296 wäre es im höchſten Maße unklug, im gegen⸗ wärtigen Moment die Steuerordnung derartig umzuändern, wie das Herr Kollege Jolenberg voregſchlagen hat. Es kommt aber noch eins hinzu, was dieſe Er⸗ örterungen heute zu rein akademiſchen Erörte⸗ rungen machen muß. Ich habe heute vor 14 Tagen ſchon darauf hingewieſen, daß es mir nicht praktiſch erſcheint, derartige akademiſche Erörterungen ſtun⸗ denlang im Plenum zu führen, daß es beſſer ſei, in kleinerem Kreiſe, wenn ſich die Schar verlaufen hat, ſich darüber zu unterhalten. Aber, meine Herren, Sie haben das partout im Plenum verhandeln wollen, daran iſt alſo nichts zu ändern. Wir müſſen dieſe atademiſchen Erörterungen hier pflegen. Aber akademiſch müſſen ſie bleiben; denn irgend⸗ eine praktiſche Folge tann dieſer Antrag gar nicht haben. Nehmen Sie ſelbſt an, es würde Ihnen gelingen, bei ſchwachem oder ſelbſt bei ſtärter be⸗ ſetztem Hauſe eine kleine Mehrheit für Ihren An⸗ trag zu gewinnen: glauben Sie denn wirklich, daß der Magiſtrat einem derartig gefaßten Be⸗ ſchluſſe dann ſofort Folge geben kann? Folge geben muß — davon iſt gar keine Rede, wenn auch Herr Stadtverordneter Meyer — ſein Name ſteht nämlich merkwürdigerweiſe auch unter dieſem Antrag, vielleicht hat auch er nicht gewußt, was er beſchloſſen hat, — wenn Herr Stadtverordneter Meyer vielleicht auch wiederum in ſcharfen Tönen verlangen wird, daß der Magiſtrat ſofort das auf⸗ zuführen hat, was die Stadtverordnetenverſamm⸗ lung beſchließt. Meine Herren, täuſchen Sie ſich doch darüber nicht: das kann der Magiſtrat ja gar nicht. Wie kann es der Magiſtrat, nachdem nach jahrelanger Beratung — nicht in Übereilung, wie Herr Jolenberg meint —, nach jahrelanger Beratung eine in ſich zuſammenhängende Steuer⸗ ordnung beſchloſſen worden iſt, — wie kann der Magiſtrat da folgen, wenn eine Zufallsmehrheit der Stadtverordnetenverſammlung, oder ſelbſt wenn es keine Zufallsmehrheit, ſondern eine große Mehrheit wäre, einen einzelnen Punkt dieſer Steuerordnung herausgreifen und ihn abgeändert haben will! Gewiß iſt auch im Schoße des Ma⸗ giſtrats die Meinung verbreitet, daß unſere Wert⸗ zuwachsſteuerordnung keine ideale iſt. Ich weiſe bloß darauf hin, daß in ſehr weitgehendem Maße unſere Wertzuwachsſteuer Zinszurechnungen für die Beſitzer unbebauter Terrains geſtattet, deren Wert ſich ſteigert, wodurch eigentlich der ſoziale Kern der Wertzuwachsſteuer geradezu vernichtet wird. Ge⸗ rade die Spekulanten der unbebauten Terrains, die durch die Wertzuwachsſteuer getroffen werden ſollen, werden durch dieſe Beſtimmung nicht ge⸗ troffen, ſondern man kommt ihnen in weitgehend⸗ ſtem Maße entgegen. Nicht aus Übereilung, Herr Jolenberg, ſondern die Herren, die Ihren Anſichten huldigen, haben in dem Ausſchuß dieſe Beſtimmun⸗ gen nachdrücklich zur Geltung gebracht und haben es bewirkt, daß dieſe Beſtimmungen hineinge⸗ kommen ſind. Wenn man nun ſchon einmal an unſerer Wertzuwachsſteuer rühren, wenn man ſchon einmal ändern will, dann wird der Magiſtrat, der ſich ſicher darüber klar iſt, daß eine ganze Reihe von Punkten verbeſſerungsbedürftig ſein könnte, daß die Steuerordnung kein Ideal iſt, dieſe Wert⸗ zuwachsſteuerordnung von Grund aus reformieren wollen. Meine Herren, mich ſollen Sie