338 einrichtungen zu volks-ümlichen Preiſen zu berückic1 (Zurufe: — Von Herrn Kollegen Herr Kollege Gredy das nung verlangt. (Stadtv. Gredy: Von wem?) Gredy. Außerdem hat Wort zur Geſchäftsord⸗ Nein, zur Geſchäftsordnung nicht) Mit Einverſtändnis der beiden folgenden Redner will Herr Kollege Wöllmer mit Herrn Kol⸗ legen Crüger, der nach ihm auf der Liſte ſteht, tauſchen. Stadtv. Dr. Crüger: Meine Herren, ich muß offen geſtehen: nach den Ausführungen der Herren Vorredner iſt cs, wenn man objektiv der Sache gegenüberſteht, viellcicht nicht ganz einfach, hier zur Sache zu ſprechen. Man könnte nämlich auf den erſten Bilck des Glaubens ſein, daß die ver⸗ ſchiedenen Anſichten ſchroff einander gegenüber⸗ ſtehen, daß der eine Teil z. B. meiner mir näher ſtehenden Fraktionsfreunde für die Erſchließung von Nordweſt iſt, während der andere Teil durch⸗ aus nicht dafür zu haben iſt. Kollege Freund Otto hat hier geſagt, im Namen der ſtarken Minderheit der liberalen Fraktion könne er die Erklärung ab⸗ geben, daß man dem Stadteil Nordweſt das leb⸗ hafteſte Intereſſe entgegenbringt, daß man die Erſchließung des Stadtteils ſo bald wie möglich erſtrebe. Meine Herren, namens der Mehrheit der liberalen Fraktion (Heiterkeit) kann ich genau dieſelbe Erklärung abgeben. Wenn wir uns jetzt der Volksbadeanſtalt zu⸗ wenden wollen, ſo war der Antrag, der eingebracht wurde, ganz charakteriſtiſch: es ſoll eine Bade⸗ anſtalt ſein, es ſollen aber zu volkstümlichen Preiſen Bäder zur Verfügung geſtellt werden. Vielleicht noch charakte riſtiſcher war der Verſuch des Herrn Kollegen Dr Borchardt, die Sache hier klarzuſtellen, indem er die Worte Volksbadeanſtalt und Bade⸗ anſtalt ein bischen hin und her warf, um uns auseinanderzuſctzen, wir ſollten für die Badeanſtalt ſein, dann hätten wir die Volksbadeanſtalt ja mit cinbegriffen. Es kamen dann andere Kollegen, einer erinnerte an die Zeiten des alten Roms und wies auf die Prachtbäder hin. Nun weiß ich nicht, = die beiden Herren, die vielleicht für die gleiche Poſu. ſtimmen werden, von dem gleichen Ge⸗ danken ausgehen. Das ſcheint mir nicht; ich glaube nicht, daß die Herren von der ſozialdemokratiſchen Fraktion, die übrigens heute von einer bewun⸗ dernswerten Freigebigkeit bei der Anleihe ſind (Heiterkeit) — ich glaube, ſie haben die Neigung, noch den Magiſtrat zu ügertrumvfen, ich habe ſelten Ge⸗ legenheit gehabt, ſie bei Anleihefragen mit ſo offenen Taſchen zur Verfügung zu ſehen, wie in dieſem Augenblick —, (Stadtv. Wilk: Bei ſolchen Sachen immer!) ich glaube nicht, daß die Herren von der ſozialde⸗ mokratiſchen Fraktion große Neigung haben werden, für Anlagen einzutreten, die uns die alten rö⸗ miſchen Bäder hervorzaubern ſollen. Es ſcheint wirklich, daß wir uns um Worte ſtreiten. Wir wiſſen ganz genau, welche Tendenz wir mit der Bewilli⸗ gung verfolgen. Wir wollen kein Luxusbad, ſondern wir wollen, indem wir in die Anleihe den Ausdruck „Volksbadeanſtalt“ hineinſchreiben, die Richtung dieſer Badeanſtalt geben. Wir haben vielleicht Sitzung vom 29. Juni 1910 noch ctwas mehr dabei im Sinne. Wir haben nämlich nicht den