Sitzung vom voraus — werden Sie kaum etwas erſparen können; denn die Pofitionen ſind ſo eingeſetzt, daß ſie un⸗ ſerer Meinung nach unumgänglich notwendig ſein werden, und daß es falſche Sparſamkeit wäre, wenn man hier etwas zurückſchrauben und ſtreichen wollte. Stadtv. Dr. Liepmann: Meine Herren, ich freue mich, daß ich mich in verſchiedenen Punkten den Ausführungen des Herrn Redners der Mehr⸗ heit anſchließen kann: zunächſt den Bemerkungen über den Mangel an Enthuſiasmus, den meine Freunde und ich gegenüber der Vorlage haben, ſodann der Methode, die Bedeutung der Vorlage nach Maßgabe der jüngſten Rede des Herrn v. Gwinner zu beleuchten. Aber ich glaube, daß Herr v. Gwinner nur von ſeinem Standpunkt als Herrenhausmitglied aus die Vor⸗ lage als gut beſtehen laſſen würde, und daß er allein von dieſem Standpunkt aus finden könnte, daß die Vorſchläge eines großen Pumpgenies würdig ſind; denn nur von dieſem Staidpunkt aus kann als lobenswert in Rechnung gezogen werden, daß bei einer in 25 Jahren aufgelaufenen Anleiheſchuld von 145 Millionen kein Bedenken getragen wird, jetzt weitere 40 Millionen zu pumpen, um Gelder zu beſchaffen, die nur zum allergeringſten Teile in gewinnbringende Unter⸗ nehmungen oder in Grundſtückserwerb oder in zinstragende Aufgaben geſteckt werden ſollen. Ich rechne aus, daß der geſamte Teil der Schuld, der nicht Zinſen trägt, falls die 40 Millionen hin⸗ zukommen, 90 Millionen betragen wird. Was würde aber Herr v. Gwinner von ſeinem Standpunkt als Bankdirektor ſagen, wenn er über den Übernahmekurs einer ſolchen Anleihe zu befinden hätte? Ich glaube, er würde ganz anders als enthuſiaſtiſch urteilen. Er würde zwar ſicher nicht die Sicherheit eines Schuldners, wie unſere Kommune iſt, bezweifeln; aber immerhin würde zuungunſten des Geſchäftsabſchluſſes von ihm doch geltend gemacht werden, daß die Laſt der Zinſen und Amortiſationsausgaben von einer derartigen Summe von 90 Millionen mindeſtens auf 5½ Millionen zu berechnen iſt. Meine Herren, 5½ Millionen ſind 70 % des geſamten Einkommen⸗ ſteuereinnahmebetrages, den Charlottenburg be⸗ zieht. Das iſt doch ein ſehr hoher Prozentſatz. Ich fürchte, daß, wenn die Anleihe ſo bewilligt wird, wie beantragt, noch ein ganz anderer Kurs⸗ verluſt von der nächſten Anleihe gedeckt werden muß wie diesmal, wo nur 314 000 als Kurs⸗ verluſt der Abteflung 1 der Anleihe von 1908 zu beklagen iſt. Meine Herren, wir drei erſt in dieſem Jahre eingetretenen nationalliberalen Stadtverordneten können für eine derartige Inanſpruchnahme der Zukunft abſolut eine Verantwortung nicht über⸗ nehmen. Wir geben gern zu, daß die Zwecke, für welche die Gelder verwendet werden ſollen, ſehr ſchön und ſehr billigenswert ſind; wir müſſen aber hervorheben, daß unſere Stimme, die ſchon bei der diesjährigen Etatsberatung immer zur Sparſamkeit riet, verhallt und nicht beachtet iſt. Wir ſind der Meinung, daß man die Wünſche auf Verbeſſerungen zurückſtellen muß, die nur durch Aufnahme einer koloſſalen Schuldenlaſt realiſiert werden können, ſeien ſie auch noch ſo berechtigt, und daß wir uns nach der Decke ſtrecken müſſen; wir müſſen eben auf beſſere Zeiten