Sitzung vom 22. Juni 1910 295 zuwachs von 25 000 ℳ, und der muß beſteuert in ſeiner Geſetzgebung ſouverän iſt, kann dieſe werden. (Zuruf.) — Nur aus dem Grund und Boden, um einen anderen Wertzuwachs handelt es ſich bei der Wert⸗ zuwachsſteuerordnung nicht. — Inſofern alſo, als Berlin den Wertzuwachs von 25 000 ℳ unter allen Umſtänden beſteuert, iſt es nicht von ſo ſehr großer Tragweite, ob dieſe 25 000 ℳ als ent⸗ ſtanden auf 100 000 oder auf 300 000 ℳ berechnet werden. Gleichgültig iſt es natürlich auch für die Berliner Steuerordnung nicht, denn die Berliner Steuerordnung erhebt da, wo der Wertzuwachs einen größeren prozentiſchen Betrag ausmacht, zu der Grundſteuer, zu dem Einheitsſatz der Steuer noch Zuſchläge. Wenigſtens bleibt aber doch die Summe nicht ganz ſteuerfrei, wie es nach dem Ent⸗ wurf im Reiche ſein ſoll und wie es nach der Vor⸗ lage anderer Städte ſein ſoll, z. B. bei unſerer Nachbarſtadt Schöneberg, die die Berechnung des Herrn Jolenberg zugrunde legt und dabei 10 % ſteuerfrei läßt. Auch bei uns würden, da 10 % ſteuerfrei bleiben ſollen, dieſe 25 000 Wertzu⸗ wachs vollkommen verſchwinden. mit anderen Worten: das finanzielle Ergebnis dieſer Steuer hängt, ſoweit es ſich um unbebaute Grundſtücke, die ſpäter bebaut werden, handelt und gerade ſolche Objekte unterliegen ganz beſonders einer Bodenwertſteigerung — ganz und gar von dieſem Paragraphen ab, und wenn die Wertzuwachs⸗ ſteuer z. B. in Schöneberg ein völliges Fiasko er⸗ leben, wenn Schöneberg ein finanzielles Erträgnis aus ſeiner Wertzuwachsſteuer möglicherweiſe gar nicht haben wird und haben kann, dann wird es im weſentlichen mit daran liegen, daß die von Herrn Jolenberg befürwortete Berechnung der Schöneberger Wertzuwachsſteuer zugrunde liegt. Wenn wir ein finanzielles Erträgnis der Wert⸗ zuwachsſteuer haben wollen, ſo müſſen wir uns ſehr hüten, zu einer ſolchen Berechnung überzu⸗ gehen. Dann, meine Herren, machen ſie ſchon lieber gar keine Wertzuwachsſteuerordnung; dann ſtreuen Sie wenigſtens nicht den Wählern Sand in die Augen, als ob Sie den unverdienten Wert⸗ zuwachs am Grund und Boden beſteuern wollen, und nachher verklauſulieren Sie die Steuer in einer Weiſe, daß eben ein wirklicher Ertrag gar nicht herauskommen kann. Aber, meine Herren, auch wenn Sie dieſen Erwägungen nicht zugänglich ſein ſollten, auch dann wäre es von Ihnen doch taktiſch außerordentlich unklug, jetzt, im gegenwärtigen Moment eine Anderung unſerer Wertzuwachsſteuerordnung zu verlangen, die ihr Erträgnis überhaupt in Frage ſtellen würde. Freilich, Herr Jolenberg ſagte vor⸗ hin: die Wertzuwachsſteuer bringt ja gar keine Erträge —, und ſchob das darauf, daß unſere Steuerordnung den Umſatz im Grundſtücksmarkte gegenwärtig unterbinde. Ach, Herr Kollege Jolen⸗ berg, wenn der Grundſtücksmarkt gegenwärtig ſehr ſchwach iſt, dann liegt das an ganz anderen Urſachen; nicht zum geringſten liegt es daran, daß heutzutage kein Menſch weiß, wann eine Reichs⸗ wertzuwachsſteuer kommen wird und ob dieſe Reichswertzuwachsſteuer eine rückwirkende Kraft bis zum 1. April 1910 bekommen wird. Der Ent⸗ wurf der Reichswertzuwachsſteuer ſieht die rück⸗ wirkende Kraft bis zum 1. April 1910 vor. Stadt kann natürlich eine ſolche rückwirkende Kraft einer Steuer nicht verleihen; aber das Reich, das Eine rückwirkende Kraft