Wunſch, daß die Kommune Charlottenburg ſich auf Gebieten betätigt, auf denen ſie an und für ſich, ſagen wir es kurz heraus, wirt⸗ ſchaftlich nichts zu ſuchen hat. (Sehr richtig!) Wenn wirklich dort an der Grenze, wo ſich vier Städte, wie der Herr Oberbürgermeiſter ſagte, zuſammenfinden, das Bedürfnis nach einer Bade⸗ anſtalt großen Stils iſt, wohin nicht nur die Mittel⸗ klaſſen und die Minderbegüterten, ſondern auch die Reichen gehen, die doch in der Regel zu Hauſe ihre Badegelegenheit haben, dann mag das Privat⸗ kapital ſich der Sache bemächtigen. Wenn von einem Kollegen geſagt worden iſt: warum ſollen wir gerade auf all das verzichten, was möglicher⸗ weiſe die Volksbadeanſtalt, die uns ſonſt Koſten ver⸗ urſacht, rentabel macht — meine Herren, ich habe bisher von einer derartigen Rentabilitäts⸗ berechnung nichts geſehen, und ich glaube nach allen den Erfahrungen, die wir ſonſt mit derartigen Bade⸗ anſtalten haben, nicht recht daran. Ob wir uns in Eharlottenburg Lorbeeren holen werden, wenn wir hierbei Berlins Spuren folgen, erſcheint mir auch zweifelhaft. Ich meine, wir überlaſſen es getroſt dem Privatkapital, ſich auf dieſem Gebiete zu be⸗ tätigen. Wir haben kommunale Aufgaben in Hülle und Fülle, können Millionen in dieſe Aufgaben hineinſtecken, und wir können ruhig die Betätigung auf uns fremden Gebieten der Privatinduſtrie überlaſſen. Wir wollen zeigen, was wir leiſten können, auf Gebieten, die der Kommune zufallen, weil die Privattätigkeit ſich ihnen nicht zuwendet. Ich ſcheue keinen Augenblick davor zurück, lieber eine Volksbadeanſtalt, die Koſten verurſacht, zu errichten, als eine in großem Stile ausgeführte Badeanſtalt, bei der wir vielleicht balanzieren, indem wir die Zinſen herausholen. Was die Untergrundbahn anlangt, ſo iſt ja darüber auch von mir ſchon geſprochen worden. Ich möchte hier nur noch ausdrücklich feſtſtellen und kann das auch gleich im Namen des Kollegen Freund Wöllmer tun, daß es ihm nicht im entfernteſten in den Sinn gekommen iſt, etwa gegen dieſe Untergrundbahn hier zu ſprechen. (Sehr richtig!) Aber ſollen wir uns denn jetzt, wo wir noch gar keine Vorlage haben, nach einer beſtimmten Rich⸗ tung hin feſtlegen? Dazu liegt auch nicht die ge⸗ ringſte Veranlaſſung vor. (Sehr richtig!) Jetzt, Herr Oberbürgermeiſter, komme ich auf die Finanzpolitik, und da ſcheint es allerdings, als wenn unſere Wege ſich augenblicklich doch trennen. Meine Herren, ich muß noch eins vorausſchicken. Ich habe die gewiſſe Empfindung ſie mag unrich⸗ tig ſein, aber ſie iſt tatſächlich bei mir vorhanden, wenn ich mir die verſchiedenen Reden vergegen⸗ wärtige —: es iſt von ſchwebender Schuld geſprochen worden, einer ſchwebenden Schuld vielleicht unter dem Geſichtspunkt, daß wir Anleihen aufnehmen für Projekte, die noch in nebelhafter Ferne liegen; aber vielleicht kann auch noch unter anderen Ge⸗ ſichtspunkten ein Teil dieſer Anleihe aufgefaßt werden, nämlich — nehmen Sie mir das Wort nicht übel — unter dem Geſichtspunkt der Demon⸗ ſtrat onsanleihe. Es ſoll in gewiſſen Kreiſen ein guter Eindruck hervorgerufen werden. (Sehr richtig!)