Sitzung vom 13. April 1910 der Errichtung des Ledigenheims ganz aus dem] würde, Spiel, will mich auch nicht über das Wohnungs⸗ amt verbreiten, das uns ja in jedem Jahre ſo ein⸗ mal wieder vorgeführt wird, deſſen Entſtehung wir aber kaum mehr erleben werden, ſondern ich will nur darauf hinweiſen, daß wir vor langen Jahren in der Stadtverordnetenverſammlung einen Be⸗ ſchluß gefaßt haben, wonach unter gewiſſen Bedin⸗ gungen die gemeinnützige Baugenoſſenſchaften von der Stadt unterſtützt werden ſollen. Die Stadt⸗ verordnetenverſammlung hat damals mit großer Mehrheit dem Beſchluſſe zugeſtimmt, auch meine Freunde waren dafür. Es wird ſich fragen, ob die Baugenoſſenſchaft, um die es ſich hier handelt, die Vorbedingungen erfüllt, die wir ſeinerzeit für die zu unterſtützenden Baugenoſſenſchaften auf⸗ geſtellt haben. Der Herr Oberbürgermeiſter hat in ſeiner Rede auch wieder an die gemiſchte Deputation er⸗ innert. Meine Herren, es freut mich jedes Mal, wenn ich an dieſe Deputation erinnert werde. Wir hören nämlich nur etwas von ihr, wenn der Herr Ober⸗ bürgermeiſter uns einmal ſagt, daß eine ſolche Deputation beſteht. (Sehr richtig!) Ich bin auch ſeit 10 Jahren Mitglied dieſer Depu⸗ tation, und ich muß geſtehen: wenn ich durch alle meine Amter ſo wenig belaſtet würde, würde ich das ganze Jahr über Ferien haben. (Heiterkeit.) Die Deputation tritt tatſächlich ſo gut wie gar nicht zuſammen. Unſerm prinzipiellen Standpunkt haben wir zu wiederholten Malen Ausdruck gegeben. Wir haben uns unbeſchadet unſerer weitergehenden Wünſche damit einverſtanden erklärt, daß unter be⸗ ſtimmten Vorausſetzungen gemeinnützige Bau⸗ genoſſenſchaften unterſtützt werden dürfen. Auf dieſem Standpunkt ſtehen wir auch jetzt. Aller⸗ dings verhehle ich nicht, daß meine Freunde über eine ganze Reihe von Punkten noch in der Kom⸗ miſſion näher Aufſchluß haben müſſen. Wir ſind nicht in der Lage, heute ſchon zu erklären, ob wir der Vorlage zuſtimmen oder nicht, ſondern wir werden unſere definitive Entſcheidung von dem Ergebnis der Kommiſſionsberatung abhängig machen. Herr Kollege Brode ſagte, daß tüchtige Privat⸗ unternehmer, wenn ihnen dasſelbe geboten würde, beſſere und billigere Wohnungen bauen. Ich glaube, daß Herr Kollege Brode da die Verhältniſſe nicht richtig überſieht. Es wurde nämlich gerade auf Wunſch der Freunde des Herrn Kollegen Brode ſeinerzeit, als hier beſchloſſen wurde, gemeinnützige Baugenoſſenſchaften zu unterſtützen, von der Stadt⸗ verordnetenverſammlung ein Zuſatzantrag ange⸗ nommen, der dahin geht, daß auch Privatunter⸗ nehmer, die ſich bereit erklären, dieſelben Bedin⸗ gungen wie die Baugenoſſenſchaft zu erfüllen, dieſelbe Unterſtützung von der Stadt haben ſollen. Das wurde öffentlich betannt gemacht. Es hat ſich aber kein einziger Privatunternehmer gemeldet, der auf die Bedingung der Stadt eingegangen iſt, und dieſe Tatſache beweiſt doch, daß die Annahme des Herrn Kollegen Brode nicht ganz richtig iſt. Meine Herren, ſehr intereſſant waren die Aus⸗ führungen des Herrn Kollegen Haack. Ich habe mich nur gewundert, daß er ſo plötzlich abgebrochen hat. Ich habe immer darauf gewartet, daß er in ſeiner Rede mit der Bitte an den Magiſtrat ſchließen 181 endlich die armen Leute, von denen er