warten. Wir! 9 Herr Dr Röthig bittet, an ſeiner Stelle Herrn ſind auch der Anſicht, daß wir bei ſolchen Aufgaben, 8. Juni 910 269 die uns als unabwendbar in Angriff zu nehmende bezeichnet werden, größte Sparſamkeit walten laſſen müſſen, insbeſondere bei Bauten. Zu⸗ nächſt müßte bei Bauten ſchon bei dem urſprüng⸗ lichen Anſchlage geſpart werden; ſodann müßten aber die ſteten überſchreitungen des Anſchlages vermieden werden. Ich kann auch nicht finden, daß durch die pompöſe Ausgeſtaltung von Bauten die Behaglichteit und der Wohlſtand der Bürger⸗ ſchaft gefördert wird. Ich denke nicht nur an Bauten von Brücken, ſondern auch an Bauten von Schulen, wo meiner Anſicht nach geſpart werden kann, ohne daß den äſthetiſchen und hygieniſchen Auf⸗ gaben Abtrag geſchieht. Wenn wir daher, meine Herren, auch für eine Ausſchußberatung eintreten, ſo tun wir dies, um auf dieſe Geſichtspunkte, die ich eben vor⸗ führte, hinweiſen zu können und insbeſondere geltend zu machen, bei welchen einzelnen Punkten jedenfalls geſpart werden kann. Und hier bin ich wieder in der glücklichen Lage, mit Herrn Kollegen Frentzel übereinzuſtimmen, indem auch wir glauben, daß zunächſt weiſe Enthaltſamkeit geübt und zunächſt die Anleihe noch nicht aus⸗ gedehnt werden ſoll auf die Koſten der Unter⸗ grundbahn zum Guſtav⸗Adolf⸗Platz und auf die Koſten für die Vergrößerung des Rathauſes. Für dieſe Aufgaben, ſo wünſchenswert ihre Durch⸗ führung auch ſein mag, ſcheint uns die Zeit noch nicht getommen zu ſein. Deshalb können wir für die beantragte Ausdehnung der Anleihe die Verantwortung nicht übernehmen. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Brichterſtatter Stadtv. Ruß (Schlußwort): Meine Herren, nur wenige Worte! Ich habe geglaubt, daß ich in die einzelnen Details, ſpeziell auf jede einzelne Poſition der ſo umfangreichen Vorlage heute nicht einzugehen habe, weil ja doch nach der Ausſchußberatung der Magiſtratsantrag hier noch einmal vor dem Hauſe wird vertreten werden müſſen. Vorſteher Kaufmann: Wir kommen zur Ab⸗ ſtimmung Es iſt vorgeſchlagen, die Vorlage einem Ausſchuſſe von 15 Mitgliedern zu überweiſen. Ich werde die Namen der 15 Herren, die vor⸗ geſchlagen ſind, zur Verleſung bringen; ich bemerke aber, daß bei der Wichtigkeit der Vorlage auf das Erſcheinen dieſer Herern in der Ausſchußſitzung mit Beſtimmtheit gerechnet werden muß, und ich teile daher ſchon heute mit, wann ich den Aus⸗ ſchuß einberufen werde, damit die Herren, die verhindert ſind, das ſagen, um einen anderen an ihrer Stelle zu nominieren. Ich werden den Ausſchuß ſchon auf den 10. dieſes Monats ein⸗ berufen. In Vorſchlag gebracht ſind die Herren Bollmann, Dr Flatau, Dr Frentzel, Gredy, Haack, Klick, Dr Liepmann, Mann, Otto, Rackwitz, Dr Röthig, Ruß, Schwarz, Zietſch und Kauf⸗ mann. — Wenn ich keinen Widerſpruch höre, ſtelle ich feſt, daß die Herren gewählt ſind. Auf Freitag, den 10. dieſes Monats, um 6½ Uhr werden die Einladungen erfolgen. Sollten wir mit einer Ausſchußſitzung nicht fertig werden, habe ich als den zweiten Tag Donnerstag, den 16. vorgeſehen. In den Ausſchuß zu Nr. 9 der Tagesordnung atten die Herren Herrn Kollegen DrRöthig gewählt.