Sitzung vom 22. Juni 1910 demokratiſchen Fraktion im Etatsausſchuß in dieſer Angelegenheit mit meinen Freunden völlig über⸗ eingeſtimmt und dies mir gegenüber damals ſowie nochmals heute gelegentlich eines Privatgeſprächs ausdrücklich wiederholt hat. Ich erwarte, daß Herr Kollege Hirſch hiernach den verletzenden Teil ſeiner Bemerkungen als gegenſtandslos anſieht. (Hört! hört!). Stadtv. Dr. Borchardt (zur Geſchäftsordnung): Sie geſtatten mir vielleicht, im Namen des Kollegen Hirſch, der bereits fortgehen mußte, eine kurze Er⸗ flärung gegenüber der Erklärung des Herrn Kollegen Meyer zu verleſen: Die in der letzten Erklärung des Herrn Kollegen Meyer aufgeſtellte Behauptung entſpricht auch nach meinen nachträglichen Feſtſtellungen den Tatſachen. Die private Außerung eines meiner Parteifreunde konnte aber meines Erachtens Herrn Kollegen Meyer keinen Anhalt für die Stimmung oder für etwaige Beſchlüſſe meiner Fraktion geben. Vorſteher Kaufmann (den Vorſitz über⸗ nehmend): Damit iſt der Gegenſtand erledigt. Wir kommen zum nächſten Punkt der Tages⸗ ordnung: Vorlage betr. Feſtſetzung von Fluchtlinien für neue Straßen auf Weſtend. — Druckſache 197. Berichterſtatter Stadtv. Harniſch: Meine Herren, wenn ich Ihnen die Annahme der Ma⸗ giſtratsvorlage empfehle, ſo kann ich mich nicht nur „kürzer“ faſſen, ſondern ſogar „kurz“. Für die Annahme der Magiſtratsvorlage und für mich ſpricht der Plan, den Sie hier oben rechts auf der Tafel ſehen. Daraus können Sie entnehmen, daß Bauſtellen, die vor Aufnahme dieſer Straßen⸗ bebauungspläne eine Tiefe von ca. 60 m hatten, jetzt eine ſolche von 25 m haben werden. Daß die Bebauung ſolcher Grundſtücke natürlich weſentlich vorteilhafter für die Stadt iſt — es kann viel beſſer gebaut werden, es zieht beſſeres Publikum hin —, iſt klar. Da uns die Neuanlage keinen Pfennig koſtet, iſt darüber alſo nicht zu diskutieren. Es liegt für die Stadt in der Neuanlage ein ſolcher Vorteil, daß ich meine, wir ſtimmen der Magiſtratsvorlage zu, und ich bitte Sie darum. Stadtv. Dr. Flatau: Meine Herren, es handelt ſich um eine Vorlage von geringer Bedeutung, und ich werde für ſie ſtimmen. Ich möchte nur aus prinzipiellen Gründen nicht unterlaſſen, hervor⸗ zuheben, daß ich für die Vorlage ſtimme: nicht aus den Gründen, die der gedruckten Vorlage als Motive beigegeben ſind, ſondern lediglich aus den Gründen, die der Herr Berichterſtatter vorgetragen hat, — nämlich deshalb, weil die Annahme dieſer Vorlage dem Intereſſe der Stadtgemeinde entſpricht. Aus der gedruckten Begründung konnte man nämlich nur erſehen, daß die Neu⸗Weſtend⸗Aktiengeſellſchaft den Wunſch hegte, zwei von ihren Baublocks beſſer aufzuſchließen, und daß dieſem Erſuchen der Neu⸗ Weſtend⸗Aktiengeſellſchaft nachgetommen werden ſoll, weil die Sache weiter nichts koſtet. Ich bin der Anſicht, daß wir grundſätzlich an dem Bauflucht⸗ Iinienplan, der von ſämtlichen Inſtanzen der Stadt⸗ gemeinde, wie den Aufſichtsbehörden, feſtgeſtellt iſt, auch feſtzuhalten