Sitzung vom 11. Mai 1910 der Stadtverordnetenverſammlung heraus im Jahre 1907 zu einer weiteren Anregung geführt. Es wurde damals der Antrag geſtellt, im Hinblick darauf, daß jetzt ein weiteres halbes Hunderttauſend neuer Einwohner eingeſetzt habe, ſofort eine neue Vermehrung der Stadtverordnetenmandate ein⸗ treten zu laſſen. Die Stadtverordnetenverſamm⸗ lung hat damals nach vorangegangener Ausſchuß⸗ beratung beſchloſſen, daß zurzeit keine Veranlaſſung vorliege, ſofort mit einer entſprechenden Ver⸗ mehrung vorzugehen; gleichzeitig hat ſie den Magiſtrat erſucht, zu erwägen, ob ſich eine orts⸗ ſtatutariſche Regelung dieſer Angelegenheit em⸗ pfehle. Der Magiſtrat hat dieſe Erwägung vor⸗ genommen; das Ergebnis beſitzen wir in dem Ent⸗ wurf des Ortsſtatuts, das uns im Ausſchuß zur Be⸗ ſchlußfaſſung vorlag. Er ging im weſentlichen dahin, daß es zunächſt bei einer Stadtverordneten⸗ ziffer von 72 verbleibt, bis die Bevölkerung von Charlottenburg auf 400 000 Einwohner geſtiegen iſt, — daß dann ſofort eine Vermehrung der Man⸗ date auf 90 eintreten ſoll, damit aber die Grenze nach oben erreicht und abgeſchloſſen iſt. Zur Beratung über dieſen Entwurf wurde der Ausſchuß eingeſetzt. Das Ergebnis ſeiner Be⸗ ratungen iſt, daß er ſelbſt ein vollkommen neues Ortsſtatut zuſammengeſtellt hat und Ihnen jetzt zur Annahme empfiehlt. Bei den Beratungen Ihres Ausſchuſſes hat ſich ſofort ein grundſätzlicher Gegenſatz der Meinungen in Bezug auf die Frage herausgeſtellt, ob es ſich überhaupt empfehle, eine ortsſtatutariſche Regelung herbeizuführen, anſtatt es bei der Regel des Geſetzes bewenden zu laſſen. Ich darf geſtehen, daß die Meinungen nach der einen wie nach der andern Seite hin mit guten Gründen verſehen waren, und daß ſich wirklich für die eine wie für die andere Anſicht erhebliche Argumente ins Feld führen laſſen. Gegen den Plan, eine ortsſtatutariſche Regelung einzuführen, wurde insbeſondere be⸗ merkt, daß ſich in abſehbarer Zeit jedenfalls Hinder⸗ niſſe einer ſachgemäßen Erledigung der kommunalen Geſchäfte nicht ergeben würden, ſelbſt wenn die Zahl der Stadtverordnetenmandate von 72 etwa auf 78 oder auf 84 erhöht würde. Zum Teil ging man ſogar noch weiter und behauptete, daß die Zahl der Stadtverordneten, wie ſie augenblicklich be⸗ ſteht, gar nicht einmal mehr für die ordnungsmäßige Erledigung der kommunalen Geſchäfte ausreiche, daß die einzelnen Stadtverordneten zu ſtark mit Arbeiten in den Kommiſſionen und Deputationen belaſtet ſeien, daß Hilfskräfte — und zwar gerade durch Vermehrung der Stadtverordnetenmandate — herangezogen werden müßten. Dem wurde wieder entgegengehalten, daß von einer allgemeinen Arbeitsüberlaſtung die Rede nicht ſein könne, — daß das Geſagte höchſtens bei einigen Stadt⸗ verordneten zutreffe, bei denen es wohl haupt⸗ ſächlich auf ihre Stellung im Schoße ihrer eigenen Fraktionen zurückzuführen ſei, daß aber dieſer ge⸗ wiſſermaßen naturnotwendige Zuſtand ſich ebenſo bei den ſtark beſetzten parlamentariſchen Körper⸗ ſchaften herausgeſtellt habe und ſich wahrſcheinlich ebenſo zeigen würde, wenn die Stadtverordneten⸗ verſammlung heut 84 oder 90 Mitglieder zählte. Andererſeits wurde für eine ortsſtatutariſche Regelung in Übereinſtimmung mit der Magiſtratsvorlage namentlich der Umſtand ins Feld geführt, daß es eben doch unmöglich ſei, das Anwachſen der Stadt⸗ verordnetenziffer nach