210 Sitzung vom 3. Mai 1910 wie die übrigen Städte darüber denken. Es genügt Grundlage nur dieſen Beſchluß der Stadtver⸗ nicht, daß wir hier uns einig ſind, wenn wir uns überhaupt einig werden. (Sehr richtig!) Wir ſind uns ja noch nicht einmal einig. Wenn wir wirklich Vorſchläge machen wollen, von denen ordnetenverſammlung haben, und auf Grund dieſer Anfrage war jede materielle Erörterung über die Frage ausgeſchloſſen. (Stadtv. Hirſch: Nanu!) — Wenn Ihnen das nicht klar iſt, Herr Kollege wir hoffen könnten, daß ſie einiges Gewicht bei den Hirſch geſetzgebenden Faktoren haben, ſo müſſen wir uns doch zunächſt mit unſeren Nachbarn in Verbindung ſetzen, mit denſenigen, die in derſelben Provinz wohnen, und hören, wie ſie darüber denken. Ich erachte es deshalb für eine glückliche Folge der von der Stadtverordnetenverſammlung gefaßten Beſchlüſſe und der von ihr darin gegebenen An⸗ regungen, daß ſich der Vorſtand des Branden⸗ burgiſchen Städtetags dazu entſchloſſen hat, einem Städtetage, zunächſt unſerm brandenburgiſchen, die Sache vorzulegen. Was daraus werden wird, ob daraus vielleicht eine Anregung beim preußiſchen Städtetag werden wird, werden wir abwarten müſſen. Jedenfalls werden wir Gelegenheit haben, auf dem nächſten brandenburgiſchen Städtetag zu hören, wie andere über dieſe Frage denken. Eine Ausſprache wird herbeigeführt werden, und auch wir, die Herren von der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung wie vom Magiſtrat, werden nach Ge⸗ fallen Gelegenheit haben, uns über die Frage zu äußern und mitzuteilen, welche perſönliche Anſicht wir haben. Ich glaube, daß dieſe Erledigung der Sache durchaus im Sinne der von der Stadtver⸗ ordnetenverſamlung gefaßten Beſchlüſſe iſt. (Bravo!) (Auf Antrag des Stadtv. Hirſch erfolgt die Beſprechung des Gegenſtandes der Anfrage.) Vorſteher Kaufmann: Ich bitte alſo, meine Herren, bei der Beſprechung darauf Rückſicht zu nehmen, daß ich heute eine allgemeine Diskuſſion über die Abänderung des Wahlrechts nicht zu⸗ laſſen werde. Ich bitte die Herren, ihre Aus⸗ führungen in dieſer Richtung ſolange hinauszu⸗ ſchieben, bis wir uns mit der Vorlage betr. Be⸗ ſchickung des Brandenburgiſchen Städtetags be⸗ ſchäftigen werden. Dann wird die Sache an der Tagesordnung ſein. Stadtv. Otto: Meine Heren, ich habe für die Beſprechung der Anfrage der Hercen Kollegen Bartſch und Gen. geſtimmt, um zunächſt zum Ausdruck zu bringen, daß mich die Ausführungen des Herrn Kollegen Hirſch auf das lebhafteſte über⸗ vaſcht haben. Der Name des Herrn Kollegen Hirſch ſteht unter dieſer Anfrage. Ich muß alſo ennehmen, daß er ſie mindeſtens geleſen hat. Aber das eine iſt mir unzweifelhaft geworden bei ſeinen Ausführungen, daß ihm der Inhalt die)er Anfrage bei dieſen Ausführungen nicht vor den Augen geſtanden hat. Denn ein ſo klarer Kopf, wie Herr Kollege Hirſch ja zweifellos iſt, kann unmöglich auf Grund dieſer Anfrage die Ausführungen verantworten, die er hier gemacht hat. An dieſer klaren Tatſache wird auch das überlegene Lächeln des Herrn Kollegen