342 Herr Stadtv. Dr Crüger ſagt weiter: muß denn Charlottenburg immer mit 40 Millionen heraus⸗ fommen? Nein, das muß es nicht, das wollen wir ſelbſt gar nicht, wir haben gar nicht die Abſicht. Herr Stadtv. Dr Crüger iſt leider nicht in der Aus⸗ ſchußſitzung geweſen. Er würde dann anders ur⸗ teilen Sind denn die Vorlagen, die wir Ihnen ge⸗ macht haben, bloß gemacht, um die Zahl 40 Mil⸗ lionen herauszubekommen? Nein, meine Herren, ſie ſind gemacht worden, weil ſie innerlich begrün⸗ det ſind. Leider liegen die Verhältniſſe ſo, daß wir dieſe einzelnen Forderungen im Intereſſe der Stadt und ihrer Entwicklung ſtellen müſſen, und ſo ſind wir leider auf die 40 Millionen gekommen. Urſprünglich war ſogar eine Summe von 50 Mil⸗ lionen von den einzelnen Deputationen vorge⸗ ſchlagen worden; im Magiſtrat iſt ſie auf 40 Mil⸗ lionen herabgeſetzt worden, weil wir ſagten: wir wollen nur das vorbringen, was wirklich nötig iſt, was in den nächſten drei Jahren eine Verzögerung ull. duldet, wenn die Stadt nicht darunier leiden oll. Ich kann die Angriffe des Herrn Stadtv. Dr Crüger für ſachlich gerechtferiigt nicht anerkennen. Es tut mir wirklich aufrichtig leid, daß ich mit ihm in dieſen wichtigen Punkten in eine ſo große Differenz gekommen bin. Vorſteher Kaufmann: Von Herrn Kollegen pr Landsberger iſt ein Antrag auf Schluß der Debatte geſtellt worden. (Der Antrag wird genügend unterſtützt und von der Verſammlung angenommen.) Berichterſtatter Dr. Frentzel (Schlußwort): Meine Herren, ich möchte zu der Uniergrundbahn⸗ frage nur einen Punkt, und zwar in meinem Namen und nicht als Referent des Ausſchuſſes, bemerken. Es iſt hier ſowohl aus der Verſammlung als vorhin vom Magiſtratstiſch folgender Satz aufgeſtellt worden: wenn wir heute nicht dieſe Summe ein⸗ ſetzen, dann verzögern wir die eventuelle Aus⸗ führung der Untergrundbahn erſt müſſen die Mittel bewilligt werden, dann kann an das Projekt herangegangen werden. Ich weiß nicht, wie man ſolche Deduktion machen kann, wo gerade die letzte Zeit genau das Gegenteil als richtig erwieſen hat. Wir ſind an eine Untergrundbahnvorlage mit 20 Millionen herangegangen und hatten nicht einen einzigen Pfennig in die vorhergehende Anleihe eingeſtellt. Jetzt, nachdem eine lange Zeit dazwiſchen gelegen iſt, nachdem uns die ſchnelle Ausführung des Projekts unmöglich gemacht worden iſt, haben wir erſt heute für den Reſt die Mittel bewilligt. Das hat uns gar nicht abgehalten, in die ſchleunigſte Beratung über das Projekt einzutreten, und es wäre ſchon längſt weiter gefördert, trotzdem die Mittel nicht in die frühere Anleihe aufgenommen waren, wenn uns nicht die böſen Nachbarn daran verhindert hätten. Dann muß ich mich auch mit ein paar Worten gegen Herrn Kollegen Liepmann wenden. Dieſer verehrte Herr Kollege kann entſchieden auch anders. Heute will er alles wegſtreichen, mit Ausnahme der Beträge für werbende Anlagen, alſo auch für den Baublock Lietzenſee. In der vorigen Sitzung konnte er anders, da wollte er nicht nur die 1,5 Mil⸗ lionen Mark bewilligen, ſondern weitere 1,5 Mil⸗ lionen, alſo 3 Millionen. Merkwürdigerweiſe