Sitzung vom 2 52 die vier Klaſſen angeht, Herr Kollege „, (Stadtv. Vogel: Es war oloß ein Witz!) — Wenn es bloß ein Witz war, ſollten Sie doch darauf nicht zurückkommen. Im übrigen werden Sie ſchon hören, wie es gemeint iſt; warten Sie das in Ruhe ab. (Stadtv. Vogel: Erſt machen Sie Witze, und dann ſpielen Sie ſich auf den Ernſten hinaus!) — Ja, demgegenüber iſt es freilich ſchwer, ernſt zu bleiben, Herr Kollege Vogel. Aber ich will es trotzdem verſuchen. Meine Herren, wenn ich es nun ablehne, auf die materielle Erörterung der Frage irgendwie ein⸗ zugehen — und ich glaube nicht, daß jemand, der nicht Soziald: mokrat iſt, in dieſer Verſammlung ſich heute aus dieſer berechtigten Stellung heraus⸗ drängen laſſen wird —, ſo bleibt mir aber noch übrig, auf die Ausführungen des Herrn Ober⸗ bürgermeiſters, alſo auf den eigentlichen Inhalt der Anfrage einzugehen, ſoweit ſie durch den Herrn Oberbürgermeiſter beantwortet worden iſt. Der Herr Oberbürgermeiſter hat den Antrag, der hier als Antrag Otto mehrfach bezeichnet worden iſt, durchaus richtig charakteriſiert, wenn er geſagt hat, daß der Antrag direkte poſitive Forderungen nicht enthält, ſondern nur nach drei beſtimmten Richtungen hin Geſichtspunkte angibt, in denen eine Reform des Wahlrechts ſich bewegen könnte. Die Richtigkeit eines derartigen Vorgehens, das ich heute noch für durchaus berechtigt halte und heute noch vollinhaltlich vertrete, hat der Herr Oberbürgermeiſter inſofern ſelbſt begründet, als er auf die großen Schwierigkeiten hingewieſen hat, die der Durchführung ſchon dieſes ſo zurück⸗ haltenden Antrags begegnen. Dieſe Schwierig⸗ keiten ſind eben nicht mit einer eleganten Hand⸗ bewegung abzutun, ſondern ſie werden ſich, je ernſter wir der Durchführung dieſes Antrags uns widmen, deſto mehr geltend machen. Aus dieſem Grunde finde ich es auch erklärlich, daß eine ſo geraume Zeit vergangen iſt, ehe wir uns mit der Angelegenheit wieder beſchäftigen. Ich habe aus den Ausführungen des Herrn Oberbürgermeiſters die ÜUberzeugung gewonnen, daß der Magiſtrat wie in allen anderen Fragen auch in dieſer Frage nicht müßig geweſen iſt, ſondern die Löſung dieſer Frage vorbereitet hat. Ich muß bei dieſer Gelegenheit freilich darauf hinweiſen, daß bei einem Teile der Ausführungen des Herrn Kollegen Hirſch mir überhaupt zweifelhaft geworden iſt, ob die ſozial⸗ demokratiſche Anfrage uns inhaltlich vorwärts bringen ſollte oder ob ſie nichts weiter ſein ſollte als ein Manöver nach außen. Denn ehe der Herr Kollege Hirſch wußte, was der Herr Oberbürger⸗ meiſter antworten würde, hatte er es ſchon ver⸗ urteilt. Er verurteilte ebenſo die ſtatiſtiſchen Er⸗ hebungen, er verurteilte ebenſo die Anfrage bei dem Vorſtande des Deutſchen Städtetags, und als der Herr Oberbürgermeiſter auf den brandenburgiſchen Städtetag hinwies, da bewies ein 3wiſchenruf des Herrn Kollegen Hirſch, daß ihm auch ein der⸗ artiges Vorgehen als durchaus unweſentlich und unbedeutend erſcheine. Dieſem überlegenen Standpunkt gegenüber darf man dann ja wohl mit einer gewiſſen Spannung erwarten, welche großen poſitiven Gedanken der Herr Kollege