Vogel nichts ändern. (Heiterkeit.) Es heißt in der Anfrage — der Herr Ober⸗ bitcgermeiſter hat das ſchon ausgefüh t — aus⸗ drücklich: Der Magiſtrat möge Auskunft erteilen, was : zur Ausführung des Beſchluſſes der Stadt⸗ vero- mn enverſammlung vom 7. September 1904 gctan hebo. Die ganze Debatte konnte alſo als irſch, (Stadtv. Hirſch: Ich werde mir keinen Maulkorb umbinden laſſen!) dann ſcheine ich mich in meinem Urteil über die Klarheit Ihres Kopfes allerdings etwas getäuſcht zu haben. (Heiterkeit.) Nun hat Herr Kollege Hirſch nicht nur den ur⸗ ſprünglichen Antrag ſeiner Freunde — das hat auch der Herr Oberbürgermeiſter ſchon genügend charalteriſiert — vielfach zum Grunde ſeiner Aus⸗ führungen gemacht, ſondern er hat — nach meiner Auffaſſung eine Ungereimtheit ſondergleichen — in ſeinen Ausführungen ſogar inſofern dieſen urſprünglichen Antrag der Sozialdemokratie preis⸗ gegeben, als er auch noch die Frage des weiblichen Stimmrechts, von dem in dem urſprünglichen An⸗ trage der Sozialdemokraten gar nichts ſteht, extra hineingebracht hat. (Sehr richtig!) Auf dieſe Weiſe iſt eine materielle Erörterung zuſtande gekommen, die, wenn man ſie in allen Einzelheiten verfolgen wollte, heute eine Debatte heraufbeſchwören müßte, die geradezu uferlos wäre. Der Herr Vorſteher hat bereits zu erkennen gegeben, daß er eine ſolche Debatte zuzulaſſen nicht geſonnen iſt. Das iſt auf Grund der Anfrage der Herren Bartſch und Gen. der klare Standpunkt, der gegeben iſt. Das weitgehende Entgegenkommen, das der Herr Vorſteher dem Herrn Begründer der Anfrage zugeſtanden hat, bringt ja natürlich die nachfolgenden Debatteredner inſofern in eine etwas ungünſtigere Lage, als ſie auf ein ganz eng be⸗ ſchränktes, durch die Anfrage Bartſch und Gen. begrenztes Gebiet angewieſen ſind. Ich perſönlich empfinde die Enge dieſer Lage nicht, da ich auf alle Fälle dem Herrn Kollegen Hirſch heute in ſeinen materiellen Ausführungen nicht gefolgt wäre, weil ich mich an die Anfrage ſeiner Freunde halte. (Stadtv. Hirſch: Artiges Kind!) — Wie Sie das beurteilen, das iſt Ihre Sache. Sie haben ja im Verlaufe Ihrer Ausführungen, in Ihren Rückblicken und Ausblicken mit den Liebenswürdigkeiten, die wir an Ihnen gewohnt ſind, nicht geſpart. (Heiterkeit.) Sie haben einzelne Perſonen herausgegriffen, Sie haben einzelne Stände herausgegriffen, Sie haben einzelne Parteien herausgegriffen und die uns ſattſam bekannten Bemerkungen daran geknüpft. Abgeſehen davon, daß es meinem Empfinden nicht entſpricht, eine Frage, die wirklich ernſt iſt, in dieſer ſpöttiſchen und vielleicht geiſtreich ſein ſollenden Manier zu behandeln, lehne ich es aber auch aus dem Grunde, weil die Anfrage der Herren Bartſch und Gen. uns nicht dazu berechtigt, ab, heute materiell darauf einzugehen. (Zuruf bei den Sozialdemokraten.) Herr Kollege Hirſch darf überzeugt ſein, daß ihm nichts geſchenkt iſt und daß wir Gelegenheit finden werden, auf die Schiefheit ſeiner Dar⸗ legungen einzugehen. (Bravo! bei den Liberalen. Zuruf bei den Sozial⸗ demokraten.) 7