316 1 Verwalter des Wohnungsnachweiſes — wird. Andererſeits wird Klaſſe F IV — wird zugeſtimmt Zur erſten Einrichtung und zur Beſoldung werden 10 000 ℳ aus dem Dispoſitionsfonds bewilligt 3 Von den abgedruckten „Grundſätzen über die Beſchaffenheit von Wohnungen und die Wohnweiſe“, „Geſchäftsordnung für die Organe der Wohnungspflege“ wird Kenntnis genommen und der Magiſtrat erſucht, die auf Druckſeite 368 der Vor⸗ lagen angegebenen Anderungen eintreten zu laſſen. 4 Die Deputation zur Beratung über die Frage der Beſchaffung von Wohnungen für die minderbegüterten Klaſſen, insbeſondere für die ſtädtiſchen Arbeiter, wird aufgehoben 5. Die vorliegende Petition wird als erledigt erklärt. Ich empfehle nochmals die Annahme dieſes Aus⸗ ſchußantrags. Stadtv. Dr. Liepmann: Meine Herren, das⸗ jenige Mitglied, auf welches der Herr Bericht⸗ erſtatter Bezug genommen hat, das ſich nicht ent⸗ ſchließen konnte, im Ausſchuſſe der Vorlage zuzu⸗ ſtimmen, war ich. Ich tat es aber nicht aus prin⸗ zipieller Abneigung gegen die Idee, wie er ſchon er⸗ wähnte, ſondern aus praktiſchen Geſichtspunkten. Meine Freunde und ich ſind von der Erkenntnis durchdrungen, daß Wohnungsreform und zu dieſem Zwecke Wohnungsaufſicht dringend erforderlich iſt. Auch den Zwang nehmen wir als Folgeerſcheinung mit in Kauf. Wir freuen uns auch, daß die frei⸗ ſinnige Mehrheit auf dieſen Standpunkt gekommen iſt, wenn er auch dem Prinzip des laisser faire laisser aller nicht entſpricht. Wir ſind auch bereit, für die angeſtrebten hohen ſozialen Ziele der Ge⸗ meinde Laſten aufzubürden, und ſolche Laſten, meine Herren, bringt die Vorlage in Hülle und Fülle, materielle wie ideelle. Hierbei kommt die Erhöhung des Beamtenetats, die, da nur Anfangs⸗ gehälter zunächſt in Frage kommen, auf 15 000 4 berechnet worden iſt, gegenüber den weiter aus der Vorlage zu gewärtigenden Laſten nicht für mich in Betracht, wenn auch eine Steigerung der Aus⸗ gabe für Beamtenſtellen über den Voranſchlag hinaus ſich als notwendig herausſtellen wird, da mit 5 Beamten die Vorlage nicht wirkungsvoll ausgeführt werden kann. Viel mehr kommen für uns in Betracht die durch die Erſtellung von paſſenden Wohnungen entſtehenden Koſten. Dieſe werden ſich bald als ſehr beträchtliche, in viele Tauſende gehende er⸗ weiſen, wenn ſich wirklich zeigen ſollte, daß ein ſolches Wohnungselend auch hier in Charlotten⸗ burg exiſtiert wie in anderen Städten. Ferner, meine Herren, werden ſich durch das Erfordernis, mehr Raum in den Wohnungen zu ſchaffen, die Koſten ſowohl für den Baugrund, als für die Herrichtung ſteigern. Ich erinnere nur an die meiner Anſicht nach extravagante Vorſchrift, daß jede Wohnung, auch die Einzimmerwohnung, möglichſt einen eigenen Abort aufweiſen ſoll. Wird ſo die Herſtellung von Wohnungen ver⸗ teuert, ſo werden dies nicht nur die Grundbeſitzer, ſondern auch die Mieter fühlen, auf welche jeden⸗ falls ein Teil der Preisſteigerung abgewälzt werden Sitzung vom 29. Juni 1910 hiernach auch der Armen⸗ etat, der doch nach dem Mindeſtmaß des Erforder⸗ lichen ſeine Aufwendungen einrichten muß, an⸗ ſchwellen und, ſoweit nicht eine Abwälzung