218 Wenn irgendetwas bewieſen hat, ungerechtfertigt und gemeingefährlich das Hausbeſitzerprivileg iſt, dann, meine Herren, haben wir das ja hier im Saale erfahren: wir haben erſt vor wenig Wochen Debatten gehabt, bei denen es ſich ſo recht gezeigt hat, wie die Hausbeſitzer lediglich ihre Sonder⸗ intereſſen in der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung wahrzunehmen ſuchen zum Schaden der Geſamtheit. Ich hatte ſchon in der vorigen Sitzung Anlaß ge⸗ nommen, Herrn Kollegen Hirſch deswegen zu rektifizieren, und ihn erſucht, dieſe Außerung zurück⸗ zunehmen. Er hat es im Laufe der Sitzung nicht getan, im Gegenteil, am Schluß behauptet, er halte ſeine Behauptung aufrecht. Ich ſehe mich daher genötigt, nachträglich Herrn Kollegen Hirſch wegen dieſer Außerung zur Ordnung zu rufen. Wir treten nun in die Tagesordnung ein. Punkt 1: Vorlage betr. Zahlung von Witwengeld. Druckſache 129. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen. Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Das der Witwe des verſtorbenen Vor⸗ ſchullehrers Friedrich Gaſt aus ſtädtiſchen Mitteln zuſtehende Witwengeld für die Zeit vom 1. Juni 1910 bis 31. März 1911 im Geſamtbetrage von 1021,67 ℳ iſt dem Dispoſitionsfonds Ord. Kapitel 1 Ab⸗ ſchnitt 12 Nr. 1 für 1910 zu entnehmen.) Punkt 2 und 3 der Tagesordnung darf ich wohl miteinander verbinden: Vorlage betr. Ablauf der Wahlzeit des Dber⸗ bürgermeiſters. — Druckſache 130. Vorlage betr. Ablauf der Wahlzeit eines Ma⸗ giſtratsmitgliedes. — Druckſache 131. Stadtv. Otto: Meine Herren, ich beantrage, beide Vorlagen einem Ausſchuß von 15 Mit⸗ gliedern zu überweiſen. (Die Verſammlung beſchließt demgemäß.) Vorſteher Kaufmann: Ich bitte, mir die Vorſchlagsliſte für den Ausſchuß im Laufe der Sitzung zu überreichen. Punkt 4 der Tagesordnung: Vorlage betr. den 33. ordentlichen Branden⸗ burgiſchen Städtetag. — Druckſache 132. Stadtv. Otto: Meine Herren, ich beantrage, daß wir wie in früheren Jahren ſo auch diesmal 6 Vertreter aus der Stadtverordnetenverſammlung zu dem Städtetage entſenden, und zwar außer den beiden Herren Vorſtehern die Herren Kollegen Hirſch, Dr Landsberger, Wöllmer und Zander. Zu⸗ gleich bitte ich, wie in früheren Jahren dem Herrn Vorſteher die Ermächtigung zu geben, im Falle der Behinderung eines der Vorgeſchlagenen einen Sitzung vom 11. Mai 1910 wie Stellvertreter aus der betreffenden Gruppe zu beſtimmen. (Die Verſammlung beſchließt demgemäß.) Punkt 5 der Tages⸗ Vorſteher Kaufmann: ordnung: Vorlage betr. umlegung eines Kanaliſations⸗ rohres an der Börnicker Lake. — Druckſache 133. Berichterſtatter Stadtv. Dunck: Meine Herren, vor 20 Jahren hat die Stadt einen Gelände⸗ ſtreifen in der Börnicker Late angekauft, einem Sumpfland bei Pichelsdorf⸗Boxfelde. Dieſer Ge⸗ ländeſtreifen iſt 1095 qm groß. Um Ihnen einen näheren Begriff davon zu machen, teile ich Ihnen mit, daß die Länge etwa 200 m, die Breite etwa 5 m iſt. Für dieſen Geländeſtreifen wurden damals 924,18 ℳ bezahlt. Wir hatten unſer „zweites“ Druckrohr in dieſen Geländeſtreifen gebettet, und es hat dort viele Jahre ruhig und ſicher gelegen und ſeine Schuldigkeit getan, bis es in ſeiner Ruhe jetzt durch den Bau der Döberitzer Heerſtraße geſtört wird. Ein Teil der Heerſtraße durch die Börnicker Lake iſt bereits hergeſtellt, und Spandau geht jetzt daran, die Dämme zu beiden Seiten aufzuſchütten. Wenn Dämme im Moorland geſchüttet werden, wiſſen wir aus Erfahrung, daß dieſes ſeitlich hochgetrieben wird. Wir machten Spandau deshalb verantwort⸗ lich, daß, wenn an unſerm Druckrohr etwas paſſieren würde, es dafür aufzukommen habe. Spandau hat dieſe Verpflichtung anerkannt und machte uns den Vorſchlag, das Druckrohr an Pfählen, die durch das Moor 1 % m tief in den feſten Untergrund gerammt werden ſollten, mittels Ketten aufzuhängen. Später ſchien Spandau dieſe Sicherungsvorrichtung doch nicht ganz einwandsfrei, und es kam mit dem Vorſchlag, wir möchten das Druckrohr in die Heerſtraße verlegen, wohin wir nach dem Vertrage vom 21. Auguſt / 2. September 1908 auch unſer erſtes und drittes Druckrohr verlegen können. Spandau wäre auch geneigt, einen Teil des vorerwähnten Gelände⸗ ſtreifens uns abzukaufen, ſoweit die Döberitzer Heerſtraße hindurchgeht. Eine Einigung über den Preis konnte aber nicht erzielt werden. Spandau ſchlägt nun vor, den ganzen Geländeſtreifen ihm zu verkaufen und unſer zweites Druckrohr gleich⸗ falls in die Heerſtraße zu verlegen. Wir haben die Koſten, die dieſe Verlegung verurſacht, auf 20 000 ℳ berechnet. Hierbei ſind inbegriffen ſämtliche Erd⸗ arbeiten ſowie die Reinigung, der Anſtrich, der Transport und die Verlegung der Rohre; nicht aber iſt inbegriffen der Wert der Rohre, da wir vor⸗ handene Rohre verwenden können, und diejenigen, die wir ſpäter aus dem Geländeſtreifen heraus⸗ nehmen, auch wieder anderweitig unterbringen können. Spandau erklärte daraufhin, es ſei bereit, uns für den Geländeſtreifen 20 000 zu zahlen; wir möchten dieſe 20 000 verwenden, um die Rohrverlegung zu beſorgen. Nun iſt das Ab⸗ kommen inſofern kein ſehr günſtiges für uns, als wir tatſächlich ein Eigentum der Stadt ohne Ent⸗ gelt weggeben. Immerhin müſſen wir freund⸗ nachbarliche Rückſichten auf Spandau nehmen, auf das wir des öfteren bezüglich der Kanaliſation an⸗ gewieſen ſind, und mit dem wir verſchiedene Be⸗ rührungspunkte haben. Auch möchten wir uns nicht gern den Vorwurf zuziehen, daß wir den Bau