340 ich geſprochen habe, hier feſtſtellen, daß wir für die Kaiſer⸗Friedrich⸗Straße, für Nordweſt oder irgend⸗ eine ſonſtige Gegend nicht ein weniger warmes Herz haben als eine andere Gruppe hier in der Ver⸗ ſammlung. Ich meine, daß wir alle hier Charlotten⸗ burger ſind, und daß wir uns von allgemeinen Char⸗ lottenburger Intereſſen leiten laſſen. Vom Stand⸗ punkt der Allgemeinheit muß man ſeine Ent⸗ ſchließung faſſen, und vom Standpunlt der Allge⸗ meinheit ſind wir grundſätzlich der Meinung, daß für die Projekte, die in Arbeit genommen werden ſollen, ein Bedürfnis vorhanden iſt; wir wollen aber die Anleihe erſt dann bewilligen, wenn über die Durch⸗ und Ausführung der Projekte Über⸗ einſtimmung erzielt iſt. (Bravo!) Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, Herr Stadtv. Dr Crüger hat zum Schluß tatſächlich das ausgeſprochen, was in ſeinen ganzen Aus⸗ führungen ſchon mehrfach durchklang, das heißt: er will Anleihen erſt dann bewilligen, wenn ihm die Projekte vorgelegen haben. Wie das gemacht werden ſoll, iſt mir vollſtändig rätſelhaft. Herr Dr Crüger iſt doch ſchon ſo lange in der Verwaltung, daß er die Unmöglichkeit dieſes Wunſches einſehen muß. Es iſt ja gar nicht denkbar, daß in dieſer Weiſe verfahren werden kann. Ich will aber im einzelnen darauf nicht eingehen, da ich höre, daß der Herr Oberbürgermeiſter ſich auch noch zum Worte ge⸗ meldet hat. Ich habe nur die Abſicht gehabt, einen Teil ſeiner Ausführungen zu beleuchten, nämlich die Ausführung hinſichtlich der Badeanſtalt. Nun ſind ſie mir allerdings verſtändlich, nachdem Herr Dr Crüger ſchließlich das zum Ausdruck ge⸗ bracht hat, was ich eben geſagt habe. Er verlangt auch für die Badeanſtalt heute ſchon die Vorlage einer Rentabilität; er macht uns zum Vorwurf, daß ihm dieſe heute nicht auf Heller und Pfennig nachgewieſen werden kann. Ja, das iſt eben nicht die Aufgabe der Diskuſſion, die wir heute hier zu führen haben. Heute iſt nichts weiter die Aufgabe der Verſammlung, als zu prüfen: iſt die Notwendigkeit oder die Wahrſcheinlichkeit einer ſolchen Ausführung in den nächſten drei Jahren anzunehmen? Meine Herren, daß das Projekt einer Badeanſtalt im Oſten — aus Ihrer Verſammlung ſind uns ja ſchon ſo viele Erinnerungen gekommen — in den nächſten drei Jahren in irgendeiner Form verwirklicht werden muß, das iſt doch vollſtändig klar. Ganz beſonders wird uns entgegengehalten, wir wollten jetzt auf einmal ein Luxusbad bauen. Davon iſt gar nicht die Rede. Ich möchte Sie einmal bitten, ſich die Entwicklung der An⸗ gelegenheit vor Augen zu halten. Urſprünglich war, wenn ich nicht irre, in der erſten Anleihe oder wenigſtens in den Vorbereitungen dazu das Wort Volksbadeanſtalt aufgenommen. Dann iſt ich glaube mich nicht zu täuſchen — hier in dieſer Ver⸗ ſammlung — es kann allerdings auch im Ausſchuß geſchehen ſein — aus der Bezeichnung gemacht worden: „Städtiſche Badeanſtalt“. Jedenfalls iſt ausdrücklich darüber geſprochen worden. Mit dieſer Bezeichnung iſt die Badeanſtalt dann in die letzte Anleihe aufgenommen worden. Nun iſt ſelbſt⸗ verſtändlich das Projekt in dem hier ſchon längſt distutierten Sinne vom Magiſtrat bearbeitet worden. In dem Worte Badeanſtalt hat aber keinesfalls üegen ſollen, daß nun ein Luxusbad gebaut werden Sitzung vom 29. Juni 1910 ſoll. Die ganze