Sitzung vom 14. Situation eingeſehen. Es wird zu erwägen ſein, wie wir künftig zeitigere Abhilfe für ſolche Situa⸗ tionen ſchaffen. Ich empfehle alſo gegenwärtig die Annahme der Magiſtratsvorlage. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Ma⸗ giſtrats, wie folgt: Die Etatsnummer v—3—10b — Unter⸗ bringung von Perſonen in nichtſtädtiſchen Krankenanſtalten — wird für 1910 um 31 602 ℳd aus dem Dispoſitionsfonds ver⸗ ſtärkt.) Vorſteher Kaufmann: Punkt 10 der Tages⸗ ordnung: Borlage betr. Aenderungen der „Organiſation der Wohnungspflege“. — Druckſache 236. Berichterſtatter Stadtv. Stein: Meine Herren, es iſt einige Monate her, daß wir über das Wohnungsamt beraten und in der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung den Wortlaut der Beſtim⸗ mungen darüber feſtgeſetzt haben. Jetzt weiß doch wohl niemand von Ihnen mehr ſo genau den Wort⸗ laut; deshalb hätte ich mich ſehr gefreut, wenn der Magiſtrat uns den alten Wortlaut, den er vor⸗ geſchlagen hatte, und den Wortlaut, den wir feſt⸗ geſetzt haben, in der Vorlage nebeneinander geſtellt noch einmal mitgeteilt hätte. Das war früher ſo üblich. Es iſt jetzt ſehr ſchwer, ſich zu orientieren; man hat die Papiere weggeworfen, man weiß nicht genau mehr, was darin ſtand. 6 (Heiterkeit und Zurufe.) — Nun ja, meine Herren, Sie haben ſie wahr⸗ ſcheinlich alle weggeworfen! (Rufe: Nein!) Ich habe als Berichterſtatter ja das Material vor mir. Die Sache ſieht nun ſo furchtbar einfach aus: folgenden Anderungen des Entwurfes einer „Organiſation der Wohnungspflege“ zuzu⸗ ſtimmen: 1. Der Ziffer 3 des § 6, Abſatz 2, ſind die Worte hinzuzuſetzen: „die zur Mitarbeit bereit ſind“. Ja, meine Herren, was heißt denn das? Warum: „zur Mitarbeit bereit ſind“? Bei allen Bürger⸗ deputierten und Ehrenbeamten, die wir ſonſt wählen — fragen wir denn da dienſtlich, wollen wir ſagen, immer: biſt du zur Mitarbeit bereit? (Stadtv. Bollmann: Sehr richtig!) Ich muß ja ſagen, wenn es mir als Mitglied des Wahlausſchuſſes obliegt, jemanden als Schieds⸗ mann oder dgl. vorzuſchlagen, dann ſichere ich mich, indem ich den Betreffenden frage. Ich bin aber nicht dazu verpflichtet, und der Betreffende iſt ver⸗ pflichtet, das Amt anzunehmen, wenn nicht ganz beſondere Gründe vorliegen. Was ſoll das alſo hier heißen: „der zur Mitarbeit bereit iſt“? Er muß das Amt ja annehmen! (Widerſpruch.) Vor ein paar Jahren wollte ich einen hohen Be⸗ſ amten a. D. veranlaſſen, Schiedsmann zu werden; es war in der Gegend des Kurfürſtendamms. Der Herr war empört, daß ich die Zumutung an ihn ſtellte, er ſolle in Charlottenburg Schiedsmann werden, er wäre überhaupt Berliner. „Ja, das September 1910 353 (mag ja ſein; aber hier ſind Sie zufälligerweiſe Charlottenburger!