362 Sitzung vom 14. alſo denken, wie wenig für die vielen unbemittelten Leute geſorgt iſt, die dort wohnen. Es iſt mir eben von einem Kollegen noch geſagt worden, er wäre ja ſehr gern bereit, den Antrag zu unterſtützen, wenn es nur nicht in der Nürnberger Straße wäre, ſondern jenſeits der Spree. Ja, meine Herren, auf dieſe Gegenden, ſowohl in Alt⸗Charlottenburg als jen⸗ ſeits der Spree, kommen wir auch noch. Aber es iſt ſeit langer Zeit der einmütige Wunſch aller Frak⸗ tionen geweſen — und dieſem Wunſche wurde auch vom Magiſtrat von Jahr zu Jahr Entgegenkommen gezeigt —, daß das Oſtviertel auch eine Volksbade⸗ anſtalt oder eine. Badeanſtalt überhaupt bekommen ſollte, und ich glaube, es iſt nunmehr an der Zeit, 105 wir an die Verwirklichung dieſes Gedankens gehen. Der Magiſtrat iſt auf Schwierigkeiten geſtoßen. Man verrät ja nichts, wenn man das öffentlich ſagt: der Magiſtrat wollte dieſe Anſtalt in der Nürn⸗ berger Straße mit verſchiedenen Untereinrichtungen verſehen, um ſie lukrativer zu geſtalten. Er iſt dabei, wie es ſcheint, etwas weit gegangen. Es iſt gerade die Abſicht der Unterzeichner des Antrages, daß wir dem Magiſtrat die Sache erleichtern und ihm ſagen: ſorge nur recht bald für eine gute Badeanſtalt! Sollten Sie unſeren Antrag annehmen, ſo erklären Sie damit: der Magiſtrat muß Ernſt machen, muß aufhören, Entwürfe zu machen, und zu Taten ſchreiten. Die Bevölkerung ver angt das, und ich glaube, es iſt auch ökonomiſch, wenn man endlich einmal an die Ausnützung des Grundſtücks geht. Ich möchte Sie alſo bitten, meine Herren, mit mög⸗ lichſter Einſtimmigkeit den Vorſchlag der Antrag⸗ ſteller unterſtützen zu wollen. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, den Ausführungen des Herrn Stadtv. Gredy gegenüber möchte ich nur betonen, daß es dem Magiſtrat vollſter Ernſt mit der Bearbeitung der Angelegenheit iſt, und daß auch mit aller Beſchleunigung und allem Nachdruck daran gearbeitet worden iſt. Die Schwierigkeiten ſind ja bereits angedeutet worden; ſie werden aber, wie es ſcheint, demnächſt über⸗ wunden ſein, wenigſtens ſo, daß Ihnen eine Vorlage gemacht werden kann. Ob Sie damit dann ebenſo ſchnell, wie Sie es wünſchen, zu einem abſchließen⸗ den Ergebnis kommen werden, iſt eine Frage, die ich nicht entſcheiden kann. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Das liegt an der Vorlage!) Stadtv. Wilk: Auch meine Freunde ſind für den Antrag des Herrn Kollegen Gredy. Wir be⸗ grüßen mit ganz beſonderer Freude die Enrich⸗ tungen der mediziniſchen, römiſchen und ruſſiſchen Bäder. Aber viel wichtiger als die Errichtung einer Badeanſtalt in der Nürnberger Straße iſt doch jedenfalls die Errichtung einer Badeanſtalt im Zentrum der Stadt und jenſeits der Spree. Ich ſpreche nicht gegen den Antrag auf Errichtung einer Badeanſtalt in der Nürnberger Straße, ſondern wünſche nur bei Gelegenheit dieſes Antrages, daß der Magiſtrat gleich auch für den Stadtteil jenſeits der Spree eine derartige Einrichtung vorſehen möchte. Es wäre auch zu erwägen, ob man nicht die Anſtalt in der Krummen Straße