250 Sitzung vom Wenn wir den Ausführungen des Herrn Stadt⸗ verordneten Becker zuſtimmen, dann müſſen wir auch für die Bahnhöfe in unſeren anderen Stadt⸗ teilen ähnliche Entfernungen annehmen, und wir müßten bekennen: wir haben die geſamte Untergrundbahn falſch angelegt; denn es müßten überall Bahnhöfe eingeſchoben werden, vom Nollen⸗ dorfplatz bis zum Reichskanzlerplatz. Die Ent⸗ fernungen zwiſchen den bereits beſtehenden Bahn⸗ höfen — der Herr Referent hat ſie Ihnen bereits angegeben — haben wir in der Kommiſſion an der Hand des Planes ausgemeſſen und feſtgeſtellt. An der Richtigkeit der dort angegebenen Zahlen iſt nicht zu zweifeln. Wenn Herr Stadtv. Becker die Auffaſſung hat, die Entfernung zwiſchen Reichskanzlerplatz und Schwarzburgallee ſei 1500 m oder 1250 m, dann iſt er im Irrtum. (Stadtv. Becker: Ich habe geſagt, in der Vorlage ſtehe, die Verlängerungsſtrecke ſei 1500 m!) Als Herr Stadtverordneter Becker hier behauptete — ich habe es ſo verſtanden —, die Entfernung des Bahnhofes Schwarzburgallee vom Bahnhof Reichs⸗ kanzlerplatz ſei 1250 m, bin ich zweimal an den Plan herangegangen und habe nachgemeſſen. Ich dachte, ich hätte mich geirrt. Ich verſichere Sie: das Maß iſt 1120 m, mehr kommt nicht heraus. Wenn Sie hören, meine Herren, daß die Entfernung anderer Bahnhöfe bei uns in der Stadt 1000 m, der Bahnhof Uhlandſtraße bis Wittenbergplatz ſogar 1300 oder 1200 m entfernt iſt, dann wird man wohl ſagen können: der Magiſtrat hat dadurch, daß er ſich mit der Anordnung des neuen Bahnhofs an der Schwarzburgallee und mit ſeiner entſprechenden Entfernung vom Reichskanzlerplatz einverſtanden erklärt hat, kein großes Verbrechen begangen; ſonſt müßte er eines ſolchen Verbrechens bei allen Vorlagen, die er Ihnen hier in bezug auf die An⸗ ordnung der Bahnhöfe bei der Untergrundbahn gebracht hat, geziehen werden. Ich für meine Perſon muß geſteher, daß ich mich immer, nicht nur bei dieſem Entwurf, ſondern auch ſonſt bei allen anderen Entwürfen, bemüht habe, darauf hinzu⸗ wirken, die Bahnhöfe möchten näher aneinander geſchoben werden. So habe ich auch im vorliegenden Fall verlangt, der Bahnhof an der Schwarzburg⸗ allee möchte nach Oſten verſchoben und nach Oſten einen zweiten Ausgang bekommen, ſo daß die Ent⸗ fernung vom Reichskanzlerplatz noch um 100 m verkürzt würde. Aber das war abſolut nicht zu erreichen. Stellen Sie ſich doch auch einmal auf den Standpunkt eines Verkehrsmenſchen, einer Verkehrsgeſellſchaft, wie die Untergrundbahn es iſt. Die Untergrundbahn iſt bemüht, die Fahrgäſte in der kürzeſten Zeit zu ihrem Zlele zu führen. Je mehr Bahnhöfe dazwiſchengeſchaltet werden, deſto langſamer geht es: die Fahrt wird dadurch ganz weſentlich verlangſamt. Die Vorteile, die unſere Einwohner haben würden bei Benutzung der von dem Herrn Stadtverordneten Becker an⸗ geſtrebten Station, würden wieder Nachteile ſein für andere Leute, die die Untergrundbahn benutzen denn dieſe müßten um ſo länger fahren. Schließlich würde bei Einſchaltung einer Station eine Entfernung von 500 oder 600 m herauskommen, das iſt poſitiv zu kurz. Der Zug läuft ja faum an, dann muß er ſchon wieder halten. Alſo ſo einfach iſt es nicht, emen Bahnhof zwiſchenzuſchalten. Die Bedenken, die der Herr Referent außerdem