“ Na, ich machte die Sache kurz ab und ſagte: es tut mir furchtbar leid, daß ich in meinen alten Jahren mich zu dieſem Herrn bemüht habe. Ich ſchlug natürlich einen anderen vor. Es iſt ja richtig, daß man einen Mann, der ſolche Sprünge macht, nicht zu einem Ehren⸗ beamten macht; dazu ſtehen uns unſere Ehren⸗ ämter doch zu hoch. Ich bitte Sie alſo, dieſen Zuſatz abzulehnen. Weiter beantragt der Magiſtrat: 2. Der Vorſchrift des § 6, letzter Abſatz, wo⸗ nach die Mitglieder der Wohnungsaus⸗ ſchüſſe von der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung zu wählen ſind, ſind die Worte hinzu⸗ zuſetzen „nach Anhörung der Deputation für die Wohnungspflege“. In der Erläuterung dazu ſagt der Magiſtrat: die Perſonen, die wir in das Wohnungsamt erwählen, ſind eigentlich keine Ehrenbeamten im Sinne des § 74 der Städteordnung. Ja, wie kommt der Ma⸗ giſtrat dazu, auf einmal dieſe Erklärung zu geben? Wir können doch auch leſen, wir ſind doch auch nicht von geſtern, wir haben uns auch ſchon mit ſolchen Sachen befaßt. Wir wiſſen ganz genau, was in der Städteordnung ſteht, und wir wollen uns Rechte, die uns da gegeben ſind, nicht ſchmälern laſſen; das fällt uns gar nicht ein. (Bravo!) Es fällt uns gar nicht ein, zu ſagen: ihr dürft nicht vorſchlagen und wählen, wen ihr wollt, es ſoll eine gewiſſe Einſchränkung ſtattfinden. Das iſt mir einfach unverſtändlich! ch will alſo kurz, meine Herren, ſagen: ich empfehle die vollſtändige Ablehnung dieſes Antrages des Magiſtrats. In der Weiſe uns nach ein paar Monaten mit ein paar ganz kurzen Sätzen zu kommen und als ſelbſtverſtändlich hinzuſtellen: das iſt ein Fehler! — Ich bitte dringend, die Vorlage abzu⸗ lehnen. Stadtv. Dr. Landsberger: Meine Herren, gerade das, was Herr Kollege Stein eben aus⸗ geführt hat, hätte ihn doch dazu veranlaſſen müſſen, die Vorlage des Magiſtrats ruhig zu prüfen und ſich zu ihr dann vielleicht doch nicht ſo unbedingt ablehnend zu verhalten. Der Magiſtrat führt aus, daß nach juriſtiſchen Erwägungen — und ich weiß Juriſten auch außerhalb des Magiſtrats, die dieſer Auffaſſung beitreten — die Mitglieder der einzu⸗ ſetzenden Wohnungsausſchüſſe nicht im Sinne des § 74 der Städteordnung Ehrenbeamte ſein können, es ſind Perſonen, welche die künftige Wohnungs⸗ deputation für ihre ſpeziellen 3wecke ſich zur Unter⸗ ſtützung zur Seite ſtellt. Dann aber beſteht ein kardinaler Unterſchied zwiſchen denen, die wir ſonſt im ſtädtiſchen Dienſt maſſenhaft als Ehrenbeamte heranziehen, und den Mitgliedern der Wohnungs⸗ ausſchüſſe. Jene Ehrenbeamten, die wir ſo maſſen⸗ haft als Schiedsmänner, Armenpfleger uſw. ein⸗ ſetzen, ſind nicht berechtigt, die auf ſie gefallene Wahl abzulehnen, ſondern die Städteordnung ſieht ausdrücklich vor, daß unter Umſtänden für die Ab⸗ lehnung einer ſolchen Wahl Strafen ausge⸗ prochen werden können. Die Städteordnung hat gewollt, daß Ehrenämter nicht aus bloßer Willkür abgewieſen werden dürfen, wenn die Stadtver⸗ ordnetenverſammlung die Wahl getroffen hat. Und deswegen ſcheint mir der Vorſchlag ganz berechtigt zu ſein, den der Magiſtrat in Nr. 1 der Vorlage