214 Sitzung vom das nicht geſchehen wäre, dann hätten wir Ihnen mit einem negativen Reſultat kommen müſſen, wir hätten ſagen müſſen: ein gemeinſames Vor⸗ gehen zu dem Zwecke iſt nicht zu erreichen. Jetzt fommen wir Ihnen mit dem poſitiven Reſultat und ſagen: ihr wolltet, daß wir uns mit anderen Kommunen in Verbindung ſetzen, das wird auf dem Städtetag geſchehen, es wird ein ausführlicher Vortrag darüber gehalten werden, es wird vor der breiteſten Offentlichkeit Gelegenheit gegeben werden über die Frage zu ſprechen — ich glaube wirklich, meine Herren, daß wir in den 6 Jahren doch noch ein poſitives Reſultat gezeitigt haben. (Stadtv. Hirſch: Das kann man doch in 24 machen!) — Das kann man nicht — Sie, ja, Sie ſagen es; (Heiterkeit) aber, Herr Hirſch, auch Sie würden es nicht fertig bekommen, die anderen Kommunen zu einem Vor⸗ gehen auf gemeinſamer Richtlinie zu bringen. Das müſſen Sie ſich vergegenwärtigen. Daß auch die hieſige Stadtverordnetenverſammlung gar nicht daran gedacht hat, daß das eine Angelegenheit iſt, die von heute auf morgen erledigt werden kann, geht ja auch aus den Außerungen hervor, die im Jahre 1904 gemacht worden ſind. Unter anderm hat der Herr Stadtv. Dr Crüger von dieſem Antrage damals geſagt, daß man von ihm ganz genau wiſſe, daß er in abſehbarer Zeit keine Ausſicht auf Verwirk⸗ lichung habe. Das iſt der Antrag, den Sie (zu den Sozialdemokraten) geſtellt hatten und den Sie in 24 Stunden erledigen wollen! Ich glaube in der Tat, daß wir in durchaus loyaler Weiſe bemüht geweſen ſind, den Anregungen der Stadtverordneten⸗ verſammlung nachzukommen. Stunden Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, zunächſt ein Mißverſtänd nis des Herrn Ober⸗ bürgermeiſters! Herr Kollege Hirſch hat nicht geſagt, daß der Antrag in 24 Stunden zu erledigen ſei, ſondern daß das, was in dieſen paar Jahren ge⸗ ſchehen iſt, nämlich daß dieſes Referat auf die Tages⸗ ordnung des Städtetages gekommen iſt, in 24 Stunden erledigt werden könnte. Von der Antwort des Herrn Oberbürger⸗ meiſters in bezug auf unſere Anfrage kann ich mich ebenſowenig befriedigt erklären wie Herr Kollege Hirſch. Wenn man die Anfrage in ihrem ganz philologiſch genauen Wortlaut anſieht und wenn man dann darauf die Antwort des Herrn Ober⸗ bürgermeiſters hört, daß der Magiſtrat mit den Magiſtraten verſchiedener Städte Fühlung ge⸗ nommen hat, wie andere Kommunen über eine Reform des Wahlrechts denken, und daß als ein Erfolg dieſer Fühlung nun auch ſchließlich nach einigen Jahren herausgeſprungen iſt, daß zunächſt einmal auf der gemeinſamen Vertretung der bran⸗ denburgiſchen Städte, auf dem Brandenburgiſchen Städtetag die Angelegenheit zur Verhandlung kommen ſoll, dann könnte ein unbefangenes Gemüt allerdings auf die Vermutung kommen: der Magiſtrat hat im Grunde recht wohl das ausgeführt, um was die Stadtverordnetenverſammlung ihn er⸗ ſucht hat. Aber, meine Herren, wenn man ſi darüber wundern könnte, daß wir heute in Preußen noch immer dieſes kommunale Wahlrecht haben, dann braucht man wirklich nur das Verhalten der Mehrheit hier bei Gelegenheit dieſes Antrags und dieſer Anfrage ſich vor Augen zu halten. Die Aus⸗ führungen des Herrn Kollegen Otto und die zu⸗ 3. Mai 1910 ſtimmenden Außerungen