304 meine Herren, ſtelle ich anheim, die Frage nach dieſer Richtung im Ausſchuſſe zu erörtern. Der Magiſtrat hat zu dieſer Frage noch keine Stellung genommen. Ich möchte aber doch nochmals darauf hinweiſen, daß das Projekt, das der Magiſtrat Ihnen ſeinerzeit vorgelegt hatte, von dem Geſichtspunkte ausging, den beſtehenden Baumbeſtand zu erhalten, daß aber die Stadtverordnetenverſammlung eine andere Willensmeinung geäußert und der Magiſtrat ſich dieſer gefügt hat in der Erkenntnis, daß es doch immerhin möglich ſein wird, das, was nunmehr neu geſchaffen werden ſoll, auch ſo auszugeſtalten, daß alle Teile dadurch befriedigt werden. Stadtv. Dr. Frentzel: Meine Herren, dem Herrn Kollegen Liepmann möchte ich zunächſt ein⸗ mal vorhalten, daß hier ein Gemeindebeſchluß vor⸗ liegt und daß, wie ich bereits zu Anfang meiner Aus⸗ führungen ſagte, dieſes Projekt die Ausführung dieſes Gemeindebeſchluſſes iſt. Das ſtimmt auch ziemlich mit den Zahlen, die Sie hier finden. Es wäre alſo zunächſt nötig, wenn man eine derartige generelle Anderung vornehmen will, dieſen Ge⸗ meindebeſchluß aufzuheben. Dazu gehört nicht nur die Stadtverordnetenverſammlung, ſondern auch der Magiſtrat. Im übrigen, glaube ich, kann der Herr Kollege Liepmann ſich ganz beruhigen. Es gibt hier nur zwei Möglichteiten: entweder die Vor⸗ lage des Magiſtrats in Ausführung des Gemeinde⸗ beſchluſſes annehmen oder von jedem Verkauf Ab⸗ ſtand nehmen. Wenn Sie dazwiſchen kleinere Anderungen machen wollen, Herr Kollege Liep⸗ mann, ſo werden die ſehr teuer werden und im Effekt gar nichts bedeuten. Es iſt unzweifelhaft richtig, daß, wenn Sie den ganzen Streifen unbebaut laſſen, der Effekt nach der äſthetiſchen Seite ein beſſerer ſein wird. Ich möchte Sie aber doch daran erinnern, daß damals die An⸗ ſicht wenigſtens der überaus großen Mehrzahl der Stadtverordneten dahin ging, daß dazu unſere Mittel nicht reichen. Herr Kollege Liepmann, Sie irren ſich auch, wenn Sie glauben, daß wir die Koſten ſchon bezahlt haben. Nein, wir ſollen ſie erſt bezahlen! Wir werden uns morgen bei der Anleihe darüber zu unterhalten haben. Wenn wir Ihrem Vorſchlage folgen und danach beſchließen wollten, müßten wir die Anleihe, gegen deren Höhe Sie ſchon in ſo ſcharfen Worten polemiſiert haben, noch weiter erhöhen, ganz abgeſehen davon, daß ich in keiner Weiſe mit Ihnen in bezug auf die Auswahl der Objekte übereinſtimmen kann, wo wir auf der einen Seite verſchwenderiſch vorgehen ſollen und auf der andern Seite ſparen wollen. Ich glaube, für dieſe Gegend und für dieſes Objekt bringen wir mit dem, was es uns koſten wird, nämlich ca. 1½ Millionen Mart, bereits ein Opfer, das reichlich erſcheint. Ich glaube nicht, daß wir in Anbetracht der Steuerkraft der übrigen Charlottenburger Bürger hier noch weiter gehen könnten, ſo ſehr es auch aus äſthetiſchen Gründen vielleicht angenehm wäre. Das durchzu⸗ ſetzen, erlaubt uns die gegenwärtige Finanzlage g nicht. Wenn wir noch Geld übrig haben, dann könnte ich Ihnen, Herr Kollege Liepmann, eine ganze Reihe von Dingen noch aufzählen, für die ich die Verwendung der 1% Millionen für nötiger und zweckmäßiger hielte als für den Ankauf dieſes ge⸗ ſamten Geländes, ganz