Sitzung vom 3. Mai 1910 195 Leute von der Beſtimmung erfreulicherweiſe nicht ſtädtiſchen Fürſorge. Die Krankenkaſſen haben nicht mehr getroffen werden können. Den andern Be⸗ amten ſoll aber im Gegenſatz hierzu die in der 1. bis 26. Woche ausgezahlte Unterſtützung in Ab⸗ zug gebracht werden. Nun ſagt man in der Vorlage: die Unter⸗ ſtützungen ſind bis zum Ablauf der 26. Woche nach Eintritt des Unfalls in Abzug zu bringen. Ich meine, wenn ausgedrückt wäre, daß für die Zeit, die das Geſetz vorſieht und für welche die Krankenkaſſen keinen Erſtattungsanſpruch haben, alſo bis zum Ablauf der 13. Woche, die erhaltene Krankenunter⸗ ſtützung nicht abzugsfähig wäre und nur das ev. in Abzug gebracht werden ſolle, was den Kranken⸗ kaſſen vom Beginn der 14. Woche zurückerſtattet werden muß, dann ließe ſich das eher hören. Meine Freunde und ich ſtehen alſo auf dem Standpunkt, daß nichts abgezogen, ſondern die Rente bzw. Penſion voll ausgezahlt werden ſoll. Stadtſyndikus Dr. Maier: Meine Herren, wenn die Vorausſetzungen richtig wären, auf denen die Ausführungen des Herrn Vorredners geſtützt ſind, wäre auch ſeine Schlußfolgerung zutreffend. Aber die Vorausſetzungen ſind unzutreffend. Es handelt ſich gar nicht darum, eine Neuerung in das Ortsrecht hineinzubringen, ſondern lediglich darum, den alten Zuſtand aufrechtzuerhalten, indem wir den Nachtrag zum Gemeindebeſchluß akzeptieren. Die aufzuhebende Vorſchrift des Ortsſtatuts hat bis dahin Gültigkeit gehabt nicht nur für diejenigen Perſonen, die unter das Ortsſtatut fallen, alſo in reichs⸗ geſetzlich unfallverſicherungspflichtigen Betrieben tätig geweſen ſind, ſondern auch für diejenigen Perſonen, die nicht unter das Ortsſtatut, ſondern den Gemeindebeſchluß fallen, alſo in ſolchen Be⸗ trieben tätig geweſen ſind, die nicht der reichs⸗ geſetzlichen Unfallverſicherungspflicht unterliegen. Nachdem das Ortsſtatut aufgehoben iſt, würde auch die Vorſchrift des Gemeindebeſchluſſes, die auf die durch Gemeindebeſchluß der Fürſorge unter⸗ ſtellten Perſonen anwendbar iſt, aufgehoben ſein. In dem Gemeindebeſchluß, der diejenigen Perſonen verſichert hat, die nicht in reichsgeſetzlich unfall⸗ verſicherungspflichtigen Betrieben beſchäftigt ſind, iſt nämlich beſtimmt, daß die Grundſätze des Orts⸗ ſtatuts ſinngemäße Anwendung finden ſollen. Es muß alſo im Gemeindebeſchluß die fortfallende Vorſchrift des Ortsſtatuts wieder hergeſtellt werden. Inſofern handelt es ſich alſo nicht um Erweiterung des beſtehenden Rechtszuſtandes, ſondern um Auf⸗ rechterhaltung des beſtehenden Rechtszuſtandes. Deshalb ſind auch die Schlußfolgerungen des Herrn Vorredners nicht begründet. Im übrigen werden auch die Leiſtungen gar nicht den Verſicherten gekürzt, ſondern es wird lediglich verhindert, daß die Krankenkaſſen aus ſtädtiſchen Mitteln während der 26 Wochen alimentiert werden. Die Verſicherten bekommen während der 26 Wochen die Leiſtungen von der Krankenkaſſe, die ſie nach dem Geſetz zu bean⸗ ſpruchen haben. Daneben bekommen ſie die Leiſtungen der Stadt aus der beſchloſſenen Fürſorge, 20 über die Kaſſenleiſtungen hinausgehen. Dieſe Regelung iſt „. Es