war Sitzung vom 29. Juni 1910 das ein Punkt, zu dem ſich der Nationalliberale Ortsverein geäußert hatte. Ich weiß nicht, ob die Ent⸗ ſchließung dieſes Vereins auf ſeine Worte oder ſeine Meinung Einfluß geübt hat. Sollte das aber der Fall ſein, dann bedaure ich ſehr, daß ſich ſeine Freunde im Nationalliberalen Ortsverein nicht auch mit den übrigen Poſitionen dieſer Anleihe beſchäftigt haben, vielleicht würde Herr Kollege Liepmann dann auch der Anſicht geweſen ſein, daß die Streichung aller dieſer Punkte, die z. B. eine Verſtümmelung un⸗ ſeres Krankenhauſes und eine Hintanhaltung der höheren Schulen bedeutet, nicht im Intereſſe des Nationalliberalen Ortsvereins geweſen wäre, und das hätte ihn vielleicht veranlaßt, ſeine Ausfüh⸗ rungen entſprechend zu machen. Stadtv. Wöllmer (perſönliche Bemerkung): Meine Herren, der Herr Syndikus und auch der Herr Oberbürgermeiſter haben in einer ſcharfen Form gegen mich polemiſiert, zu der ich Ihnen teine Veranlaſſung gegeben habe. Sie haben mich in unbegreiflicher Weiſe mißverſtanden. Ver⸗ wahrung muß ich dagegen einlegen, daß der Ma⸗ giſtrat die Stimmung der Wähler gegen mich und meine Freunde ausſpielt. Ich habe nicht den Antrag geſtellt, das Projekt der Untergrundbahn abzu⸗ lehnen, ſondern ich habe den Antrag geſtellt, in dieſer Anleihe den dafür eingeſetzten Betrag zu ſtreichen. Keineswegs habe ich jetzt ſchon das Pro⸗ jekt verurteilt, ſondern habe mir die Entſcheidung vorbehalten. Sta dtv. Dr. Liepmann (perſönliche Bemer⸗ kung): Meine Herren, wenn der Herr Referent in ſeinem Schlußwort die Rede ſeines Fraktions⸗ genoſſen Brode berückſichtigt hätte, dann hätte er wohl die Bemerkungen gegen mich nicht machen können; denn Herr Kollege Brode hat gerade da⸗ rauf hingewieſen, daß ein nationalliberaler Verein es war, der die Petition auf Wiederherſtellung der geſtrichenen 721 000 ℳ betr. die Durchführung der Kaiſer⸗Friedrich⸗Straße eingereicht hat, und er hat darauf fußend einen Appell an uns ge⸗ richtet, daß wir uns doch dieſem Beſtreben an⸗ ſchließen möchten. Da wir aber der Anſicht zuneigen, daß wir nicht berufen ſind, den Rückſichten auf das große Ganze gegenüber die Intereſſen einzelner Bezirke und einzelner Bezirksvereine zu unter⸗ ſtützen, wenn ſie uns auch durch Parteifreundſchaft nahe ſtehen, und da wir das allgemeine Wohl der Kommune in erſter Linie im Auge haben müſſen, ſo haben wir uns auf den Standpunkt geſtellt, daß wir jetzt nur das Notwendigſte bewilligen können, ſpäter aber, wenn die finanzielle Bereitſchaft vor⸗ liegt, gern für die in der Petition geltend gemachte großzügige Verkehrspolitik eintreten werden. Vorſteher Kaufmann (unterbrechend): Herr Kollege Liepmann, Sie ſprechen in der perſönlichen Bemerkung immer von „wir“. Das ſcheint alſo keine perſönliche Bemerkung zu ſein. (Heiterkeit.) Stadtv. Dr. Liepmann (fortfahrend): Dann ſage ich ſtatt deſſen „mir“, H Vorſteher! (Große Heiterkeit.) Hinſichtlich des Vorwurfs, daß ich eine un⸗ begründete Stellung zu dem Lietzenſeeprojekt einnehme, möchte ich bemerten, daß ich das ſchon im Ausſchuß auseinandergeſetzt habe. Entweder,