abgeſehen davon, daß ich glaube, daß die Geſtaltung ſo, wie ſie der Magiſtrat vorſchlägt, ſehr bald — nicht ſofort, aber in einigen Jahren — ſo ſchön ſein wird, daß kein Menſch Ur⸗ % Sitzung vom 22. Juni 1910 wird, ſich über die Knaufrigkeit der ſache haben in dieſem Punkte Stadtverordnetenverſammlung zu beklagen. (Bravo!) Stadtv. Dr. Liepmann: Meine Herren, ich glaube doch, daß die Gegend eine parkähnliche An⸗ lage wohl brauchen kann, ja ſogar ſehr nötig hat. Wenn Sie ſich die Karte anſehen, werden Sie finden, daß außer dem bisher noch nicht bebauten Exzerziergelände, das doch wahrſcheinlich der Be⸗ bauung anheimfallen wird, kein freier Platz bis nach dem Reichskanzlerplatz hin vorhanden iſt. Wenn Sie weiter bedenken, daß die in der Rühe liegenden Teile des Grunewalds, wo ſich die Heil⸗ ſtätten und die Waldſchulen befinden, auch ſtark ge⸗ fährdet ſind — mir iſt geſagt worden, daß ſie mit Sicherheit über kurz oder lang der Privatſpekulation zum Opfer fallen werden —, dann muß man ſich doch ſagen, meine Herren, daß dieſe Gegend dringend nötig freie Plätze braucht, insbeſondere als Tummelſtätte für unſere Jugend. Weiter wird, wenn wir eine ſo intenſive Be⸗ bauung am Lietzenſee, wie die geplante, unter⸗ laſſen, das ganze Viertel, und damit auch unſer Terrain am Exzerzierplatz, an Wert bedeutend ge⸗ winnen und ſo etwas von den Mehrkoſten, die wir durch Unterlaſſung der Bebauung tragen müßten, wieder eingebracht werden. Ferner würde die An⸗ legung des Parks ſich bedeutend billiger ge⸗ ſtalten, wenn wir nicht auf künſtliche Weiſe große Bäume dort hinzubringen brauchen, ſondern auf den natürlichen Baumbeſtand zurückgreifen können. Mein Antrag gründet ſich ja nicht nur darauf, daß ich abſolut das eine oder andere will, ſondern ich wünſche, daß die Angelegenheit nochmals in einem Ausſchuſſe beraten und von allen Seiten beleuchtet wird; mögen wir dann dazu kommen, die Bebauung ganz zu unterlaſſen oder durch eine andere Art der Bebauung wenigſtens etwas mehr Luft, Licht und Bewegungsfreiheit um den Lietzenſee zu ſchaffen, als es nach dem jetzigen Bebauungsplan geſchehen würde. Vorſteher Kaufmann: Das Wort wird nicht weiter verlangt. Der Herr Berichterſtatter ver⸗ zichtet. Wir kommen zu Abſtimmung. Herr Kollege Dr Liepmann beantragt, einen Ausſchuß von 15 Mitgliedern zur Beratung der Vorlage einzuſetzen. (Der Antrag wird abgelehnt. Die BVer⸗ ſammlung beſchließt entſprechend dem Vorſchlage des Berichterſtatters nach dem Antrage des Magi⸗ ſtrats, wie folgt: Der Fluchtlinienplan betr. die Feſtſetzung von Fluchtlinien für das Gebiet zwiſchen Neue Kantſtraße, Königsweg, Witzlebenplatz und Lietzenſee vom 25. Mai 1910 wird genehmigt.) Ich bemerke, daß hierzu eine Eingabe einge⸗ angen war, die auf dem Tiſche des Hauſes lag. Ob die Herren Einblick genommen haben, weiß ich nicht; jedenfalls iſt dieſe Eingabe, die auch für die Erhaltung des Geländes plädierte, durch die Be⸗ ſchlußfaſſung erledigt. Da ein großer Teil der Herren Stadtverord⸗ neten Intereſſe an den Verhandlungen des Aus⸗ ſchuſſes zur Vorbereitung der Anleihe nimmt, möchte ich mitteilen, daß die Sitzung, die für morgen auf 6 Uhr angeſetzt war, erſt um 7% Uhr beginnen wird.