Sitzung vom 8. Juni 1910 vermeiden, hervorheben, daß ich dies nur deswegen getan habe, und daß ich auch eine Veränderung, eine Verkleinerung und damit in meinem Sinne eine Verbeſſerung der Vorlage nur deswegen wünſche, weil ich unſere Finanzverhältniſſe im aligememen, die Vermögensverhältniſſe unſerer Stadt für gut und geſund halte und wünſche, daß ſie auch trotz der Aufgaben, die wir noch zu erfüllen haben, weiterhin geſund und gut bleiben, und daß wir ſie in dem guten Zuſtande ſpäteren Stadt⸗ verordneten, unſeren Nachfolgern, übergeben könn⸗ ten, wie wir ſie in früherer Zeit aus der Hand unſerer Vorgänger bekommen haben. (Bravo!) Stadtrat und Kämmerer Scholtz: Meine Herren, der Herr Vorredner hat damit begonnen, von einer Beſtürzung zu ſprechen, die ſich im Kreiſe der Stadt, auch in der Mitte derjenigen Herren, die den kommunalen Verhältniſſen näherſtehen, ja ſogar außerhalb des Stadtgebiets gezeigt hat, als die Nachricht vom Erſcheinen der Anleihe kam. Ich muß ſagen, daß man im allgemeinen wohl immer bei anwachſenden Gemeinden, noch dazu bei ſolchen Gemeinden, die ſich ſehr ſchnell ent⸗ wickeln, darauf gefaßt ſein wird, daß immer wieder Anleihen auf den Markt kommen, und daß es nicht mit einer Anleihe für viele Jahre abgetan iſt. Sie brauchen ja nicht weit über das Weichbild der Stadt hinauszuſchauen, ſo werden Sie die Er⸗ ſcheinungen, die Sie bei uns hier in Charlotten⸗ burg haben, ebenfalls ſehen, und wenn ſchon einzelne Nachbargemeinden damit gekommen ſind, ſo iſt wohl in allerkürzeſter Zeit zu erwarten, daß andere Gemeinden, die nicht weit von uns liegen, ebenfalls mit ſehr großen Beträgen an die Offentlichkeit treten werden. Ich habe auch geglaubt, daß ſich dieſe Be⸗ ſtürzung vielleicht deshalb wohl gezeigt hat, weil die Preſſe, insbeſondere ein angeſehenes Blatt, eine vollkommen falſche, aus der Luft gegriffene Nachricht gebracht hat. Denn ſelbſt, meine Herren, wenn man die kühnſten Forderungen nimmt, die in dieſem Hauſe an den zukünftigen Finanz⸗ bedarf geſtellt worden ſind, ſo geht der Betrag, der in dieſem Blatte genannt war, weit, weit über den Betrag hinaus, der hier auf dem Papier ſteht. Und ich muß geſtehen, meine Herren, daß ich ſelbſt mich ſehr gewundert habe, als ich am Abend dieſe überraſchende Nachricht in meinem Blatte fand, das von mir auf telephoniſchen Anruf jeder⸗ zeit, ſoweit ich es irgend konnte, immer Auskunft erhalten hat und auch in dieſem Fall ganz be⸗ ſonders die betreffende Auskunft erhalten hätte. Ich muß mich um ſo mehr darüber wundern, weil der Preſſedienſt die Genehmigung von mir eben⸗ falls durch den betreffenden Beamten bekommen hatte, über die Anleihe die zuſtändigen Notizen in die Preſſe zu bringen. Zum mindeſten wäre es mir perſönlich ſehr erwünſcht geweſen, und ich glaube, es hätte der geſamten Stadtgemeinde erwünſcht ſein können, wenn bei dem Erſcheinen ſolcher Nachricht, die jeglicher Begründung ent⸗ behrt, das Telephon in Bewegung geſetzt und bei mir angefragt worden wäre. 61 7 (Sehr richtig ). Ich muß dann aber ſpeziell auf die Frage des Herrn Vorredners kommen: iſt der Preſſe⸗ dienſt richtig organiſiert? Meine Herren, Sie erſehen aus meinen Worten, daß der Preſſedienſt dabei abſolut keine Schuld hat. Wenn in ſolchen 267 Fällen