noch angeführt hat, beſtehen zu Recht, ich kann ſie nur beſtätigen. Wenn aber ein 25. Mai 1910 Verkehrsbedürfnis vorhanden iſt, wenn alles das zutrifft, worauf Herr Stadtverordneter Becker auf⸗ merkſam machte, dann ſehe ich gar nicht ein, weshalb nicht im Laufe der Zeit ein Bahnhof eingeſchaltet werden kann oder ſoll. Tritt alſo ein ſolches Ver⸗ kehrsbedürfnis ein, darn wird — das möchte ich heute ſchon behaupten — ein ſolcher Bahnhof ein⸗ geſchaltet werden. Der Ausſchuß empfiehlt ja der Stadtverordnetenverſammlung, eine entſprechende Reſolution zu faſſen. Die Vertreter des Magiſtrats haben gegen eine ſolche Reſolution abſolut nichts einzuwenden, und wir werden uns bemühen, im Intereſſe dieſer Reſolution zu wirken. Stadtv. Becker: Meine Herren, ich will bloß an ein Wort des Herrn Baurats anknüpfen. Er ſagte: wenn ſich das Bedürfnis ſo entwickelt, dann wird der Bahnhof eingeſchaltet werden. Ja, wenn das „Wenn“ nicht wäre, dann wäre manches ganz ſchön und gut. Wer merkt denn aber, daß das Bedürfnis da iſt, wem ſoll es nachgewieſen werden? Die Bevölkerung ſchichtet ſich doch jetzt eben ſo, daß das Bedürfnis weniger eintreten wird; die Leute ziehen eben nicht dahin. Der Fall liegt doch tatſächlich hier ſo, daß etwas geſchaffen werden muß, um die Leute dorthin zu locken. Deswegen betone ich nochmals: wenn wir jetzt nicht den Bahnhof bekommen, dann bekommen wir ihn über⸗ haupt nicht. Die Entwicklung geht dann nach anderer Richtung. Wenn die Untergrundbahn⸗ geſellſchaft jetzt ſagt: wir wollen dafür ſorgen, daß der Körper für den Bahnhof jetzt vorbereitet wird, daß der Tunnel verbreitert wird, ſodaß das Gleis vorbeigehen kann, und z. B. ein Mittelperron ein⸗ gerichtet werden kann — damit fallen auch die großen Koſten für einen doppelten Bahnhof und für das Perſonal am 2. Ausgang uſw. fort — dann würden wir vollſtändig zufrieden ſein. Nur muß die Vorbereitung je tzt geſchehen und darf nicht auf die lange Bank geſchoben werden. Später wird überhaupt nichts daraus. Bekommen wir jetzt nicht den Bahnhof, ſo bekommen wir ihn überhaupt nicht. Dann geht die Entwicklung auf Weſtend langſam ihren Weg. Es ziehen die Leute dorthin, die eben auch bei ſchlechtem Wetter ihre 15 Minuten nach der Bahn laufen und dafür etwas billiger wohnen wollen. Charlottenburg bekommt aber die wohl⸗ habenden Steuerzahler, die es haben wollte, nicht dahin. (Sehr richtig! und Bravo!) (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Dr. Frentzel (Schluß⸗ wort): Der Kollege Becker fing ſeine Ausführungen damit an, daß er ſagte, der Referent hätte in blau⸗ blaſſem Tone vorgetragen. Mir iſt weder der Sinn noch die Tendenz dieſer Worte ganz verſtändlich ge⸗ weſen. Ich möchte einen Vorwurf eigentlich daraus nicht herausleſen; denn im Munde des Herrn Kollegen Becker dürfte wohl die Vergleichung mit etwas Blauem doch als Ehrentitel aufzufaſſen ſein, und das Beiwort „blaß“ genügt wohl eigentlich auch nicht, daraus irgend einen Vorwurf herzuleiten. Ich würde ſonſt dagegen proteſtieren müſſen. Auch glaube ich, in der Lage zu ſein, nachweiſen zu können, daß ich mich lediglich beſtrebt habe, objektiv das vor⸗ zutragen, was im Ausſchuſſe einſtimmig — unter Zuſtimmung des Herrn Kollegen Becker — an⸗ genommen worden iſt.