194 Punkt 7: Vorlage betr. Abänderung des Ortsſtatuts über die unfſallfürſorge für Beamte. — Druckſache 109. Anſtelle des verhinderten Kollegen Dr Stadthagen wird der Herr Vorſteher⸗Stellvertreter Dr Hubatſch als Berichterſtatter treten. Berichterſtatter Stadtv. Dr. Hubatſch: Meine Herren, in dem Ortsſtatut über die Unfallfürſorge für Beamte iſt die Beſtimmung in Nr. 3 des § 1 vom Bezirksausſchuß beanſtandet worden, weil ſie nicht in Übereinſtimmung mit der Reichsgeſetzgebung ſtehe. Die Nr. 3 des § 1 beſagt, daß die von den Krankenkaſſen geleiſteten Krankenunterſtützungen bis zum Ablauf der 26. Woche nach Eintritt des Unfalles auf die Penſion oder Rente und über⸗ haupt auf die Beträge in Anrechnung gebracht werden ſollen, die auf Grund des Ortsſtatuts zu leiſten ſind. Nach dem Reichsgeſetz betr. die Unfallfürſorge für Beamte haben die Kranken⸗ taſſen von der 13. Woche ab gegenüber den Ver⸗ ſicherungsträgern einen Erſatzanſpruch auf die Unterſtützungen, die ſie geleiſtet haben; und nun verlangt der Bezirksausſchuß, daß das Ortsſtatut ſich in Ubereinſtimmung mit dieſen Beſtimmungen ſetzen ſoll, daß alſo nicht mehr die von den Kranken⸗ kaſſen geleiſteten Unterſtützungen auf die Rente und Penſion angerechnet werden ſollen, ſondern daß ſie den Krankenkaſſen erſetzt werden ſollen. Nun freilich nennt das Reichsgeſetz die Städte nicht und ſpricht nur von Unfallberufsgenoſſen⸗ ſchaften, von Staat und Reich, nicht von den Kommunen. Man könnte alſo auf Grund des Buchſtabens des Geſetzes ſagen: es fehlt der geſetz⸗ liche Boden, um das Verlangen des Bezirksaus⸗ ſchuſſes zu begründen. Aber es liegt hier doch wohl nur ein Mangel oder eine Lücke des Geſetzes vor. Der Sinn des Geſetzes und die Abſicht des Geſetz⸗ gebers iſt offenbar, daß alle Unfallverſicherungs⸗ träger gleichmäßig behandelt werden ſollen, und daß die Krankenkaſſen den Anſpruch haben ſollen, den Erſatz zu fordern. Es iſt deshalb auch wohl fraglich, wenn gegen das Verlangen des Bezirks⸗ ausſchuſſes Widerſpruch erhoben werden ſollte, ob dieſer Widerſpruch Erfolg haben würde. Der Magiſtrat will dieſen Weg nicht betreten und dem Verlangen des Bezirksausſchuſſes nachgeben, hauptſächlich aus dem Grunde, weil die ganze An⸗ gelegenheit für uns wirtſchaftlich keine große Be⸗ deutung hat. Die Krankenkaſſen haben nur dann ein Recht auf Erſatzanſpruch, wenn zwei Vorbedingungen erfüllt ſind: erſtens wenn der Unfall eines Be⸗ amten eingetreten iſt, der in einem unfallver⸗ ſicherungspflichtigen Betriebe beſchäftigt war, und zweitens, wenn der Beamte gleichzeitig kranken⸗ verſicherungspflichtig geweſen iſt. Nur wenn dieſe beiden Umſtände in einer Perſon zuſammentreffen, nur dann können dieſe Erſatzanſprüche erhoben werden. Außerdem beziehen ſie ſich nur auf die Zeit von der 13. Woche ab. Vor allen Dingen muß man doch daran denken, daß Unfälle nicht ſo häufig vorkommen, ſondern Gott ſei Dank recht ſelten ſind, und dann ſind in unſerer Stadt die Perſonen, die die beiden Vorbedingungen erfüllen, nur in ganz geringer Anzahl vorhanden. Da die Kranken⸗ verſicherungspflicht nur für diejenigen Beamten Gültigkeit hat, die unter 2000 ℳ Gehalt beziehen, Sitzung vom 3. Mai 1910 ſo iſt der augenblickliche Zuſtand