den Grundbeſitzern hilft, werden ſie eine Verminderung des Wertes Ihres Beſitzes und ihrer Einnahmen erleiden. Das gleiche trifft auch auf Aftervermieter und Schlafſtellenwirte zu. Viele von den Frauen und Arbeitsunfähigen, welche ſich durch ein der⸗ artiges Abvermieten noch notdürftig erhalten können, werden durch die vorgeſehenen Einſchrän⸗ kungen erwerbslos gemacht werden und der Ar⸗ menpflege zur Laſt fallen. Ich komme ſchließlich zu der Laſt, die ſich als eine Beläſtigung erweiſen wird, auf das Eindringen des Wohnungspflegers und den Eingriff der Polizei. Meine Herren, da nützt keine Schönfärberei, wie ſie die Begründung der Vorlage und auch der Herr Referent auszuführen verſuchten, daß die Vorlage eine Aufſicht bringe, die nur eine pflegliche Ein⸗ richtung ſei. Ja, meine Herren, eine pflegliche Einrichtung, eine Wohlfahrtseinrichtung wird die Aufſicht für die Berechtigten werden den Ver⸗ pflichteten gegenüber bedeutet ſie Zwang, ſei es moraliſchen, ſei es direkt polizeilich durchgeführten Zwang. Selbſt die Denkſchrift eines ſo begeiſterten Freundes der Wohnungsreform wie unſeres Stadt⸗ rats Seydel hat doch zugeben müſſen, daß die Vor⸗ lage einen „tiefen und ungewohnten Eingriff in die Privatrechte“ darſtelle. Denken Sie nur daran, meine Herren: es ſollen in allen Wohnungen alle Gelaſſe für Dienſtboten und Angeſtellte der Auf⸗ ſicht unterſtellt werden! Wieviele Streitigkeiten, wieviele grundloſe Anzeigen, wieviele Schikanen, wieviel Argernis werden für die Arbeitgeber hier⸗ durch hervorgerufen werden! Aber ich gebe zu, daß alle dieſe Härten für eine wirkungsvolle Wohnungsreform unerläßlich ſind. Die Abmilderung, wie ſie etwa dadurch verſucht wird, daß Ehrenbeamte ſtatt beſoldeter Angeſtellten das Wohnungsamt bilden ſollen, würde auch meiner Anſicht nach nicht zum Ziele führen. Dagegen halte ich es für ſehr möglich und für ſehr erfreulich — ich ſtimme darin durchaus dem Herrn Referenten bei —, daß Frauen, ſoweit es die Städteordnung zuläßt, hinzugezogen werden ſollen, und daß we⸗ nigſtens inſoweit die eingegangene Petition berück⸗ ſichtigt werden kann. Gerade die Hausfrau iſt doch am innigſten mit ihrer Wohnung verwachſen und tennt am beſten die Bedürfniſſe und Mängel, unter welchen die Bewohner zu leiden haben. Ich faſſe meine Ausführungen nach dieſer Abſchweifung zuſammen: die Vorlage bringt er⸗ hebliche Erhöhungender Gemeinde laſten, eine Wertminderung d e s Grundbeſitzes und eine Erhöhung der Wohnkoſten. Dieſem Fazit gegenüber ſind meine Freunde und ich nicht der Anſicht, daß Char⸗ lottenburg ſich mit der Neuerung allein heraus⸗ ſtellen und allein ſo erhebliche Laſten auf ſeine Schultern nehmen kann, zumal wir noch genügend beſchwert ſind mit Opfern an Geld und Arbeit für die Löſung anderer wichtiger ſozialer Aufgaben. Alſo bei aller Anerkennung der Notwendigkeit, die Wohnungsrefrom zu einer gedeihlichen Löſung zu führen, müſſen wir auch für das wirtſchaftliche Gleichgewicht in unſerer Kommune ſorgen und ein richtiges Augenmaß für die mögliche Anſpannung unſerer Kräfte haben. Derartige um wäl zende ſoziale Neuerunge n müſſen durch Reichs⸗