Sitzung vom 29. Juni 1910 337 iſt noch nicht ein Pfennig für Grunderwerb ge⸗ rechnet. Alſo mit Volksbadeanſtalten iſt gar nicht zu rechnen bei dieſer Summe. Wir wollen es nicht unterſtützen, daß man in der Bevölkerung nach dieſer Richtung falſche Hoffnungen erweckt. (Sehr richtig!) Anderſeits ſehen wir, daß eine Badeanſtalt — der Ausſchuß hat dieſen Ausdruck mit großem Bedacht gewählt, er hat ſich über die Frage lange unter⸗ halten — doch mindeſtens das enthält, was wir von einer guten Volksbadeanſtalt unter allen Um⸗ ſtänden verlangen, daß alſo die Vol ks badeanſtalt in der Badeanſtalt bereits enthalten iſt. Wenn nun die Badeanſtalt außerdem Einrichtungen bringt, die keine finanzielle Mehrbelaſtung, ſondern eher eine finanzielle Entlaſtung bedeuten, ſo wollen wir nicht durch Unterſtützung des Antrags Jaſtrow dazu beitragen, daß wir uns dieſe Möglichkeit ab⸗ ſchneiden. (Sehr richtig!) Was ferner die Frage der 4 Millionen für die Untergrundbahn angeht, ſo ſtehen ſich da die Meinungen in unſerer Fraktion ziemlich gleichmäßig gegenüber. Der ganze Stimmenunterſchied betrug drei Stimmen. Darum halte ich mich für ver⸗ pflichtet, im Namen dieſer ſtarken Minderheit hier mit allem Nachdruck zu erklären, daß wir für die 4 Millionen aus vollſter Überzeugung eintreten. Der Herr Oberbürgermeiſter erinnerte daran, daß er vor 12 Jahren ſchon, als er in die ſtädtiſche Verwaltung eintrat, Wünſche des Stadtteils nörd⸗ lich der Spree vorfand. Meine Erinnerung reicht über 16 Jahre, und ich weiß wie heute, daß bei meinem Eintritt in dieſe Verſammlung ſchon dieſe Wünſche vorlagen. Es iſt ganz richtig, wenn Herr Kollege Dr Borchardt geſagt hat, daß gerade meine Freunde ſich dieſer Wünſche — es war das in der Vergangenheit leider nicht anders mög⸗ lich — durch Worte immer angenommen haben. (Sehr richtig!) Ich muß ebenſo zugeben, daß ſehr wohl der Eindruck erweckt werden kann, daß in dem Augenblick, wo nun die erſte praktiſche Gelegenheit ſich zeigt, dieſen Wünſchen auch eine reale Grundlage zu geben, die⸗ ſelben Herren womöglich verſagen, die ſich bis dahin in Worten dieſer Wünſche angenommen haben. (Bravo!) Meine Herren, dieſen Eindruck möchte ich nach keiner Richtung hin unterſtützen. Wenn Herr Kollege Wöllmer hier geſagt hat, er erkennt die Not⸗ wendigkeit an, dem Stadtteil nördlich der Spree eine beſſere Verbindung zu geben — ein Satz, den ich mit allem Nachdruck unterſtreiche —, dann dürfen Sie doch nicht in demſelben Augenblick die Möglichkeit, die ſich Ihnen bietet, dieſe Notwendig⸗ keit etwas der Verwirklichung näher zu führen, aus⸗ ſchließen, (Sehr richtig!) indem Sie ſagen: die Frage der Untergrundbahn kommt für dieſen Stadtteil nicht in Betracht, und kalt lächelnd die Poſition für die Untergrundbahn ſtreichen. Was hilft dem Stadtteil die Vertröſtung eventuell auf Straßen⸗ und Niveaubahnen, vondenen Herr Kollege Wöllmer doch genau weiß, daß deren Verwirklichung viel weniger in unſerer Macht liegt als der Bau einer Untergrundbahn! Wir werden alſo aus Intereſſe für dieſen Stadtteil mit allem Nachdruck