Sitzung vom 25. Mai 1910 249 dort ihre Wohnung zu haben. Dieſe Leute verlangen eine Station haben. Sollte man wirklich engherzig daß ſie nicht 12 bis 15 Minuten nach dem Bahnhofe gehen, ſondern wollen die Bahn in nächſter Nähe haben, weil die anderen Wagenverbindungen fehlen. Deshalb iſt es notwendig, daß wir oben die Stationen dichter aneinanderlegen müſſen als in der Stadt. In der Stadt kann man ſich von jedem Punkte aus mit der Droſchke oder mit irgend⸗ einem anderen Vehikel in geſchützter Weiſe zur Untergrundbahn begeben. Das iſt bei uns oben ausgeſchloſſen. Meine Herren, was wird der Erfolg nachher ſein, wenn wir die Zwiſchenſtation nicht bekommen? Bei der Bauordnung, die oben beliebt worden iſt — ich kann ſagen: bei der verpfuſchten Bauordnung; denn ſehen Sie ſich einmal die Häuſer, die dort oben hingebaut werden, an, dieſe Kaſten mit den engen Gaſſen, den Bauwichen, wo die Leute ſich gegenſeitig auf 8 m Entfernung in die Küchen und in die Schlafzimmer gucken können: das iſt etwas Furchtbares —, wer zieht denn in dieſe Rieſen⸗ kaſten hinein? Der mittlere Beamte, der draußen billig wohnt, und der ſich dann den Mühen und Strapazen unterzieht, mit ſeiner Familie ruhig ein paar hundert Schritte weiter nach dem Bahnhof zu pilgern. Iſt das denn dasjenige, was wir mit Neu⸗Weſtend erhofft und erſtrebt haben? Wir wollen doch Steuerzahler da hinbringen! Und Steuerzahler, wohlhabende Bevölkerungsſchichten, kommen doch erſt dann herauf, wenn ſie es oben bequem haben, und nicht, wenn ſie eine Viertel⸗ ſtunde bis zur Untergrundbahn laufen müſſen. Ich bin der Meinung, daß der Magiſtrat von Char⸗ lottenburg ſchon einmal in früherer Zeit ſehr wenig Umſicht und Vorausſicht bei der Entwicklung von Weſtend gezeigt hat. Wenn der Magiſtrat von Charlottenburg früher auf Weſtend aufmerkſam geworden wäre, wenn er begriffen hätte, welches koſtbare Juwel Charlottenburg oben in Weſtend beſitzt, dann wäre die Kanaliſation dort 15 Jahre früher gekommen, und mancher Millionär, der nach dem Grunewald gezogen iſt, wäre nach Weſtend hinaufgezogen. (Sehr richtig!) In dem jetzigen Augenblick will man genau den⸗ ſelben Fehler machen, in dem jetzigen Augenblick läßt man ebenfalls wieder die Vorausſicht ver⸗ miſſen — ich weiß nicht, aus welchen Gründen. Es iſt mir geſagt worden, eine Station koſtete 500 000ℳ, und dann müßten auch noch eine Reihe von Beamten angeſtellt werden, die die Ausgänge uſw. kontrollierten. Mit Rückſicht auf dieſe Koſten könnte man jetzt die Station Eſchenallee nicht er⸗ richten. Meine Herren, die Station muß er⸗ richtet werden. Wenn ſie jetzt nicht vorbereitet wird, ſchwindet für uns Weſtender allerdings die Ausſicht, jemals dort eine Station zu bekommen, und die Stadt Charlottenburg hat ebenſo den Schaden davon wie die Bevölkerung dort oben. Das Thema des Untergrundbahnhofs an der Eſchen⸗ allee wird nicht mehr vom Tapet verſchwinden — ſo lange, bis er gebaut iſt. Das mögen Sie glauben. Ich bin der Meinung, daß der Magiſtrat, der doch ſo viele Verhandlungen mit der Untergrundbahn über alle möglichen Dinge noch zu führen hat — denn wir wollen doch noch große Unternehmungen gemeinſam ausführen —, wohl Gelegenheit hätte, den Untergrundbahnleuten und den Leuten von der