dazu bereit finden, ich will ſehr gern dazu mitwirken, die Wertzuwachsſteuerordnung recht weſentlich um⸗ Sitzung vom 2 2. Juni 1910 zugeſtalten, freilich nicht in einer Richtung, an der Herr Jolenberg gerade große Freude haben würde. Wenn die Sachen aber ſo liegen, daß der Ma⸗ giſtrat unmöglich einen einzelnen Punkt heraus⸗ greifen kann, um ihn zu ändern, ſondern daß, wenn der Beſchluß einen Sinn haben ſoll, in eine gründliche Reformierung der geſamten Wert⸗ zuwachsſteuerordnung eingetreten werden muß, was hat dann, meine Herren, ein ſolcher Beſchluß was hat ein ſolcher Antrag für einen Sinn? Wollen Sie wirklich dem Magiſtrat zumuten, entweder allein oder mit der Stadtverordnetenverſammlung zunächſt in gemiſchter Deputation noch einmal jahrelang über eine Wertzuwachsſteuer zu beraten, angeſichts des Umſtandes, daß das Ergebnis dieſer Beratung, und wenn es von den erleuchtetſten Geiſtern ausgegangen wäre und ein Ideal einer Wertzuwachsſteuer herausſpringen würde, pro nihilo wäre, weil in abſehbarer Zeit das Reich käme und uns einen dicken Strich durch unſere geſamte Wertzuwachsſteuerordnung machte und ſagte: ihr habt die Steuer einzuführen, die das Reich beſchloſſen hat! (Zuruf bei den Liberalen.) — Meine Herren, das müſſen wir abwarten, ob die Reichswertzuwachsſteuer kommt. Jedenfalls iſt Herr Dzialoszynski nicht ſo eingeweiht in die geſamten politiſchen Verhältniſſe, daß ich auf ſein Wort allzuſehr bauen würde, im Vertrauen darauf, daß die Reichswertzuwachsſteuer nicht kommt. Vorläufig fürchte ich, daß ſie kommt, und ich ſage: ich fürchte, daß ſie kommt, weil ich annehme, daß es eine recht verſchandelte Wertzuwachsſteuer werden wird, die ſich in keiner Weiſe mit unſerer Wertzuwachsſteuer, ſo mangelhaft ſie jetzt auch noch iſt, wird meſſen können. Ich würde gern be⸗ reit ſein, unſere Wertzuwachsſteuer zu ändern, wenn ich ganz genau wüßte, die Reichswertzu⸗ wachsſteuͤer kommt nicht. Aber auch der Magiſtrat wird auf die Prophetengabe des Herrn Dzia⸗ loszynski (Heiterkeit.) nicht ſoviel geben können, daß er ſich in dieſem Moment angeſichts der Unſicherheit der Sachlage über das Kommen einer Reichswertzuwachsſteuer in weitſchichtige Beratungen über eine Reformie⸗ rung unſerer Wertzuwachsſteuer einlaſſen kann. Das iſt abſolut unmöglich. Ich würde wirklich gerade⸗ zu glauben, daß der Magiſtrat entweder ſträflich ſeine Pflicht verletzte, indem er ſich um die Dinge, die gegenwärtig notwendig in der Stadt ſind, weniger kümmert, oder daß die Mitglieder des Magiſtrats durch ihre Beſchäftigung nur eine außerordentlich geringe Zeit in Anſpruch genommen würden, wenn der Magiſtrat dazu kommen ſollte, ſich angeſichts dieſer Sachlage in lange Erörterungen über eine Neu⸗Formulierung der Wertzuwachs⸗ ſteuerordnung einzulaſſen. Meine Herren, aus allen dieſen Gründen, aus den inneren Gründen der Steuer an ſich, aus den rein taktiſchen Erwägungen, daß ihre Anderung uns ſchwer ſchädigen würde beim Kommen der Reichswertzuwachsſteuer, und ſchließ⸗ lich aus den Gründen, daß es ſich doch wirklich nur um akademiſche Erörterungen handeln kann, weil der Magiſtrat Ihren Beſchlüſſen beim beſten Willen gar nicht beitreten könnte, aus allen dieſen Gründen bitte ich, nachdem diejenigen Herren,