ſeiner Freunde gingen ja gerade darauf hinaus, zu beſchönigen, daß in dieſer Frage überhaupt nichts geſchehen iſt, daß in abſehbarer Zeit nichts geſchehen ſoll. Gerade die Zuſtimmung zu dem Verhalten des Magiſtrats, der die Angelegenheit vor den Brandenburgiſchen Städtetag gebracht hat, iſt dafür durchaus charakte⸗ riſtiſch. Denn auf dem Städtetage ſind Stadt⸗ vertretungen, die auf Grund des gegenwärtigen kommunalen Wahlrechts gewählt ſind, und auch hier in Charlottenburg haben wir eine Stadt⸗ verordnetenverſammlung, gewählt auf Grund des kommunalen Wahlrechts. Da iſt es ja einiger⸗ maßen verſtändlich, wenn einige der Herren, die auf Grund dieſes Wahlrechts gewählt worden ſind, nun als beati possidentes dieſes Wahlrecht beibehalten möchten. Kommt das ſchon in einer großen Stadt wie Charlottenburg zum Ausdruck, ſo noch in weit höherem Maße in den kleinen Kommunen, die auf dem Brandenburgiſchen Städtetag die übergroße Mehrheit bilden. Dieſe fleinen Kommunen werden allerdings einen An⸗ ſtoß zu einer Reform des Wahlrechts nicht geben. Der Anſtoß zur Reform des Wahlrechts wird auch in letzter Inſtanz nicht von den Vertretungen der großen Kommunen, auch nicht von der Vertretung Charlottenburgs gegeben werden, ſondern er wird und muß gegeben werden von den großen Maſſen, die unter dem gegenwärtigen Wahlrecht entrechtet ſind, deren Stimme in den großen Kommunen und in den Vertretungen der großen Kommunen doch wenigſtens einen geringen Widerhall findet. Deswegen, weil in den großen Kommunen und auch in den Vertretungen der großen Kommunen ein größeres Maß von Einſicht in die geſamten Bedürfniſſe des modernen Lebens vorhanden iſt, deswegen finden wir in den großen Kommunen, auch in Charlottenburg, doch wenigſtens eine etwas andere Zuſammenſetzung der Stadtverordneten⸗ verſammlung, hören wir etwas andere Töne auch bei Beſprechung ſolcher Angelegenheiten als etwa bei der Kommune Cottbus und bei anderen kleinen Kommunen, deren Vertretungen wir ſattſam auf den brandenburgiſchen Städtetagen gehört haben. Deswegen aber auch gerade der Appell von un⸗ ſerer Seite an Sie bei einer ſolchen Gelegenheit, uns zu helfen und mit einzuſtimmen in unſere Forderung nach einem demokratiſchen Wahlrecht. Freilich, wenn Sie kühl ſagen: „Ach, Volksverſamm⸗ ſammlungsreden!“, dann ſprechen Sie als Vertreter der erſten Klaſſe. Ich weiß im Moment nicht, ob Herr Kollege Otto in der erſten Klaſſe gewählt worden iſt; (Zuruf: In der dritten Klaſſe!) aber das macht auch nichts aus, jedenfalls fühlt ſich Herr Kollege Otto in dem Augenblick, wo er in einer ſo abweiſenden Form über den Volks⸗ verſammlungston und die Volksverſammlungen ſpricht, voll und ganz als ein Vertreter derjenigen Gruppen, die den entſcheidenden Ausſchlag in den Vertretungen der Stadt dadurch geben, weil ſie Vertreter der erſten oder zweiten Klaſſe ſind. Bisher habe ich immer noch gehofft, daß gerade ch in den großen Städten, ſpeziell auch bei uns in Charlottenburg, dieſer Standpunkt nicht ſo kräftig um Ausdruck kommt wie in den kleinen Städten. reilich, meine Hoffnungen ſind heute etwas ſtark herabgeſtimmt worden. Auch im Jahre 1904 bei der Behandlung dieſes Antrages haben wir gar keinen Zweifel darüber gelaſſen, daß wir einen