundſteuer, die Sie ihnen auch diesmal wieder auferlegen wollen, kommt jetzt noch die Wertzuwachsſteuer, die ja auch die Grundbeſitzer u tragen haben, Etadto. Hirſch: Haben Sie ja mit beſchloſſen!) Sitzung vom 22. März 1910 161 Sie erhöhen auch in bedentlicher Weiſe noch die Müllgebühr. Meine Herren, wenn Sie die Auf⸗ ſtellung des Kollegen Brode angeſehen haben, dann werden Sie finden, daß die Müllgebühr nicht nur erhöht iſt, ſondern daß ſich die Müllabfuhr im Verhältnis zu anderen Vororten bei uns gan z unverhältnismäßig hoch ſtellt. (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) Nun wollen Sie, meine Herren, die Hausbeſitzer von dieſer Müllabgabe befreien und ſie auf die Allgemeinheit abwälzen, wenn ich Sie recht verſtehe. (Stadtv. Hirſch: Ganz richtig!) Ja, da hat uns der Herr Oberbürgermeiſter neulich useinandergeſett, das ginge nicht, denn das Kommunalabgabengeſetz erlaubte das nicht, das ſei eine Laſt, die die Hausbeſitzer nach dem Kom⸗ munalabgabengeſetz zu tragen hätten. Alſo der Weg iſt nicht zu gehen. Meine Herren, ich komme zum Schluß. Ich bitte Sie recht ſehr, den Kompromißvorſchlag, mit dem ich nicht einverſtanden bin, weil er eine weitere Erhöhung der Belaſtung der Hausbeſitzer in ſich birgt, abzulehnen und es beim Beſchluß des Etatsausſchuſſes zu belaſſen, nur die Gewerbe⸗ ſteuer nicht zu erhöhen. Stadtv. Dr. Liepmann: Meine Herren, nach den Ausführungen des Herrn Vorredners kann ich mich ganz kurz faſſen. (Bravo!) Meine Freunde und ich (Heiterkeit) — aber, meine Herren, ich kann mir doch nicht helfen, daß unſere Richtung vorläufig hier noch ſo gering vertreten iſt; deswegen brauche ich doch dieſe kleine Anzahl nicht gleich auf einen, auf meine Wenigkeit zu reduzieren, das können Sie doch nicht verlangen — alſo wir werden gegen die Erhöhung der Be⸗ laſtung des Grundbeſitzes ſtimmen, gegen die Er⸗ höhung der Grundſteuer zunächſt wegen der fort⸗ währenden Beunruhigung und wegen der Un⸗ gerechtigteit; ſodann im Hinblick auf die beſſere Stellung des Grundbeſitzes in den Nachbarorten und die daraus zu befürchtende Schädigung Char⸗ lottenburgs im allgemeinen. Wir werden auch ferner gegen eine Erhöhung der Müllbeſeitigungsgebühr ſtimmen; hauptſächlich aus dem Grunde, weil wir es für ungerecht halten, daß die Müllbeſeitigungskoſten zum überwiegenden Teil die Hausbeſitzer treffen ſollen, obgleich ihre Höhe gerechtfertigt wird mit den hygieniſchen Vor⸗ teilen, welche ſich die Stadt aus dem Abſchluß des Vertrages mit der Geſellſchaft verſpricht, alſo aus einer Hebung des grundſätzlichen Niveaus, das allen Bürgern Charlottenburgs zu gute kommt und nicht allein den Hausbeſitzern. Wir werden ferner nicht für eine höhere Be⸗ laſtung der Gewerbeſteuer zu haben ſein, weil gerade jetzt der Mittelſtand ſchwer zu kämpfen hat, der in der dritten Klaſſe der Gewerbeſteuer ver⸗ treten iſt. Wir glauben, daß der Ausgleichsfonds aus den künftigen Einnahmen aufgefüllt werden kann, trotz der Befürchtung des Herrn Kämmerers. Welcher Finanzminiſter wird nicht in dieſer Be⸗ ziehung peſſimiſtiſch und vorſichtig denten! Er hat von ſeinem Standpunkt ganz recht; wir haben aber auch recht, wenn wir etwas optimiſtiſch in die Zu⸗ kunft ſehen. Täuſchen wir uns, dann können wir auch dann noch die Steuerſchraube anziehen. Wir