Entwicklung der Badeanſtalt iſt vielmehr ſo gedacht, daß durch die Zutaten, die geſchaffen werden für die beſſere Bevölkerung, wenn ich ſo ſagen ſoll, für die reichere, die eben höhere Preiſe bezahlen ſoll, die Rentabilität der eigentlichen Volksbadeanſtalt erhöht werden ſoll. Meine Herren, es wird Ihnen ja vielleicht ſpäter einmal vorgerechnet werden können, wie ſich die Badeanſtalt rentieren würde, wenn ſie als eine der üblichen Volksbadeanſtalten in der Nürnberger Straße gebaut werden würde, welche Zuſchüſſe Sie dann zu zahlen haben würden, und wie ſich nunmehr ihre Rentabilität geſtalten wird, wenn ſie in der vom Magiſtrat Ihnen vorgelegten Weiſe ausgeſtaltet werden ſoll. Nur ſo iſt das Projekt entſtanden, und ſo iſt es vom Magiſtrat nachher bearbeitet worden. 4 Herr Stadtv. Dr Crüger hat von dem Rechte der Geldbewilligung geſprochen und hat geſagt: jeder ſoll tun, was ſeines Amtes iſt, das Recht der Geld⸗ bewilligung gehört der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung. Kein Menſch hat das beanſtandet oder bezweifelt! Aber augenblicklich handelt es ſich zunächſt gar nicht einmal um die Geldbewilligung. Sie ſollen nur die erſten Schritte tun, die Ihnen ſpäter die Möglichkeit geben, die Gelder zu bewilli⸗ gen, die für das vom Magiſtrat vorzulegende, bisher in vollem Einverſtändnis mit Ihnen bearbeitete Projekt notwendig ſein werden. Nur ein paar Worte noch zu der Frage, ob große oder kleine Anleihen notwendig ſind. Daß Anleihen von 10 Millionen, wie ſie Herr Stadtv. Crüger bezeichnet hat, Anleihen ſind, die man ſehr wohl unter Umſtänden begeben kann — wir haben es auch ſchon getan darüber wird nicht diskutiert werden können. Als aber vorhin hier von kleinen Anleihen die Rede war, handelte es ſich um die 4 Millionen, die für die Untergrundbahn notwendig ſeien. Bei unſerem großen Anleihebedarf Anleihen von 4 Millionen herauszubringen, das, werden Sie doch wohl zugeben, iſt ein abſolutes Unding. Leider Gottes häufen ſich ja die Anleihen heute ſchon reichlich, wenn ſie ſelbſt auf 40 Millionen bemeſſen werden; wir bringen ſie jetzt ſchon alle drei Jahre heraus. Wenn wir Anleihen von 10 Millionen oder ſolche auch kleineren Umfanges herausbringen, dann würde ſich ja kein Menſch mehr aus den Anleihen herausfinden; das kaufende Publikum würde bei der Ausloſung in die größten Schwie⸗ rigteiten geraten, es würde die größte Verwirrung entſtehen. Auch die Banken, die mit dieſen Anleihen zu handeln haben, würden davon Abſtand nehmen, mit ſolchem Wuſt von Charlottenburger Anleihen zu operieren, ſie würden ſelbſt die Verantwortung nicht mehr tragen können für das, was ſie ihrem Publitum gegenüber zu vertreten haben. Alſo um es noch einmal zu wiederholen: es handelt ſich nicht darum, irgendein Projekt ſchon als eine fertige Sache zu verhandeln und zu prüfen, ſondern es handelt ſich nur darum, mit verſtändigem Ermeſſen an die Frage heranzutreten: beſteht eine gewiſſe Wahrſcheinlichkeit, daß dieſes Projekt in der gekennzeichneten Weiſe im Laufe der nächſten Zeit zur Ausführung gelangen wird? Und das glaube ich behaupten zu können, ſowohl für die Badeanſtalt wie für die übrigen Projekte, die noch Gegenſtand des Streites ſind. 444116 Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, es tut mir aufrichtig leid, daß ich heute mit