162 erhoffen insbeſondere größere Erträge von der Wert⸗ zuwachsſteuer. Und wenn ein Defizit von 63 000 vorhanden ſein ſollte, ſo wird es in der Weiſe zu decken ſein, wie Herr Kollege Jolenberg ausgeführt hat. Es hätte aber auch beſeitigt werden können durch diejenigen Anträge, die ich geſtellt hatte. Ich habe mich jedoch bewogen gefühlt, ſie zurückzu⸗ nehmen, um Ihre Zeit nicht unnötig in Anſpruch zu nehmen, nachdem ich heute aus der Verhandlung über die beiden von mir aufrecht erhaltenen An⸗ träge erſehen habe, daß ich mit meiner Anregung zur Sparſamkeit keine Gegenliebe finde. Herr Kollege Otto hat ja mit ſeiner Kritik der von mir empfohlenen Sparſamkeit ganz recht, ſoweit er ſagte: ſoziale Fürſorge koſtet Geld. Ich danke für dieſe Belehrung; ſie war nicht notwendig, denn ich wußte das ſchon. Die Frage iſt doch: wie viel Geld darf uns die ſoziale Fürſorge koſten? und da möchte ich nur auf den ſchönen Vers Schillers hin⸗ weiſen, welcher ſagt: Noch keinen ſah ich glücklich enden, (Stadtv. Otto: Fröhlich enden! — Heiterkeit.) Auf den mit immer vollen Händen Die Götter ihre Gaben ſtreun. Setzen Sie anſtatt „Götter“ „die Mehrheit unſeres Kollegiums“, inſonderheit den Führer der ſtärkſten Fraktion, Herrn Kollegen Otto, (Heiterkeit) ſo paßt dieſer Vers auch hicr. Für jeden, der unſere finanziellen Verhältniſſe, die Knappheit unſerer diesjährigen Mittel kennt, ſollte ſich daraus ergeben, was heute ſchon wiederholt geſagt worden iſt, daß wir Sparſamkeit üben müſſen. (Stadtv. Otto: Armer Schiller!) (Ein Antrag des Stadtv. Wöllmer auf Schluß der Beratung wird angenommen. Der Bericht⸗ erſtatter verzichtet auf das Schlußwort.) Vorſteher Kaufmann: Meine Herren, wir kommen zur Abſtimmung. Ich gedenke folgender⸗ maßen zu verfahren: in erſter Reihe laſſe ich über den Antrag des Etatsausſchuſſes, wie beantragt, namentlich abſtimmen, (Stadtv. Hirſch: Zur Geſchäftsordnung!) weil es vorläufig hier heißt: „Der Antrag des Etatsausſchuſſes zu 1 ſoll lauten:“ — ſo lautet hier auch der Antrag auf namentliche Abſtimmung. (Zurufe.) — Der Sonderetat Nr. 9 kommt ja zuerſt an d ie Reihe. Nachher werde ich über Kapitel XV fol⸗ gendermaßen abſtimmen laſſen: namentlich über Nr. 1; wenn dieſe Abſtimmung etwa die Annahme des Antrages des Etatsausſchuſſes feſtgeſtellt hätte, dann, meine Herren, wären die Anträge erledigt, und wir kommen dann zur weiteren Abſtimmung. Der weitgehendſte Antrag würde zweifellos der Antrag des Herrn Kollegen Hirſch auf Wiederher⸗ ſtellung der Magiſtratsvorlage ſein. Ich betrachte aber den Antrag Oiio als ein Amendement zum Antrage des Etatsausſchuß und würde ihn zuerſt zur Abſtimmung bringen, (Stadtv. Hirſch: Zur Geſchäftsordnung!) und zwar auch ſchon aus dem Grunde, weil ſich ganz von ſelbſt ergibt: wenn die Herren dieſem Amendement, dem Inhalt des Ottoſchen Antrages zuſtimmen, wenn es angenommen wäre, dann wäre die Magiſtratsvorlage dadurch hinfällig; wäre es aber nicht angenommen, dann ſind alle diejenigen Herren, die der Magiſtratsvorlage ſich wieder zu⸗ Sitzung vom 22. März 1910 wenden wollen, frei in ihrem Urteil und können für die Magiſtratsvorlage eintreten. Ich glaube, es liegt im Intereſſe der ganzen Abſtimmung, daß Sie dieſen von mir vorgeſchlagenen Modus der Ab⸗ ſtimmung akzeptieren. Sonderetat Nr. 9 kommt hierbei nicht in Frage; darüber wird ja gleich ab⸗ geſtimmt. Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung): Meine Herren, mit dem von dem Herrn Vorſteher vorge⸗ ſchlagenen Abſtimmungsmodus über Ziffer 2, d. h. die Grundſteuer, kann ich mich nicht einver⸗ ſtanden erklären. Sowohl der Antrag des Herrn Kollegen Otto als auch mein Antrag ſind Ab⸗ änderungsanträge zu dem Antrage des Ausſchuſſes. Augenblicklich liegt uns der Ausſchußantrag vor; darüber hätten wir abzuſtimmen, wenn keine Ab⸗ änderungsanträge vorlägen. Nun liegen zu dem Ausſchußantrage zwei Abänderungsanträge vor; wir müſſen alſo zunächſt über dieſe Abänderungs⸗ anträge abſtimmen, und da iſt es ſelbſtverſtändlich, daß in erſter Linie über denjenigen Abänderungs⸗ antrag abgeſtimmt werden muß, der am weiteſten geht: das iſt mein Antrag. Würde ſo abgeſtimmt werden, wie der Herr Vorſteher es vorſchlägt, und dann der Antrag Otto angenommen werden, dann würde es ja gar nicht möglich ſein, feſtzuſtellen, wie⸗ viel Mitglieder der Stadtverordnetenverſammlung auf dem Boden meines Antrages ſtehen. Meine Herren, mein Vorſchlag entſpricht durchaus der (eſchäftsordnung, und ich bitte, ſo zu verfahren. Vorſteher Kaufmann: Meine Herren, ich werde in dieſem Zwieſpalt zwiſchen der Auffaſſung des Herrn Kollegen Hirſch und der meinigen die Stadtverordneten abſtimmen laſſen. (Stadtv. Hirſch: Iſt kein Zwieſpalt!) Ich bin der Anſicht, daß es im Intereſſe der Ver⸗ abſchiedung der ganzen Vorlage und im Intereſſe der Freihaltung derjenigen Mitglieder liegt, die evtl. für die Magiſtratsvorlage eintreten würden, daß man erſt den Abänderungsantrag der Magiſtrats⸗ vorlage, den Antrag Otto, vorwegnimmt. Ich habe ja in meinen erſten Ausführungen direkt zuge⸗ ſtanden, daß der weitgehendſte Antrag derjenige des Herrn Kollegen Hirſch iſt, und daß dieſer nach der Geſchäftsordnungsnorm zuerſt kommen müßte. Da ich aber, weil zweckmäßig, ſo abſtimmen laſſen will, wie ich vorſchlug, und hier eine Differenz beſteht, ſo füge ich mich in dieſer Beziehung dem Entſcheide der Verſammlung. Stadtv. Hirſch (zur Frageſtellung): Meine Herren, es handelt ſich doch hier gar nicht um Zweck⸗ mäßigkeitsgründe, ſondern darum, die Stimmung der Verſammlung kennen zu lernen. Da möchte ich an den Herrn Vorſteher, bevor ich weitere Aus⸗ führungen mache, einmal die ganz beſcheidene Anfrage richten, wie der Herr Vorſteher es ſich denkt: wie ſoll im Falle, daß zunächſt über den Antrag Otto abgeſtimmt wird und dieſer Antrag zur Annahme gelangt, feſtgeſtellt werden, wieviel Mitglieder der Verſammlung für die Magiſtrats⸗ vorlage ſind, die ſich mit meinem Antrage deckt? Das iſt ja ein Ding der Unmöglichkeit, das feſt⸗ zuſtellen. Andererſeits würden diejenigen, die für meinen Antrag ſind, wenn er zuerſt zur Ab⸗ ſtimmung kommt, im Falle der Ablehnung natürlich auch ohne weiteres für den Antrag Otto ſtimmen können. Aber wenn der Herr Vorſteher von Zweck⸗