verleihen. Dieſe rückwirkende Kraft war natürlich geboten und unumgänglich notwendig, wenn die Abſicht beſtand, noch vor der Vertagung des Reichstages die Wertzuwachs⸗ ſteuer unter Dach und Fach zu bringen und zu ver⸗ hindern, daß ſchnell vor Toresſchluß noch un⸗ geheure Umſätze getätigt wurden. Das wurde da⸗ durch vollkommen illuſoriſch, daß man die rück⸗ wirkende Kraft dem Geſetze bis zum 1. April 1910 beilegte. Aber mit dem Moment, wo dieſe Reichs⸗ wertzuwachsſteuer nicht mehr verabſchiedet wurde, wo ſie erſt wieder im November früheſtens vor⸗ gelegt werden kann und wo nun die Unſicherheit beſteht: wie wird ſie ausſehen, wird ſie auch, wenn ſie im Herbſt kommt, eine rückwirkende Kraft bis zum 1. April 1910 haben? — in dem Moment muß allerdings eine ganz außerordentliche Unſicher⸗ heit auf dem Grundſtücksmarkt Platz greifen, und wenn gegenwärtig der Grundſtücksumſatz ſo außer⸗ ordentlich ſchwach iſt, ſo ſind das zwar nicht die alleinigen Gründe, wohl aber ſind derartige all⸗ gemeine Momente mit beſtimmend und jedenfalls von weit eminenterer Bedeutung dafür als die Wertzuwachsſteuer in Charlottenburg. Meine Herren, ich ſagte, es wäre taktiſch un⸗ klug von Ihnen, gegenwärtig eine Anderung unſerer Wertzuwachsſteuer in der Richtung zu verlangen, daß die Steuer an ſich ſchon ſo geſtaltet wird, daß ſie eigentlich keine Erträge bringen kann. Denn mag die Reichswertzuwachsſteuer ausſehen, wie ſie will, das eine iſt ſchon heute ſicher: diejenigen Städte, die bei der Einführung einer Reichswert⸗ zuwachsſteuer im Beſitze einer Wertzuwachsſteuer ſind, werden von dem Reiche mindeſtens für einige Jahre hinaus einen ſolchen Anteil an der Wertzuwachsſteuer garantiert bekommen, wie er den in ihren Kommunen aufgekommenen Steuer⸗ beträgen entſpricht. Es iſt ganz zweifellos, daß ſich der Reichstag nicht über die Rechte der Kommunen in der Weiſe hinwegſetzen wird, wie es das Reichs⸗ ſchatzamt verſucht hat, ſondern daß in weitgehen⸗ dem Maße die Kommunen berückſichtigt werden, daß ſie mindeſtens für eine Reihe von Jahren aus der Reichswertzuwachsſteuer ſoviel bekommen, als ſie vorher ſelbſt gehabt haben. Wenn alſo nach der Reichswertzuwachsſteuer das auf die Gemeinden entfallende Steuerſoll nicht ebenſoviel beträgt, ſo wird es den Kommunen von dem auf das Reich entfallenden Steuerbetrage erſetzt werden. Wenn die Dinge ſo liegen, meine Herren, dann haben wir doch alles Intereſſe daran, ſo lange, bis die Reichs⸗ wertzuwachsſteuer in Kraft getreten iſt, eine Wert⸗ zuwachsſteuer zu haben, die auch wirklich nennens⸗ werte Erträge bringt; dann haben wir doch gar kein Intereſſe daran, unſere Wertzuwachsſteuer in dieſem Augenblick derartig umzugeſtalten, daß ſie ihrer Natur nuch für Charlottenburg gar keine Erträge bringen kann. Wenn wir ſie ſo laſſen, wie ſie iſt, ſodaß ſie Erträge bringen kann und einiger⸗ maßen Erträge bringen wird, dann werden wir, ſelbſt wenn wir ſpäter vom Reich gezwungen werden ſollten, die Steuerordnung in dem Sinne umzu⸗ ändern, wie es Herr Kollege Jolenberg will, doch ſolange, bis die Reichswertzuwachsſteuer in Kraft getreten iſt, unſere Steuer haben und höhere Er⸗ träge aus ihr ziehen, und wir werden dann auch ſpäter einen größeren Anteil aus der anders ge⸗ ſtalteten Steuer entnehmen dürfen. Schon aus dieſer einen rein praktiſchen Erwägung heraus