Sitzung vom 25. Mai 1910 Stadtv. Bogel 1 (fortfahrend): Ich halte es für eine notwendige Ergänzung dieſes Antre ges, darauf aufmerkſam zu machen, daß gleichzeitig die Verwaltung auf eine Verbeſſerung der Lichtſtärke und der Wärmeeinheiten des Gaſes bedacht ſein möge. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, da es ſich hier um einen Beitrag für einen Verein handelt, der ſich die Propaganda für Gasver⸗ wertung zum Ziele gemacht hat, ſo möchten meine Freunde doch auch auf ein Propagandamittel hin⸗ weiſen, bei dem ſie hoffentlich die Unterſtützung dieſer Zentrale finden werden. Wenn eine ſtarke Propaganda entfaltet werden ſoll dahin, damit recht viel Gas verbraucht wird und der Konſum des Gaſes ſteigt, dann iſt eines der weſentlichſten Mittel dazu die Verbilligung des Gaſes. Meine Freunde möchten daran erinnern, daß die Stadt⸗ verordnetenverſammlung vor längerer Zeit einmal einen Wechſel ausgeſtellt hat auf Verbilligung des Gaſes, an deſſen Einlöſung gegenwärtig, wie es ſcheint, nicht mehr gedacht wird. Indem wir die⸗ ſem Verein beitreten, hoffen wir, daß von dieſem Verein aus dieſe Beſtrebungen unterſtützt werden. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Ma⸗ giſtrats, wie folgt: Dem Beitritt der hieſigen ſtädtiſchen Gas⸗ werke zur „Zentrale für Gasverwertung“ in Berlin auf eine dreijährige Dauer gegen Entrichtung eines Jahresbeitrages von 200 ℳ wird zugeſtimmt. Der für das laufende Rechnungsjahr erforderliche Betrag von 200 iſt den laufenden Mitteln des Sonderetats 5 zu entnehmen.) Vorſteher Kaufmann: Punkt 11 der Tagesordnung: Vorlage betr. Ausweiſung von Fluchtlinien für eine Parallelſtraße zur Bismarckſtraße zwiſchen Krumme und Seſenheimer Straße. — Druckſache 150. (Unruhe.) Meine Herren, ich bitte um Ruhe. Berichterſtatter Stadtv. Harniſch: Meine Herren, Sie ſehen in dem Plan, der in der Mitte eine rote Zone aufweiſt, das neue Straßenprojekt einer Verbindung zwiſchen der Seſenheimer und der Krummen Straße. Der Magiſtrat iſt wahr⸗ ſcheinlich der Anſicht — ich würde dem zuſtimmen „ daß durch die Aufteilung großer Baublocks die Möglichteit größer wird, beſſere und größere Woh⸗ nungen zu erhalten, als wenn ſie nicht aufgeteilt werden, und da wir gerade für die Gegend an der Bismarckſtraße das größte Intereſſe haben, große und vornehme Wohnungen dorthin zu bekommen, ſo iſt gegen dieſes Projekt wohl nichts einzuwenden. Nun hat aber jede Sache ihre zwei Seiten, und ſpeziell hierbei iſt eigentlich nicht nur eine Kehr⸗ ſeite zu beachten, ſondern ich möchte beinahe ſagen: mehrere. Die eine Kehrſeite, die man nicht uner⸗ wähnt laſſen kann, ſind natürlich die Geldkoſten, obgleich die hier gar nicht in Frage kommen, weil der Magiſtrat mit Recht ſagt: wenn wir hier die jetzt die Städtebauausſtellung, 243 Straße nicht feſtlegen, kann in der Seſenheimer Straße gebaut werden und Bauerlaubnis nach⸗ geſucht werden, und damit iſt die Sache für alle Zukunft unmöglich. Aber wenn man aus dieſem Grunde dem Vorſchlage des Magiſtrats auch zu⸗ ſtimmen muß, ſo muß man ſich auf der anderen Seite doch auch fragen: was wird, wenn wir zu⸗ geſtimmt haben? Dann kommt eben die andere Seite: es wird ſich wahrſcheinlich ergeben, daß die Sache nicht ganz ohne Mittel zu machen iſt; denn die Expropriationskoſten, die an der Krummen Straße in Frage kommen, werden wahrſcheinlich nicht voll den Adjazenten aufgepackt werden können. Aber nun kommt eine ſchlimmere Kehrſeite, die „dritte“ von dieſer Münze; das iſt die, daß mit dem Fluchtlinienfeſtlegen die Straße noch gar nicht vorhanden iſt. Der Plan muß ausgelegt werden, es kommt die Genehmigung des Kaiſers in Frage, es kommen vor allen Dingen Einſprüche in Frage, die nicht ausbleiben werden. Kurzum, das Projekt, das hier feſtgelegt werden ſoll, braucht bis zu ſeiner Verwirklichung Jahre; es kann mehrere Jahre dau⸗ ern; in einem Jahre iſt es wahrſcheinlich nicht durch⸗ zuführen, es kann zwei, drei Jahre dauern. Es ſind uns ja Fälle bekannt — ich erinnere an die Nie⸗ buhrſtraße am Markthallengrundſtück —, wo ſich die Sache jahrelang hingezogen hat, und wo, glaube ich, Prozeſſe wegen verſagter Bauerlaub⸗ niſſe noch ſchweben. Alſo, meine Herren, die Leute, die hier mit Verkauf rechnen und naturgemäß rechnen müſſen, werden für die nächſten paar Jahre abwarten müſſen, wie ſich die Sach« entwickelt. Das ſind Punkte, die nach meiner Anſicht doch reiflich überlegt werden müſſen, und ich glaube, wenn wir die Summe daraus ziehen, dann ergibt ſich, daß wir nicht ſo kurzerhand heute darüber ſchlüſſig werden können, ob wir dieſem Projekt unſere Zuſtimmung geben. Es wird noch einer ſehr genauen Prüfung in einer Kommiſſion be⸗ dürfen, um dieſe Fragen nach der einen oder an⸗ deren Richtung geklärt zu wiſſen. Ich ſchlage Ihnen deshalb vor, einen Ausſchuß von 11 Mitglieder. einzuſetzen. 21 Stadtv. Bogel I1: Meine Herren, ich kann mich dieſem Antrage nur anſchließen, und zwar noch aus einem anderen Grunde wie der Herr Bericht⸗ erſtatter. Dieſe Vorlage leidet an einer gewiſſen Unbeſtimmtheit, z. B. gerade in dem letzten Abſatz, wo es heißt: 2 Von der neuen Straße werden einige Ge⸗ bäude, darunter auch Wohngebäude, be⸗ troffen. Dieſe Gebäude haben aber nur einen verhältnismäßig geringen Wert. Ja, „verhältnismäßig geringer Wert“ iſt doch ſehr unbeſtimmt. Es wäre doch beſſer, wenn die Vor⸗ lage ſich etwas beſtimmter ausdrücken würde. Dann möchte ich bitten, auch darauf bedacht zu ſein, daß wirklich geſunde Wohnungen mit ge⸗ nügender Licht⸗ und Luftzuführung gebaut werden Wir haben eine ähnliche Durchbruchsſtraße die Neue Chriſtſtraße, errichtet; damals iſt auch davon geſprochen, daß ſchöne Bauten dort errichtet werden. Ja, die Vorderhäuſer an der Straße wohl: aber jedes Grundſtück hat zwei lange Seitenflügel, und die ſind nicht licht⸗ und luftreich, ſie ermöglichen teinen Durchzug, ſie liegen mit dem Rücken gegen⸗ einander von einem Grundſtück zum andern und fönnen nicht durchgelüftet werden. Wir haben hier und da wird ſo viel