für die Bewilligung eintreten, und wir verbinden damit zugleich die Abſicht, auch dem ſogenannten Alt⸗Charlottenburg zu helfen. (Sehr richtig!) Wir ſchaffen dadurch ein großes Hinterland für Alt⸗ Charlottenburg, und wir verhindern, daß der Wil⸗ helmsplatz womöglich für alle Zeit zu einer Sack⸗ bahn verurteilt iſt. (Bravo!) Meine Herren, uns leiten aber dabei auch noch Geſichtspunkte, die im eigenſten Intereſſe der Stadt ſelbſt liegen. Es iſt ſowohl von dem Herrn Syndikus als von dem Herrn Oberbürgermeiſter mit Recht darauf hingewieſen worden, daß wir im Stadtteil nördlich der Spree über große Ländereien verfügen, die dicht vor der Bebauung ſtehen, die aufgeſchloſſen werden müſſen. Wenn wir jetzt eine Untergrund⸗ bahn einſetzen, um uns die Möglichkeit, uns über das Projekt zu unterhalten, zu wahren, ſo handeln wir damit im ureigenſten ſtädtiſchen Intereſſe. Wir haben den Volkspark dort drüben. Ein Drittel des Volksparts iſt zur Bebauung zugelaſſen. Wir müſſen dieſe Bebauung unterſtützen, indem wir dieſem ziemlich entlegenen Teile Charlottenburgs eine gute Verbindung liefern, damit gerade dieſer Teil ſich bewußt iſt, daß er zu Charlottenburg gehört. Die Bebauung dort in der Nähe des Volksparks, in einer geſunden Gegend, hat alle Anzeichen dafür, daß auch ein ſteuer und kaufkräftiges Publikum ſich dort anſiedelt, und das werden wir je mehr hinziehen, je mehr wir Gelegenheit bieten, durch gute Verbindungen dieſen Stadtteil uns näher zu rücken. Meine Herren, dieſe Gründe werden uns auch bei der weiteren Beratung leiten. Ich kann im Namen der ſtarken Minderheit meiner Freunde erklären, daß der ganze Verlauf der Debatte uns in unſeren Anſchauungen nur unterſtützt hat. (Bravo!) Sta dtv. Dr. Röthig: Nur wenige Worte! Ich hatte mich zum Worte gemeldet, um gegen den An⸗ trag Jaſtrow Stellung zu nehmen. Nach den Aus⸗ führungen des Herrn Kollegen Otto zu dieſem Punkte, die ich Wort für Wort unterſchreibe, ver⸗ zichte ich weiter aufs Wort und bitte nur, den Antrag Jaſtrow abzulehnen. Sta dtv. Harniſch: Meine Herren, ich ſchließe mich dem Vorredner an und bitte Sie recht herzlich, dasſelbe zu tun. Ein Luxusbad bauen wir nicht, wenn wir eine Badeanſtalt bauen, die in jeder Be⸗ ziehung modern iſt und nur das bringt, was man heutzutage machen muß, die für eine Volksbade⸗ anſtalt große Räume vorſieht, die derartig ange⸗ ordnet ſind, daß ſie allerdings auch zur Freude jedes anderen benutzt werden können. Ein Luxus⸗ bad iſt ein großes und anſtändiges Volksbad noch lange nicht. Wenn wir durch die Einnahmen, auch aus Reſtaurationsbetrieb, die Zuſchüſſe, die wir jetzt bei unſerer Volksbadeanſtalt zu leiſten haben, und die annähernd 50 000 ℳ betragen, zu decken ſuchen, ſo iſt das ſicher kein Luxus, ſondern eine Notwendigkeit. Ich bin ſpeziell gegen das Wort Luxusbad. Ich möchte Sie nochmals bitten, gegen den Antrag Jaſtrow Stellung zu nehmen. Vorſteher Kaufmann: Meine Herren, es iſt n Reſolution eingegangen, die folgendermaßen autet: Der Magiſtrat wird erſucht, bei ſeinen Entwürfen insbeſondere Schwimm⸗ und Badc⸗