oben ohne jede Begrenzung 231 in infinitum weitergehen zu laſſen, da ſich mit abſoluter Sicherheit ein Zeitpunkt vorausſehen laſſe, wo das Prinzip zu wirllichen Übelſtänden führen müſſe; es ſei deshalb beſſer, rechtzeitig vorzubeugen, als erſt ſpäter, wenn die Übelſtände ſchon ein⸗ getreten ſeien, Abhilfe zu verſuchen. Ich darf darauf hinweiſen, daß am Schluß unſerer Beratungen die Vertreter ſämtlicher Fraktionen im Ausſchuß An⸗ träge auf ortsſtatutariſche Regelung geſtellt haben. Man darf danach wohl als Ergebnis der Beratungen feſtſtellen, daß die Geſamtheit des Ausſchuſſes ſchließlich den Nutzen einer ortsſtatutariſchen Regelung eingeſehen und ſich zu derſelben be⸗ kannt hat. Was nun den Inhalt der ortsſtatutariſchen Regelung anlangt, ſo waren es vier Punkte, die zu eingehenden Beratungen Veranlaſſung gegeben haben, wobei ich bemerke, daß den Mitgliedern des Ausſchuſſes zunächſt das Material, das der Magiſtrat ſeiner Vorlage beigegeben hatte, nicht ausreichend erſchien. In ſehr dankenswerter Weiſe iſt dann auf Veranlaſſung des Magiſtrats durch Rückfragen bei allen möglichen deutſchen Städten, insbeſondere auch bei ſolchen Kommunen, die unſerer Städte⸗ ordnung nicht unterworfen ſind, namentlich auch bei außerpreußiſchen Gemeinden die Zuſammen⸗ ſtellung beſchafft worden, die Ihnen allen im Druck zugänglich gemacht worden iſt. Ich möchte ſie noch in einem Punkte ergänzen, und zwar in Anſehung einer allerdings nicht dem Deutſchen Reiche, wohl aber dem deutſchen Sprachgebiet angehörigen Ge⸗ meinde, nämlich der Stadt Wien. Dieſe hat bei einer Bevölkerungsziffer, die um ein Kleines hinter der von Berlin zurückbleibt und zur Zeit 2 085 000 Einwohner aufweiſt, eine Stadtverordneten⸗ oder Gemeinderatsziffer von 157 Mitgliedern, ſo daß die Stadtgemeinde Wien in der Tat den Rekord ſchlägt, — wenigſtens in der Zahl der Stadt⸗ verordneten, die ja nicht notwendig mit der Qualität der kommunalen Leiſtungen gleichbedeu⸗ tend iſt. Was nun die Fragen anlangt, die auf Grund dieſes Materials zu beantworten waren, ſo ging die erſte Frage dahin, ob ſchon jetzt oder wenigſtens in allernächſter Zeit eine weitere Vermehrung der Stadtverordnetenmandate eintretenſolle oder ob, wie es der Magiſtrat wünſcht, dieſe Vermehrung auf einen ferner liegenden Zeitpunkt hinauszuſchieben ſei; weiter ob eine Begrenzung nach oben, alſo eine Maximierung der Stadtverordnetenmandate einge⸗ führt werden ſollte, und endlich, bei welcher Bevöl⸗ terungsziffer dieſe Maximierung, wenn man ſich für ſie ausſpräche, einzuſetzen habe. Sie ſehen aus den gedruckten Anträgen, die ſich auf Vertreter ſämt⸗ licher Fraktionen der Verſammlung verteilen, daß ſich ſchließlich alle Vertreter für eine Vermehrung der Stadtverordnetenmandate in einem nicht zu fernen Zeitpunkt ausgeſprochen haben. Und zwar ſind die Anträge — in geradezu wunderbarer Weiſe übereinſtimmend — auf den Zeitpunkt des 1. Januar 1912 gekommen. Ich ſage: das iſt einigermaßen verwunderlich, weil ja die Anträge in ihrem ſonſtigen Inhalt ſehr auseinandergehen und weil es ſich hier überhaupt um ein Gebiet handelt, wo naturgemäß die geſetzgeberiſche Phantaſie eines jeden Mitgliedes des Ausſchuſſes reichlichen Stoff zu Betätigung finden konnte. Iſt alſo ſchon im Ausſchuß darüber Einigkeit erzielt worden, daß vom 1. Januar 1912 ab eine Vermehrung eintreten ſolle, ſo ſind die Anſichten