272 Sitzung vom zu bezeichnen ſind, ausreichende Kleinwohnungen in genügender Anzahl hergeſtellt werden. Da fürchte ich leider, daß, wenn ſpäter der Magiſtrat auf Grund der Vorſchläge des Wohnungsamts oder der Deputation mit beſtimmten Vorlagen an die Stadtverordnetenverſammlung herantritt, dann dieſe Vorlagen nicht ſo leicht verabſchiedet werden, wie es erforderlich iſt. Wir haben ja leider auf dieſem Gebiet ſehr traurige Erfahrungen in Charlottenburg gemacht. Ich erinnere Sie daran, daß ſchon vor ungefähr 10 Jahren eine Wohnungs⸗ deputation eingeſetzt war, die ſich mit der Schaffung von Wohnungen für Minderbemittelte zu befaſſen hatte, die aber bisher noch nichts geleiſtet hat. Die einzige Vorlage, die ſeinerzeit vom Magiſtrat der Stadtverordnetenverſammlung unterbreitet wurde, konnte nicht verabſchiedet werden, weil der zu ihrer Beratung eingeſetzte Ausſchuß aus der Vorlage das gerade Gegenteil gemacht hatte. Meine Herren, mit der Organiſation im ein⸗ zelnen ſind wir, vorbehaltlich ganz kleiner Bedenken, einverſtanden. Ich möchte betonen, daß die Pe⸗ tition, die uns heute überreicht worden iſt, und die dahin geht, den Frauen einen erhöhten Anteil an der Verwaltung zuzugeſtehen, von meinen Freunden auf das wärmſte befürwortet wird. Es kann heute gar keinem Zweifel mehr unterliegen, daß die Frauen auf dem Gebiete der ſtädtiſchen Verwaltung, wo ſie bisher Gelegenheit hatten ſich zu betätigen, eine ſehr ſegensreiche Tätigkeit entfaltet haben. Das iſt nicht nur die Anſicht meiner Freunde, ſondern auf dieſem Standpunkt ſteht auch der Magiſtrat und die geſamte Stadt⸗ verordnetenverſammlung. Würden Sie auf einem anderen Standpunkt ſtehen, dann hätten Sie ja die Vorlage, mit der wir uns vorhin befaßt haben, die den Frauen größere Rechte in den Armen⸗ kommiſſionen einräumt, nicht debattelos annehmen dürfen. Gerade der Umſtand, daß Sie dieſer Vor⸗ lage ohne Debatte zugeſtimmt haben, läßt darauf ſchließen, daß Sie alle die ſegensreiche Tätigkeit der Frauen auf kommunalpolitiſchem Gebiete anerkennen. Ich kann aus Erfahrung ſprechen und ſagen, daß die Frauen in unſerer Armendirektion und in der Deputation für die Waiſenpflege min⸗ deſtens dasſelbe leiſten wie die Männer. Es iſt alſo ein durchaus berechtigter Wunſch der Frauen, daß ſie auch zu der Deputation für die Wohnungs⸗ pflege hinzugezogen werden. (Stadtv. Holz: Das geht doch nicht!) — Warten Sie doch ab! Wenn Juriſten etwas be⸗ haupten, dann iſt das Gegenteil gewöhnlich richtig. (Heiterkeit.) Es iſt nicht nur ein berechtigter Wunſch der Frauen, hinzugezogen zu werden, ſondern es liegt auch im allgemeinen Intereſſe, vor allem im ſozialen Intereſſe. Man ſagt nun, auf Grund des § 59 der Städte⸗ ordnung könnten die Frauen nicht hinzugezogen werden. Ja, meine Herren, wer zwingt uns denn, eine Deputation auf Grund des § 59 der Städte⸗ ordnung zu bilden“ Wir können ja den Para⸗ graphen umgehen, und ich hoffe, daß die Juriſten im Ausſchuß uns die Fingerzeige dafür geben werden, wie man den § 59 der Städteordnung umgehen kann. (Heiterkeit.) Wenn ſie das nicht run, ſo wird es von anderer Seite geſchehen. (Zuruf: Das dürfen wir ja gar nicht!) 