Hirſch zur Löſung dieſer Frage bei⸗ bringen wird. Meine Herren, mit den Volks⸗ verſammlungswendungen: „Vereinen Sie ſich 3. Mai 1910 211 mit uns zum Sturm auf dieſes Wahlrecht“ und mit ähnlichen bei vielen Köpfen ja verfangenden Reden iſt in dieſer Verſammlung nichts getan. (Sehr gut!) Wer die Schwierigkeit dieſer Frage kennt, wird zugeben müſſen, daß gerade ſie mit großer Sorgfalt und Gründlichkeit angefaßt werden muß. 2 (Sehr richtig!) Wir werden es auch in Zukunft an dem Ernſte in der Beurteilung dieſer Frage und an Sorgfalt nicht fehlen laſſen. Wir rechnen auch in Zukunft darauf, mit dem Magiſtrat in der Angelegenheit Hand in Hand zu arbeiten, und wir ſehen der weiteren Entwicklung der Angelegenheit, ſoweit ſie in den Händen des Magiſtrats liegt, mit Vertrauen entgegen. (Lebhaftes Bravo. Stadtv. Hirſch: Meine Herren, ich möchte zunächſt ein Wort darüber ſagen, weshalb ich in der Begründung meiner Anfrage auch auf die Frage des kommunalen Wahlrechts im allgemeinen ge⸗ kommen bin. Das geſchah nicht etwa aus dem Grunde, weil ich, wie Herr Kollege Otto, in einer der Zenſuren, die er hier ausgeteilt hat, behauptete, die Interpellation nicht geleſen habe. Herr Kollege Otto, ich habe ſie nicht nur geleſen, ſondern ich habe ſie ſogar auch geſchrieben, und ich weiß, was ich ſchreibe. Ich bin auf die Frage des kommunalen Wahlrechts im allgemeinen deshalb eingegangen, weil dieſe Frage untrennbar verbunden iſt mit dem Inhalt der Interpellation. Wenn Herr Kollege Otto auf die Frage des kommunalen Wahlrechts nicht eingegangen iſt, ſo hat das auf mich den Ein⸗ druck gemacht, als ob er kneifen wollte, als ob er nicht den Mut hätte, hier Farbe zu bekennen und zu erklären, daß er noch rückſchrittlicher geworden iſt, als er bereits im Jahre 1904 war. Herr Kollege Otto hat in einer Weiſe, die wir ja an ihm gewohnt ſind, ſich in bekannter Überhebung, möchte ich ſagen, erdreiſtet, hier gegen die verſchiedenſten Mitglieder meiner Fraktion — — (Glocke des Vorſtehers.) Den Borſteher Kaufmann (unterbrechend): . ch Ausdruck „erdreiſtet“ kann ich nicht zugeben. erſuche Sie, ihn zurückzunehmen. Stadtv. Hirſch: Alſo Herr Kollege Otto hat in der bekannten Weiſe, die wir an ihm gewohnt ſind, verſchiedenen Mitgliedern meiner Fraktion Zeugniſſe über Wohlverhalten ausgeſtellt. Ich möchte nur eine kleine Blütenleſe geben. Ich habe zunächſt eine gute Zenſur bekommen: der klare Kopf. Nachher hat er das wieder zurück⸗ genommen. Dann hat er von Ungereimtheiten in meinen Ausführungen geſprochen, hat von den bekannten Liebenswürdigkeiten geſprochen, ſpäter noch von der ſpöttiſchen und geiſtreich ſein ſollenden Manier, und wenn ich nicht ſehr irre, hat auch Herr Kollege Vogel eins abbekommen. Meine Herren, wir müſſen uns das doch ganz entſchieden verbitten. (Zuruf bei den Liberalen: So?) Wir ſind hier trotz des Dreiklaſſenwahlrechts gleich⸗ berechtigt. Es iſt ja nicht das erſte Mal, daß ſich Mit⸗ glieder Ihrer Fraktion erlauben, in dieſer Weiſe über uns herzuziehen. Wenn der Ton weiter Platz greift, werden wir auch einen andern Ton anſchlagen, (Lachen bei den Liberalen)