wäre geradezu wunderbar, wenn die Stadt ſich auf den Stand⸗ punkt ſtellen wollte, ſie müſſe für alle Bedienſteten die Krankenkaſſen von ihren Kaſſenleiſtungen be⸗ freien. Das iſt nicht der Zweck der freiwilligen außerhalb des Beamtenfürſorgegeſetzes liegenden Anſpruch darauf, daß für die Beamten und An⸗ geſtellten, die nicht in reichsgeſetzlich unfallver⸗ ſicherungspflichtigen Betrieben beſchäftigt ſind, an ihrer Stelle ein anderer Träger für die Laſten der Krankenverſicherung eintritt. Ein derartiger Zu⸗ ſtand beſteht nirgends, und es würde gar nicht zu rechtfertigen ſein, wenn wir aus ſtädtiſchen Mitteln den Krankenkaſſen die ihnen obliegenden Leiſtungen abnehmen würden. Eine Schädigung der Beamten und Angeſtellten liegt, wie Sie ſehen, nicht vor. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt mit großer Mehrheit nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: 1. Dem abgedruckten Nachtrage zu dem Orts⸗ ſtatut vom 4./25. Oktober 1907 betreffend die Fürſorge für Beamte der Stadt Charlotten⸗ burg bei im Dienſt erlittenen Betriebs⸗ unfällen wird zugeſtimmt. 2. Der Gemeindebeſchluß vom 12./15. Sep⸗ tember 1907 betreffend die Unfallfürſorge für ſtädtiſche Angeſtellte wird durch folgende Be⸗ ſtimmung ergänzt: Für diejenigen Angeſtellten, die nicht in reichsgeſetzlich der Unfallverſicherung unterliegenden Betrieben beſchäftigt ſind, gilt Artikel 1 § 6 Abſatz 2 des Reichs⸗ geſetzes betreffend die Unfallfürſorge für Beamte vom 18. Juni 1901 mit der Maß⸗ gabe, daß die von den öffentlichen Kran⸗ kenkaſſen geleiſteten Krankenunterſtützun⸗ gen bis zum Ablauf der 26. Woche nach Eintritt des Unfalles ſowie das von den Krankenkaſſen geleiſtete Sterbegeld auf die Beträge in Anrechnung gebracht wer⸗ den, die auf Grund des Ortsſtatuts zu leiſten ſind.) Vorſteher Kaufmann: Wir kommen zu Punkt 8 der Tagesordnung: Vorlage betr. Wiederherſtellung der durch Gas⸗ exploſion auf Gaswerk I beſchädigten Anlagen. Druckſache 101. Berichterſtatter Stadtv. Kerb: Meine Herren, am 19. Mai des vergangenen Jahres ſind auf Gas⸗ werk I infolge einer Gasexploſion der Betriebs⸗ leiter Forkert, drei Arbeiter und ein Telephoniſt verunglückt, außerdem iſt ein Schaden an einem Teile der Gebäude und maſchinellen Anlage ent⸗ ſtanden. Ausweislich der Akten haben die Koſten für Wiederherſtellung der an den Gebäuden und Maſchinen entſtandenen Schäden inkluſ. aller Neben⸗ koſten 13 919,69 ℳ betragen, alſo erheblich weniger, als ſeinerzeit geſchätzt worden war. Nach dem Gutachten der Sachverſtändigen betrug der Schaden an den Gebäuden 5 830 ℳ, an den Maſchinen 2 974 ℳm, zuſammen 8 804 ℳ, die von den Ver⸗ ſicherungsgeſellſchaften in voller Höhe gezahlt wor⸗ den ſind. Außerdem haben die Verſicherungsgeſell⸗ ſchaften noch eine Liberalitätsentſchädigung von 100 ℳ? für die durch den Brand vernichteten Kleidungsſtücke gezahlt, die den verunglückten Ar⸗ beitern gehörten, deren Kleidung überhaupt nicht verſichert war. Die Wiederherſtellung der Gebäude und Maſchinen hat Mehrkoſten im Geſamtbetrage von 5 015,69 ℳ erfordert. Dieſe Koſten, die auf Grund der Verſicherungsverträge von den Aſſe⸗