Sitzung vom 14. September 1910 in den Papierkorb werfen. Sie ſehen alſo, daß ſelbſt die beiden Faktoren des Dreiklaſſenparlaments, Herrenhaus und Abgeordnetenhaus, in ihrer Rechts⸗ auffaſſung von einander abweichen, und daß trotz⸗ dem das Herrenhaus die beleidigendſte Form für die Ablehnung unſerer Petition wählt, die man ſich überhaupt denken kann. Was ſollen wir demgegenüber tun? Uns bleibt ja nichts weiter übrig, als daß wir der Meinung des Herrenhauſes unſere Meinung gegenüberſtellen, und dieſer Zweck ſoll durch die beiden vorliegenden Reſolutionen erreicht werden. Ich ſagte bereits, daß ich mich mit Herrn Kollegen Meyer auf eine gemeinſame Reſolution geeinigt habe. Wir haben zunächſt die Reſolution Meyer aufgenommen, nur das Wort „Befremden“ daraus geſtrichen. Es heißt darin: Die Stadtverordnetenverſammlung nimmt von dem Beſcheide des Herrenhauſes Kenntnis mit dem Ausdrucke lebhaften Befremdens uſw. Ich habe Herrn Kollegen Meyer klar zu machen verſucht und habe ihm auch klar gemacht, daß man über das, was das Herrenhaus tut, niemals Be⸗ fremden äußern kann. (Heiterkeit.) Die gemeinſame Reſolution heißt nun, indem unſere Reſolution ſich an die Reſolution Meyer anſchließt: Die Stadtverordnetenverſammlung nimmt von dem Beſcheide des Herrenhauſes Kenntnis mit dem Ausdrucke ihres Bedauerns darüber, daß dieſer Beſcheid nicht nur ſachlich die be⸗ gründeten Wünſche der Charlottenburger Bür⸗ gerſchaft unerfüllt läßt, ſondern auch die ge⸗ wählte Form eine verletzende Nichtachtung der Rechte der ſtädtiſchen Selbſtverwaltung darſtellt. Die Stadtverordnetenverſammlung erklärt, daß ſie ſich durch den Beſchluß des Herren⸗ hauſes das ihr durch die Städteordnung und die Verfaſſung gewährleiſtete Petitionsrecht nicht nehmen läßt, ſondern unbekümmert darum auch in Zukunft von ihrem Petitions⸗ recht Gebrauch machen wird, wo immer ſie 1 v ihrem eigenen Urteil für angebracht t. — — Meine Herren, ich glaube, Sie werden ſich mit den Antragſtellern darüber einig werden, daß wir ſehr wohl die ſo kombinierte Reſolution in der von mir vorgeleſenen Faſſung annehmen können. Ich lege ganz beſonderes Gewicht auf den letzten Satz unſerer urſprünglichen Reſolution, in dem wir ausdrücken, daß uns, auf Berliniſch zu reden, die Beſchlüſſe des Herrenhauſes Wurſt ſind. Wir tun, was wir wollen. Wir halten uns für berechtigt auf Grund des § 35 der Städteordnung ſowohl als auch auf Grund der Verfaſſung, beim Herrenhauſe Petitionen einzureichen. Wenn wir das Herren⸗ haus noch einmal der Ehre würdigen, eine Petition von uns zu bekommen, werden wir nicht vorher an⸗ fragen, ob wir dazu berechtigt ſind, ſondern wir werden es tun, unbekümmert darum, daß vielleicht die Gefahr beſteht, daß das Herrenhaus wiederum die Petition in einer ſo beleidigenden Weiſe erledigt. Meine Herren, im Intereſſe des Anſehens der Selbſtverwaltung möchte ich Sie bitten, die von uns vorgeſchlagene Reſolution einſtimmig anzu⸗ nehmen. (Lebhafter Beifall.) 351 (Die Beratung wird geſchloſſen.) Vorſteher Kaufmann: Ich frage Herrn Kollegen Meyer, ob mit ſeinem Einverſtändnis dieſe Reſolutionen zuſammengelegt werden, und zwar indem in der Reſolution Meyer lediglich das Wort „Befremden“ durch „Bedauern“ erſetzt wird und unter Fortlaſſung der Einleitung der Tenor der Reſolution Hirſch ſeiner Reſolution hinzugefügt wird. (Zuſtimmung des Stadtv. Meyer.) Die Reſolution lautet: Die Stadtverordnetenverſammlung nimmt von dem Beſcheide des Herrenhauſes Kenntnis mit dem Ausdrucke lebhaften Bedauerns dar⸗ über, daß dieſer Beſcheid nicht nur ſachlich die begründeten Wünſche der Charlottenburger Bürgerſchaft unerfüllt läßt, ſondern auch durch die gewählte Form eine verletzende Nichtachtung der Rechte der ſtädtiſchen Selbſt⸗ verwaltung darſtellt. Die Stadtverordnetenverſammlung erklärt, daß ſie ſich durch den Beſchluß des Herren⸗ hauſes das ihr durch die Städteordnung und die Verfaſſung gewährleiſtete Petitionsrecht nicht nehmen läßt, ſondern unbekümmert darum auch in Zukunft von ihrem Petitions⸗ recht Gebrauch machen wird, wo immer ſie hat. ihrem eigenen Urteil für angebracht ält. (Die Verſammlung beſchließt demgemäß.) Die Reſolution iſt in dieſer Faſſung einſtimmig angenommen. (Bravo!) Mit der Annahme dieſer Reſolution hat die Verſammlung von der Magiſtratsmitteilung Kennt⸗ nis genommen. Punkt 4 der Tagesordnung: Vorlage betr. Etatsüberſchreitungen bei der Stadt⸗ hauptkaſſe für 1909. — Druckſache 230. Berichterſtatter Stadtv. Bollmann: Meine Herren, beim Abſchluß der Rechnung des Jahres 1909 ſind bei der Stadthauptkaſſe noch Etats⸗ überſchreitungen im Geſamtbetrage von 285 568,34 ℳ feſtgeſtellt worden. In der Höhe von 272 497,82 ℳ haben die Überſchreitungen nur formelle Bedeutung, da ihnen gleich hohe oder höhere Einnahmen gegenüberſtehen. Wirklich ma⸗ terielle Üüberſchreitungen ſind nur in Höhe von 13 070,52 ℳ vorgekommen. Von der Drucklegung dieſer Nachweiſung iſt aus Sparſam⸗ keitsgründen Abſtand genommen worden. Ich habe die Nachweiſung geprüft und kann Ihnen nur emp⸗ Lauter dem Magiſtratsantrage zuzuſtimmen, der autet: Die Etatsüberſchreitungen bei der Stadt⸗ hauptkaſſe für das Rechnungsjahr 1909 von zuſammen 285 568,34 ℳ werden nachträglich genehmigt. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt demgemäß.) Vorſteher Kaufmann: Punkt 5 der Tages⸗ ordnung: