Sitzung vom 22. Juni 1910 mit der allergrößten Entſchiedenheit zurückweiſen. (Sehr richtig bei den Sozialdemokraten.) Meine Freunde haben ſehr genau gewußt, was in jener Sitzung beſchloſſen wurde und wofür ſie in jener Sitzung ſtimmten. Meine Herren, es iſt auch ſehr eigentümlich, daß von der liberalen Fraktion hier laut verkündet wird: mit der Wert⸗ zuwachsſteuer haben wir uns furchtbar übereilt. Ich konſtatiere das angeſichts der Tatſache, daß die Beſchlußfaſſung über die Wertzuwachsſteuer in Charlottenburg gerade durch das Bemühen der liberalen Herren jahrelang verſchleppt worden iſt, (ſehr richtig! bei den Sozialdemokraten.) ich konſtatiere, daß angeſichts dieſes Bemühens, nachdem endlich nach vielen Jahren ein Beſchluß gefaßt worden iſt, nunmehr dieſelben liberalen Herren ſagen: um Gottes willen, wir ſind da doch noch viel zu ſchnell geweſen. Dabei iſt über dieſe Wertzuwachsſteuer eine gemiſchte Deputa⸗ tion eingeſetzt worden, und dieſe gemiſchte Depu⸗ tation hat in einer ganzen Anzahl von Sitzungen ein ſehr reiches Material ſich vorlegen laſſen, hat ſehr reiflich beraten, und aus ſehr reiflicher Uber⸗ legung iſt die Wertzuwachsſteuer ſo hervorgegangen, wie ſie uns dann vorgelegt und wie ſie damals auch einſtimmig angenommen worden iſt. Trotz aller Bemühungen des Herrn Jolenberg kann ich noch immer nicht annehmen, daß am 14. März bei der Beſchlußfaſſung hier in der Stadt⸗ verordnetenverſammlung jemand war, der geglaubt hat, 25 000 von 100 000 ℳ ſeien 8½ %. (Stadtv. Jolenberg: Von 300 0001) Soviel haben Sie doch wohl alle von dem, was Sie in der Schule gelernt haben, behalten, daß Sie ſoweit noch die Regeldetri und die Zinsrech⸗ rechnung beherrſchen, um zu wiſſen, daß 25 000 von 100 000 ℳ auf den Prozentſatz berechnet eben 25 % und nicht 8½? % ſind. Wenn Herr Kollege Jaſtrow damals den Ausdruck Unſinn gebraucht hat, ſo vermute ich ſehr ſtark, daß der Ausdruck ſich darauf bezogen haben wird, daß jemand fragte, ob etwa die 25 000 ℳ auf 100 000 ℳ berechnet nur 8¼/ % ſein ſollen. Ich habe den Zuruf nicht gehört. Aber wenn die Frage ſo geſtellt war und Herr Kollege Jolenberg ſagt ja, er habe ſich eingehend beim Magiſtrat ſowohl wie in ſeiner Umgebung erkundigt, ob denn nun dieſe 25 000 Wertzuwachs berechnet auf 100 000 ℳ (Stadtv. Jolenberg: 300 000 ℳ.1) 25 oder 8½/ % ſind. Ich weiß nicht, wieviel Zeit Herr Kollege Jolenberg gehabt hat, um die Vorlage zu ſtudieren. Sie iſt ſo außerordentlich klar, daß in dieſer Beziehung ein Irrtum gar nicht entſtehen kann. Würde ich der Meinung auch nur entfernt nachgeben können, daß die Herren Magiſtratsmit⸗ glieder ebenfalls in einem ſolchen Irrtum befangen geweſen wären und gar nicht gewußt hätten, um was es ſich handelt, dann, muß ich geſtehen, würde ich bei einer eventuellen Wiederwahl dieſer Herren ſchwere Bedenken haben, ob ſie die nötige Qualifikation für dieſes Amt beſitzen. (Heiterkeit.) Meine Herren, logiſch iſt es natürlich, wie ſchon der Herr Kämmerer andeutete, daß die einzig mögliche Berechnung des Wertzuwachſes, die über⸗ haupt Anſpruch darauf erheben kann, vor irgend⸗ welcher logiſchen Prüfung zu beſtehen, diejenige iſt, die wir in unſerer Wertzuwachsſteuerordnung vorgenommen haben. Herr Kollege Brode und Herr Kollege Jolenberg wollten uns ja heute noch ein⸗ 293 mal Beiſpiele vorrechnen. Der eine ging von einem Grundſtück aus, das zu 50 000 ℳ, der an⸗ dere von einem, das zum Preiſe von 100 000 ℳ gekauft worden ſei. Bleiben wir bei dem letzten Beiſpiel, denn die Prozente berechnen ſich auf 100 immer ſehr viel einfacher und leichter, und es ſcheint ja, daß hier einige Herren ſind, denen die Prozentrechnung Schwierigkeiten macht. (Heiterkeit und Zuruf: Ihnen!) Bleiben wir alſo bei dem Beiſpiel mit 100 000 ℳ. Auf dieſem zu 100 000 ℳ. gekauften Grundſtück, ſagt Herr Kollege Jolenberg, ſollen Bauten im Werte von 200 000 ℳ aufgeführt werden, ſo daß im ganzen an Kapital 300 000 ℳ aufgewendet worden ſind. Nun ſoll das Grundſtück für 325 000 ℳ verkauft werden; es ſoll alſo ein Wert⸗ zuwachs von 25 000 ℳ entſtanden ſein. Es iſt ganz klar, daß, wie ich auch rechne, ob ich die Koſten vom Veräußerungspreis abziehe, ob ich die Bau⸗ toſten zum Anſchaffungspreis zuſchlage, ich unter allen Umſtänden immer nur den Wertzuwachs in der abſoluten Zahl von 25 000 ℳ bekomme. Jetzt fragt es ſich: wie iſt dieſer Wertzuwachs, den wir als einen unverdienten Wertzuwachs am Grund und Boden betrachten, entſtanden? Da ſtehen alle diejenigen, die Befürworter einer Wertzuwachs⸗ ſteuer ſind, und auch die liberalen Herren in den Wahlkämpfen, wenn ſie die Wertzuwachsſteuer vor ihren Wählern befürworten, (Rufe bei den Liberalen: Nanu!) auf dem Standpunkt, daß dieſer unverdiente Wert⸗ zuwachs ohne irgendwelches Zutun, ohne irgend⸗ welche Aufwendung von Arbeit entſtanden iſt, lediglich durch Zuwachs des Wertes für den Grund und Boden. (Stadtv. Jolenberg: Und das Haus?) — Das Haus gewinnt nicht an Wert, ſondern das Haus verliert, wie alle anderen Dinge in der Welt, außer dem Grund und Boden, mit der Zeit und durch die Abnutzung an Wert verlieren. Es gibt kein Haus, das durch die Benutzung wertvoller wird, ſondern jedes Haus wird durch die natürliche Abnutzung wertloſer. (Stadtv. Jolenberg: Und baut ſich allein!) — Herr Gott; das hat noch niemand behauptet, daß Häuſer ohne menſchliche Arbeitskraft und ohne Kapital gebaut werden. (Stadtv. Brode: Daß ſie aber ohne Nutzen ver⸗ 2 kauft werden ſollen!) Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch (unter⸗ brechend): Meine Herren, ich bitte, die Zwiſchen⸗ rufe zu unterlaſſen; wir werden ſonſt überhaupt nicht fertig. Stadtv. Dr. Borchardt (fortfahrend): Beim Wertzuwachs handelt es ſich nicht um den Wert⸗ zuwachs eines Gebäudes, ſondern um den Wert⸗ zuwachs am Grund und Boden. Würden meine Freunde, würden die Befürworter der Wertzu⸗ wachsſteuer jemals den Gedanken faſſen, daß der Wertzuwachs durch die Gebäude und durch die auf die Gebäude verwandte Arbeit entſtanden iſt, ſo würden ſie einer ſolchen Steuer nicht das Wort reden. Es iſt ganz ſelbſtverſtändlich, daß durch die Zuwendung von Kapital, durch die Zuwendung von Arbeit den Grundſtücken Wert zuwächſt, daß durch die Zuwendung von Arbeit und Kapital den Gebäuden Wert zuwächſt. Aber dieſen Wertzu⸗ wachs, der durch die Verwendung von Arbeit und