nicht Rückfragen gehalten werden und eine Zeitung etwas ſehr plötzlich bringen will ohne eine Rückfrage, ſo werden wir das niemals verhindern können; da können wir den Preſſedienſt organiſieren, nach welcher Richtung wir wollen. (Zuruf: Berichtigung!) Der Preſſedienſt bekommt die Nachrichten ſo ſchnell wie möglich, und wenn die Zeitung außer den Nach⸗ richten, die ihr vom Preſſedienſt zugehen, noch außerdem etwas hätte wiſſen wollen, ſo hätte ſie es auf telephoniſche Anfrage erfahren können: ich kann ſagen: ich hätte ſehr gern, wie ich es auch bei Etatsfragen getan habe, Auskunft erteilt. (Zurufe: Berichtigung!) Die Vorlage ſelbſt iſt, wie ich vorhin ſchon bemerkte, durch den Preſſedienſt den Zeitungen zugegangen. Nun hat der Herr Vorredner geſagt, er habe die Vorlage nicht mit Enthuſiasmus begrüßt. Ja, meine Herren, glauben Sie, daß der Magiſtrat und insbeſondere ich mich hinſetze und mit En⸗ thuſiasmus an die einzelnen Reſſorts ſchreibe: welches Bedürfnis habt ihr denn für die nächſten vier, fünf Jahre? Freilich, es iſt kein Enthuſias⸗ mus dabei. Aber gewundert habe ich mich darüber nicht; denn bei dem Wachstum der Stadt mußte das unbedingt der Fall ſein. Es iſt auf das Jahr 1885 zurückgegriffen und geſagt worden, daß wir in ſchneller Reihenfolge 6, 12, 11 Millionen uſw. Anleihen aufgenommen haben. Nun, meine Herren, fragen Sie ſich bitte einmal: welche Ein⸗ wohnerzahl hat Charlottenburg 1885 gehabt, welche Einrichtungen haben wir gehabt, und was iſt in der Zwiſchenzeit aus Charlottenburg ge⸗ worden, was iſt in Charlottenburg geſchaffen worden? Sie haben kein Elektrzitätswerk gehabt, Sie haben keine Gasanſtalt gehabt, oder ſie iſt gerade im Anfange geweſen, und alle Einrichtungen, die man haben kann, hat die Stadtgemeinde jetzt bekommen. Dann haben Sie vor allen Dingen doch noch eins zu berückſichtigen, abgeſehen von der rapiden Entwicklung: hat es damals einen Konkurrenzverkehr zwiſchen jungen aufblühenden Gemeinden gegeben? Den hat es damals auch nicht gegeben, und nach dieſer Richtung hin muß doch die Stadt Charlottenburg auf der Höhe und muſtergültig bleiben, wenn ſie den Kampf auf⸗ recht erhalten will. Der Herr Vorredner ſagt: ja, wenn man die Zahlen, die 40 Millionen bloß betrachtet, ſo iſt das roh. Ich gebe ihm das ohne weiteres zu; denn man muß betrachten, wofür das bisherige Geld ausgegeben iſt, und wofür das zukünftige Geld ausgegeben werden ſoll. Ich muß ausdrücklich zugeben — wir haben das in der Vorlage zu⸗ gegeben —: es iſt eine ſchlechte Anleihe, die wir augenblicklich bringen, von dem Geſichtspunkte aus, daß eine große Zahl der Summen nicht unter diejenigen zu rechnen ſind, die entweder werbender Natur ſind oder als ſich ſelbſt erhaltend betrachtet werden können. Trotzdem ſollen Sie mir eine einzige Poſition nennen, die nicht unumgänglich notwendig iſt. Wenn eine Gemeinde ſich rapide entwickelt und durch ihre Entwicklung gezwungen iſt, Gas⸗, Waſſerwerks⸗, Elektrizitätsanlagen zu bauen und große Summen für die Kanaliſation uſw. auszugeben, dann iſt es die notwendige Konſequenz, daß ſie auch Ausgaben für die Armen, die Kranken leiſtet und ſonſtige Inſtitutionen ſchafft, und dieſe Summen verzinſen ſich leider nicht, ſondern ſtellen erſtens mal bei dem Bau, dann