der, daß das Ortsſtatut, wenn es auch geändert wird, hinſicht⸗ lich der Krankenkaſſen gar nicht zur Anwendung kommt. Es kann ſich nur um die Zukunft handeln und nur um die Beamten, die unter dem Satz von 2000 ℳ zurückbleiben. Der Magiſtrat beantragt deshalb, durch einen Nachtrag zu dem Ortsſtatut die Beſtimmung des § 1 Nr. 3 zu ſtreichen und einen einzigen Artikel als Nachtrag hinzuzufügen, der lauten ſoll: Die Beſtimmung in § 1 Nr. 3 des Orts⸗ ſtatuts vom 4./25. Oktober 1907 wird auf⸗ gehoben. Ich empfehle die Annahme dieſes Punktes der Magiſtratsvorlage. Nun bezieht ſich aber unſer Ortsſtatut nicht bloß auf die Beamten und Angeſtellten, die in unfallverſicherungspflichtigen Betrieben be⸗ ſchäftigt ſind, ſondern auf alle, und es iſt notwendig, für die Beamten, die außerhalb dieſer unfall⸗ verſicherungspflichtigen Betriebe ſtehen, eine be⸗ ſondere Beſtimmung aufzunehmen. Hinſichtlich dieſer Beamten kann, wenn ſie der Krankenkaſſe angehören, die Krankenkaſſe keine Erſatzanſprüche ſtellen, weil eben die erſte Bedingung, die vorhin genannt war, nicht erfüllt iſt, daß ſie nämlich in unfallverſicherungspflichtigen Betrieben angeſtellt ſind. Alſo wir können hier ohne jedes Bedenken die Beſtimmung aufnehmen, daß für ſolche Beamte, die außerhalb der unfallverſicherungspflichtigen Betriebe beſchäftigt ſind, für einen Unfall die von öffentlichen Krankenkaſſen geleiſtete Unterſtützung bis zum Ablauf der 26. Woche ſowie das von den Krankenkaſſen geleiſtetete Sterbegeld auf die Be⸗ träge in Anrechnung gebracht werden, die auf Grund des Ortsſtatuts zu leiſten ſind. Das iſt der zweite Punkt, den der Magiſtrat beantragt. Ich empfehle auch hier die Annahme. Stadtv. Lehmann: Meine Herren, ich erkenne vollkommen an, daß die von uns geſchaffene Unfall⸗ fürſorge denjenigen Beamten, die davon betroffen werden, weſentliche Vorteile vor denjenigen Be⸗ amten bringt, die unter die Beſtimmung des Reichs⸗ geſetzes fallen. Nun kann man gegen die Streichung der Nr. 3 ja nichts einwenden; hat doch auch das Geſetz hier zwingende Beſtimmungen geſchaffen. Aber der neue Vorſchlag, der gemacht wird, beſagt, daß den Angeſtellten, die nicht in reichsgeſetzlich der Unfallverſicherungspflicht unterliegenden Be⸗ trieben beſchäftigt ſind, die bis zum Ablauf der 26. Woche nach Eintritt eines Unfalles erhaltene Krankenkaſſenunterſtützung von der Rente bzw. Penſion in Abzug gebracht werden ſoll. Das iſt meines Erachtens eine unangebrachte Belaſtung der betreffenden Beamten. Man verlangt von den Herren, wenn ſie irgendeinen Unfall gehabt haben, daß ſie die Unterſtützungen, die ſie von der Kranken⸗ kaſſe erhalten haben, eventuell zurückzahlen ſollen. Sie erhalten dadurch zu den Unannehmlichkeiten, die der Unfall mit ſich bringt, die Sorge aufgebürdet, daß ihre, durch den Gehalts⸗ oder Lohnausfall an und für ſich geſchwächten Exiſtenzmittel durch den Abzug der erhaltenen Unterſtützung noch weſent⸗ lich geſchmälert werden. Wir halten das für ungerecht; auch in der Hinſicht, daß für diejenige Kategorie von Angeſtellten, die in Betrieben arbeiten, die der Unfallverſicherungspflicht unter⸗ liegen, eine derartige Beſtimmung durch die Streichung der Nr. 3 nicht mehr beſteht, und dieſe