ſprach, die armen Hausbeſitzer finanziell zu unter⸗ ſtützen. Schließlich kam ſeine ganze Rede darauf hinaus, daß man ja nur nichts zur Hebung der Wohnungsnot tun ſolle. Er forderte ſogar direkt, man ſolle alles Mögliche tun, um einen Mangel an Wohnungen künſtlich zu erzeugen. Wörtlich hat er das ja nicht geſagt, aber er hat auf Dresden und andere Städte hingewieſen und hat ausgeführt, daß er das Weſen einer einheitlichen Kommunal⸗ politik darin erblicke, daß dafür geſorgt werde, daß der Baumarkt eingeſchränkt wird. Das heißt doch im weſentlichen: eine einheitliche Kommunal⸗ politit im Sinne des Herrn Haack hat einzig und allein danach zu trachten, daß nur ja nicht zu viel Wohnungen erſtellt werden, damit nicht die armen Hausbeſitzer Not leiden. Ich freue mich, daß eine ſolche „einheitliche“ Kommunalpolitik in Charlotten⸗ burg nicht getrieben wird, und ich kann wohl aus meiner Kenntnis der Dinge hinzufügen, daß ſie auch in anderen Gemeinden nicht getrieben wird, auch nicht in Dresden und in den Gemeinden, die Herr Kollege Haack ſonſt noch angeführt hat. Wenn ich auch nicht gerade behaupten will, daß unſere deutſchen Kommunen im allgemeinen ſehr fort⸗ geſchritten ſind, ſo muß ich doch ſagen: eine Ge⸗ meinde, die ſo rückſtändig iſt, daß ſie dem Programm des Herrn Kollegen Haack folgt, iſt mir in Deutſch⸗ land erfreulicherweiſe nicht bekannt. Nun hat Herr Haack durch ſeine Rede be⸗ wieſen, daß er doch das Weſen der Genoſſenſchaften verkennt. Er ſprach immer von Geſchenken, die die Stadt den Genoſſenſchaften macht. Ja, meine Herren, in gewiſſem Sinne iſt natürlich eine Hy⸗ pothek zu billigerem als dem üblichen Zinsfuß ein Geſchenk. Aber dieſes Geſchenk gibt doch die Stadt nicht nur den Genoſſenſchaften, ſondern dieſes Geſchenk bekommen auch Private. Herr Haack hat ja ſelbſt einen Fall angeführt, (Stadtv. Haack: Erſte Hypothek!) wo die Sparkaſſe, allerdings zu ſeinem lebhaften Bedauern, eine erſte Hypothek zu billigerem Zins⸗ fuße gegeben hat, als es ſonſt üblich war. (Stadtv. Haack: Auch einer Genoſſenſchaft!) (Vorſteher: Ich bitte, den Herrn Redner nicht zu unterbrechen!) — Dann habe ich Herrn Haack in dieſem Punkte falſch verſtanden. Aber das wird er zugeben, daß erſte Hypotheken von der Sparkaſſe auch zu billi⸗ gerem Zinsfuß gegeben werden, als man ſonſt Geld von Privaten bekommt. (Widerſpruch und Zuſtimmung.) Außerdem ſoll man doch nicht von Geſchenken an Baugenoſſenſchaften reden. Es handelt ſich hier um Gegenleiſtungen, die die Baugenoſſenſchaft der Stadt gegenüber erfüllt, allerdings Gegenleiſtungen, die nicht in klingender Münze zum Ausdruck kommen ſondern darin, daß ſie einen Teil der Arbeit, die eigentlich in der Kommune ſelbſt geleiſtet werden ſoll, der Kommune abnimmt und erfüllt. Das darf man niemals vergeſſen. Wenn Herr Kollege Haack ſich der Zeiten zu Ende des vorigen Jahrhunderts erinnert, wo wir die koloſſale Wohnungsnot in Charlottenburg hatten, wo zahlloſe Familien, lediglich weil ſie zu viele Kinder hatten, ermittiert wurden, wo zahlreiche andere Familien gar nicht imſtande waren, eine ihrem Einkommen ent⸗ ſprechende Wohnung zu finden, und wenn er weiß, wie außerordentlich dadurch namentlich der Ar⸗ menetat der Stadt belaſtet worden iſt, dann wird