haben, weil nach dieſer be⸗ 301 hördlichen Feſtſtellung dieſer Bau dem allgemeinen und öffentlichen Intereſſe entſpricht. Irgendwelche Anträge von Intereſſenten, ſelbſt wenn ſie uns nichts koſten, ſind nur dann zu berückſichtigen — nicht et wa, wenn ſie den ſpe ziellen Intereſſen dieſer Intereſſenten entſprechen, ſondern wenn ſie den Intereſſen der Stadtgemeinde entſprechen. Da dies nach den Erklärungen des Herrn Referenten hier der Fall iſt, ſo kann auch ich für die Vorlage ſtimmen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt entſprechend dem Vorſchlage des Berichterſtatters nach dem Antrage des Ma⸗ giſtrats, wie folgt: 1. Dem Fluchtlinienplan vom 3. April 1910 betr. Anlegung der Straßen 350 zwiſchen Spandauer Chauſſee und Koburgallee ſowie 35d zwiſchen Gothaallee und Alten⸗ burgallee Abteilung V Sektion 5 wird zugeſtimmt. 2. Der Vertrag mit der Neu⸗Weſtend⸗Aktien⸗ geſellſchaft vom 2. Juni 1910 —Nr. 1192 des Urkundenverzeichniſſes der Stadt Char⸗ lottenburg — wird genehmigt.) Vorſteher Kaufmann: Punkt 14 der Tages⸗ ordnung: Vorlage betr. Feſtſetzung von Fluchtlinien für das Gelände zwiſchen Neue Kantſtraße, Königsweg, Witzlebenplatz und Lietzenſee. — Druckſache 198. Berichterſtatter Stadtv. Dr. Frentzel: Meine Herren, die Vorlage, die Sie jetzt beſchäftigt, iſt die Konſequenz des Beſchluſſes, den wir vor einigen Mo⸗ naten hier in geheimer Sitzung gefaßt haben. Sie wiſſen, das der Magiſtrat uns damals eine Vorlage gemacht hatte, die wir in der Ausſchußberatung ablehnten und aus der wir ein ganz anderes Ding herausſchälten, das ſowohl damals im Ausſchuß als auch hier in der Sitzung den allgemeinen Beifall fand und deſſen Quinteſſenz war, daß wir das ganze nordöſtliche Ufer des Lietzenſees — nicht nur, wie der Magiſtrat vorgeſchlagen hatte, einen Bruchteil desſelben — erwerben ſollten, und zwar erwerben ſollten nicht zu dem Zwecke, das ganze Ufer zu be⸗ halten und zu Park⸗ und Gartenanlagen zu ver⸗ wenden, ſondern um den an dem See gelegenen Uferteil varkähnlich auszugeſtalten, während die an der Straße, am Königsweg gelegenen Teile verkauft und zu Baugelände umgewandelt werden ſollten. Das war die Tendenz dieſes Beſchluſſes, und dieſem unſerm Beſchluſſe trägt die Ihnen heute vom Magiſtrat vorgelegte Ausführung Rechnung. Meine Herren, ich bin in der Frage der Flucht⸗ linienfeſtſetzung nicht gerade hervorragend ſach⸗ verſtändig. Ich möchte Sie bitten, bei der Beur⸗ teilung der Sachlage Ihr Auge auf die dort ange⸗ hefteten, ſehr anſchaulichen Pläne zu werfen. Sie werden dann mit einem Blicke gleich das ſehen, um was es ſich handelt, viel beſſer, als ich es Ihnen ſelbſt bei ausführlicher Darſtellung ſchildern könnte. Sie ſehen, daß zu dem als Part und Gartenanlage gedachten Streifen zwei Zugänge führen, und zwar die beiden natürlichen Zugänge, die durch die Lage der Dinge gegeben ſind, nämlich die Verlängerung der Sophie⸗Eharlotte⸗Straße und der Riehlſtraße. Sie führen an das Waſſer herunter und bedingen