8. Juni 1910 1 — Wir ſind ja gar nicht verpflichtet, die Depu⸗ tation auf Grund des § 59 zu bilden, ſondern wir können auch eine Deputation, die ganz denſelben Zweck erfüllt, auf anderem Wege bilden, und zwar ſo, daß wir an die rückſtändigen Beſtimmungen der Städteordgnung nicht gebunden ſind. Ich bin überzeugt, daß keine Behörde es wagen wird, uns da hineinzureden. Aber die Frage brauchen wir hier nicht zu erörtern; ich glaube, es genügt, wenn wir betonen, daß es der Wunſch hoffentlich der Mehrheit der Stadtverordnetenverſammlung und des Magiſtrats iſt, den Frauen von vorherein die gleiche Stellung in der Organiſation einzu⸗ räumen wie den Männern. Wenn geſagt wird, daß das nicht geht, ſo möchte ich doch darauf hin⸗ weiſen, daß der Magiſtrat ja ſpäter den Frauen ein beſtimmtes Amt übertragen will. Er will nur vorläufig noch nicht den Frauen die gleichen Rechte geben wie den Männern. Wenn das ſpäter möglich iſt, dann iſt es, ſollte ich meinen, doch jetzt auch ſchon möglich. Selbſtverſtändlich ſind wir auch dafür, daß in jeden Wohnungs⸗ ausſchuß eine Frau nicht nur gewählt werden kann, ſondern daß von vornherein beſtimmt wird, jedem Wohnungsausſchuß habe eine Frau an⸗ zugehören. Die Hauptſache wird natürlich ſein, wenn die neue Wohnungsinſpektion und das Wohnungs⸗ amt erſprießlich wirken ſollen, daß wir in der Aus⸗ wahl der Perſonen einen glücklichen Griff machen. Vor allen Dingen möchte ich davor warnen, Bureaukraten hineinzuwählen oder Leute, die die Aufgabe von einem gewiſſen polizeilichen Geiſte aus auffaſſen. In der Begründung ſeiner Vorlage erklärt zwar auch der Magiſtrat, daß er dieſe Ab⸗ ſicht nicht hat. Aber man weiß ja, daß manchmal der Wille des Menſchen nicht ſtark genug iſt, ſondern daß die Verhältniſſe ſtärker ſind. Ich hoffe jedoch, daß wir in der Beſetzung der Poſten keinen Fehlgriff tun und uns davor hüten werden, irgend⸗ welchen Bureaukratismus in dieſe wichtige Or⸗ ganiſation einziehen zu laſſen. Namens meiner Freunde kann ich erklären, daß wir dem Antrag auf Ausſchußberatung zu⸗ ſtimmen. Wir werden mit Freude an die Arbeit gehen, und wir hoffen, daß die Vorlage des Ma⸗ 124 noch vor den Ferien verabſchiedet werden wird. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.) Stadtv. Dr. Landsberger: Meine Herren, Sie werden es mir, der ich mich viele Jahre wiſſen⸗ ſchaftlich und literariſch mit der Wohnungsfrage beſchäftige, nicht verübeln, wenn ich meiner Ge⸗ nugtuung Ausdruck gebe, daß wir in Charlottenburg endlich eine ſolche Vorlage behufs Einrichtung eines Wohnungsamts bekommen haben, und daß wir damit den erſten und wichtigſten Schritt aller Wohnungsfürſorge, den Schritt zur Wohnungs⸗ aufſicht machen ſollen. Allerdings iſt in der Vorlage eine kleinere Zahl von Wohnungen als ſonſt üblich gegriffen: während die Aufſicht überall, wo ſie ein⸗ gerichtet iſt, bei Wohnungen von drei Zimmern an beginnt, ſoll ſie hier auf Zwei⸗ und Einzimmer⸗ wohnungen beſchränkt ſein. Aber da die Zahl der letzteren leider bei uns die beklagenswerte Ziffer von 36 000 erreicht, ſo wird das neue Amt genug zu tun vorfinden Das leere Haus, das die Bearbei⸗ tung dieſer Vorlage hier findet, macht auf mich keinen abſchreckenden Eindruck. Ich nehme an, daß