ausbaut. Wir haben gerade dort bedeutendes ſtädtiſches Terrain, es ließe ſich dort ſehr viel daraus machen. Für Bade⸗ anſtalten iſt ja in Charlottenburg ganz beſonders ſchlecht geſorgt. Wer Gelegenheit gehabt hat, die September 1910 Volksbadeanſtalt in der Krummen Straße zu be⸗ ſuchen, beſonders Sonnabends Abends, wird zu⸗ geben müſſen, daß die Verhältniſſe dort auf die Dauer geradezu unhaltbar geworden ſind. Ich möchte daher bitten, wenn der Magiſtrat uns ſchon die Zuſage gemacht hat, die Errichtung einer Bade⸗ anſtalt in der Nürnberger Straße zu beſchleunigen, daß er dann auch mit derſelben Beſchleunigung an die Erweiterung der Badeanſtalt in der Krummen Straße und an die Errichtung einer Badeanſtalt jenſeits der Spree gehen möchte. Stadtv. Facobi: Als Hausbeſitzer in der Nürn⸗ berger Straße leide auch ich darunter, daß im Mittel⸗ punkte der Stadt, in der beſten Gegend Charlotten⸗ burgs, ein ſo großes Terrain ſeit länger als 10 Jahren brach liegt und die Entwicklung dieſes Stadtteils dadurch verhindert wird. Ich halte es für meine Pflicht, dies hier im Namen meiner Kollegen aus der Nürnberger Straße auszuſprechen, und hoffe, daß die Anträge ſich wiederholen werden, bis die Vorlage kommt. Es iſt ja damit noch nicht geſagt, daß die Vor⸗ lage von der Stadtverordnetenverſammlung ange⸗ nommen wird; aber ſie hat doch einen Vorteil, den, daß Klarheit geſchaffen wird: entweder wird die Badeanſtalt gebaut, oder das Terrain wird zu anderen Zwecken der Bebauung erſchloſſen. Ich bitte den Antrag Gredy anzunehmen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Verſamm⸗ lung beſchließt mit großer Mehrheit nach dem An⸗ trage der Stadtv. Gredy und Gen., wie folgt: Der Magiſtrat wird erſucht, möglichſt bald eine Vorlage über Errichtung einer Schwimm⸗ und Badeanſtalt auf dem ſtädtiſchen Grund⸗ ſtück in der Nürnberger Straße vorzulegen.) Vorſteher Kaufmann: Wir kommen nun zu Punkt 19 der Tagesordnung: Antrag der Stadtv. Dr. Frentzel und Gen. betr. Fleiſchteuerung. — Druckſache 244. Der Antrag lautet: Die Stadtverordnetenverſammlung er⸗ ſucht den Magiſtrat, mit ihr gemeinſam bei den Reichs⸗ und Staatsbehörden dahin vor⸗ ſtellig zu werden, daß behufs Beſeitigung der beſtehenden Fleiſchnot und zur Verhütung künftigen Fleiſchmangels die Grenzen dauernd für die zoll⸗ und quarantainefreie Einfuhr von Vieh geöffnet werden, das direkt behufs ſo⸗ fortiger Abſchlachtung an die Schlachthöfe verſandt wird. Auch ſind zum Zwecke vermehrter Auf⸗ zucht von Vieh die Zölle auf Futtermittel, mindeſtens vorübergehend, aufzuheben. Antragſteller Stadtv. Dr. Frentzel: Meine Herren, die mangelhafte Verſorgung mit Schlacht⸗ vieh und mit Fleiſch hat unſere Verſammlung und hat auch den Magiſtrat bereits des öfteren be⸗ ſchäftigt. Nach mir hier vorliegenden Notizen iſt bereits im Jahre 1898, alſo vor 12 Jahren, ein entſprechender Antrag hier verhandelt worden, und bereits im Jahre 1902 gaben dieſelben Um⸗ ſtände wieder Veranlaſſung, hier zu beraten, wie dieſem Ubel abzuhelfen wäre; endlich haben uns im Jahre 1905 neu auftauchende, ſehr lebhafte und