Weſtendgeſellſchaft oben klar zu machen, daß es ihr eigenes Intereſſe iſt, wenn ſie dort noch ſagen: in der erſten Zeit trägt das die Koſten nicht, ſo würden wir ſchließlich damit einverſtanden ſein, wenn man uns erklärte: ſtatt im Jahre 1915 oder 1918 wollen wir die Station im Jahre 1920 oder 1925 eröffnen. Das ſoll uns ganz — ich will nicht ſagen, gleichgültig ſein, aber wir ſind ſchon zu⸗ frieden, wenn wir nur die Ausſicht für die Zukunft haben. Daß nachher die Untergrundbahn die Station frühzeitiger eröffnen wird, davon bin ich überzeugt; denn man wird ſich doch die Reiſenden, die da oben wohnen, nicht entgehen laſſen. Be⸗ denken Sie doch, daß jeder Menſch, der jetzt auf Weſtend wohnt oder nach Weſtend zieht, nicht zufällig ne ben der Untergrundbahn wohnt, ſondern deshalb ſeinen Wohnſitz dorthin verlegt, weil die Untergrundbahn da iſt. Jeder einzelne Bewohner Weſtends iſt Intereſſent für die Unter⸗ grgundbahn, jeder einzelne muß ſie benutzen. Jeder einzelne wohnt dort oben, weil er mit dem Schnell⸗ verkehr der Untergrundbahn in das Herz von Berlin C hineinkommen kann. Meine Herren, ich habe mich in der Kommiſſion damit einverſtanden erklärt, daß die Reſolution, wie ſie Ihnen hier vorgelegt worden iſt, gefaßt wird. Die Reſolution iſt ja — damit haben Sie ganz recht — ſo ſchwächlich und nichtsſagend, ſo daß man ſich eigentlich darüber wundern könnte, daß ich, der ich der Vorſitzende des Kommunalvereins Weſtend und der Verfaſſer der eingereichten Petition bin, in der wir ſo energiſche Mittel empfohlen haben, mich damit einverſtanden erklärt habe. Der Grund iſt einfach der, daß ich mir ſage: eine ſolche wenig ſagende Reſolution, die ein ſt immig gefaßt wird, iſt mir lieber als eine energiſche Reſolution, die nachher nur mit Mühe und Not durchgeht. Ich bin der feſten Überzeugung — das traue ich dem Magiſtrate zu, ich habe Vertrauen zum Magiſtrat; ich ſage auch hier: Vertrauen um Vertrauen —, daß der Magiſtrat, wenn er nur ernſtlich will, ſelbſt auf Grund dieſer wenig beſagenden Reſolution Gelegenheit finden wird, den Wünſchen der Weſtender nachzukommen und der Notwendigkeit dieſer Einrichtung für die Entwicklung von Alt⸗ und Neu⸗Weſtend gerecht zu werden. Ich führe noch an, meine Herren, daß unmittel⸗ bar an der Eſchenallee die großen Schulen ſind. Dort iſt die Herderſchule und auf der anderen Seite wird die große Kommunalſchule gebaut. Sollen denn die Kinder, die Berliner Jungen und Mädchen, wenn ſie bei Regenwetter, bei Sturm und Wind des Morgens zur Schule gehen, am Reichskanzler⸗ platz ausſteigen und 8 Minuten bis zur Herder⸗ ſchule laufen und dort ſtundenlang in ihren durch⸗ feuchteten Kleidern ſitzen müſſen, während ſie unmittelbar die Station neben der Schule haben könnten? So viel Intereſſe müſſen wir doch alle an dieſer Entwicklung nehmen, daß wir die Not⸗ wendigkeit einer Untergrundbahnſtation an der Eſchenallee empfinden und dafür eintreten. Ich bitte den Magiſtrat, auf Grund dieſer nicht allzu ſtramm gehaltenen Reſolution die entſprechenden Schritte zu tun, um dieſe für die Entwicklung Weſtends notwendige Einrichtung durchzuführen. (Bravo!) Stadtbaurat Bredtſchneider: Ich glaube, was für Weſtend billig iſt, iſt für unſere anderen Stadtteile recht. (Sehr richtig!)