374 Sitzung vom 14. und Parteiverhältniſſe immer mehr ſeine Aufgaben auf die Schultern der Gemeindebürger abladet. Und nun kommen Sie, wo es ſich hier um die offenſichtlich — ich ſpreche das offen aus — wenig gute Geſinnung der maßgebenden Körperſchaften für die Veteranen handelt, mit Anträgen, um den Veteranen ihre nur allzu berechtigte Mißſtimmung beſchwichtigen zu wollen. Ich bin dafür, daß wir in einer gemiſchten Deputation die Sache beſprechen. (Zurufe.) — Selbſtverſtändlich bin ich dafür, und meine Freunde ſind auch bereit dazu. Ich habe hier vor allen Dingen meine hauptſächlichſten Bedenken gegen eine glatte Annahme des Antrages geltend gemacht. (Erneute Zurufe.) — Die ſind nicht geſagt worden von dem Herrn Referenten. (Zuruf bei den Liberalen: Er hat geſagt: es iſt Pflicht der Regierung!) — Und ich führe hier aus, daß es im Intereſſe der Gemeinden liegt, dieſe Verpflichtung der Regierung nicht ſtillſchweigend abzulöſen. Inſofern unter⸗ ſtreiche ich dieſe Forderung dieſer notwendigen Haltung der Gemeinden noch mehr, als jetzt wieder die Reichsgeſetzgebung darauf und daran iſt, eine neue Steuerquelle den Gemeinden durch die Ent⸗ ziehung der Wertzuwachsſteuer zu nehmen. Nun heißt es im Antrage des Kollegen Braune: wir ſollen eine gemiſchte Deputation einſetzen, um zu beraten, in welcher Weiſe hilfs⸗ bedürftigen Kriegsveteranen eine Zuwendung ge⸗ macht werden kann. Damit ſind wir ſchon ohne weiteres auf die Zahlung einer Unterſtützung feſt⸗ gelegt. Mein Amendement geht nun dahin, zu ſagen: o b und in welcher Weiſe eine Zuwendung gemacht werden kann. Wir werden, wenn wir für die Veteranen wenigſtens vorübergehend etwas herausgeholt haben, uns nicht abhalten laſſen, ihnen dasjenige, was wir ihnen jetzt freiwillig ohne Rechtsanſpruch geben, auf dem Wege der Reichs⸗ geſetzgebung als ihnen rechtlich zuſtehende Unter⸗ ſtützung zu verſchaffen, ſo daß die Veteranen nicht immer bettelnd zur Seite ſtehen müſſen, wenn ſich die anderen die Taſchen ſchon voll geſteckt haben. (Sehr richtig!) Stadtrat Seydel: Ich möchte nicht auf die in die Tiefe und in die Breite gehenden Fragen eingehen, die Herr Stadtv. Zietſch angeſchnitten hat; denn die Angelegenheit iſt im Magiſtrat noch nicht ſo weit gediehen, daß ich mich heute über das „Für“ und „Wider“ äußern könnte. Ich möchte nur feſtſtellen, daß der Magiſtrat auch in dieſer Frage nicht müßig war, ſondern ſich bereits im Auguſt mit ihr beſchäftigt hat; und zwar hat er beſchloſſen, ehe er ſich ſchlüſſig würde, ob überhaupt etwas geſchehen ſollte, mit Berlin und den anderen Vorort⸗ emeinden in Verbindung zu treten zur Herbei⸗ ührung eines einheitlichen Vorgehens. Dies erſchien uns bei dieſer Angelegenheit ganz beſonders wünſchenswert, zumal da eine verſchieden⸗ artige Behandlung — bei der engen Nachbarſchaft der großberliner Gemeinden — leicht unnötige Mißſtimmung in den beteiligten Kreiſen hervor⸗ rufen könnte. Darum haben wir an den Magiſtrat von Berlin bereits im Auguſt geſchrieben, er möchte uns mitteilen, ob er ein gemeinſames Vorgehen September 1910 mit uns und den größeren Nachbargemeinden wünſche, und ſich bejahendenfalls mit uns in Ver⸗ bindung ſetzen. Ich glaube auch jetzt noch, daß ein ſolches gemeinſames Vorgehen einer Zerſplitterung der einzelnen Gemeinden vorzuziehen iſt. Wir haben auch davon abgeſehen, wie es einzelne Ge⸗ meinden tun wollten, am Sedantage Spenden zu verteilen, weil bis zu dieſem Termin ein Gemeinde⸗ beſchluß nicht herbeizuführen war. Wir haben übrigens geglaubt, daß der Sache nicht geſchadet würde, wenn der Zeitpunkt ihrer Erledigung ein paar Monate hinausgerückt würde, da ja ohnehin noch Gedenktage genug bevorſtehen, z. B. der 18. Januar, der ganz hervorragend geeignet wäre als ein Tag, an dem in dieſer Sache etwas ge⸗ ſchehen könnte. Bis jetzt iſt von Berlin noch keine Antwort eingegangen. Wir haben uns kürzlich telephoniſch erkundigt und erfahren, daß die Sache noch dem Herrn Oberbürgermeiſter von Berlin zur Entſcheidung vorliege, und daß ein Beſchluß des Magiſtrats noch nicht gefaßt ſei, daß aber die Erledigung der Angelegenheit in kürzeſter Friſt bevorſtehe. Ich möchte Sie bitten, bei Ihrer Be⸗ ſchlußfaſſung darauf Rückſicht zu nehmen. Stadtv. Otto: Meine Herren, in den Aus⸗ führungen des Herrn Kollegen Zietſch lag ohne Zweifel etwas ſehr Berechtigtes. Aber der Be⸗ gründer unſeres Antrages hat den Grundgedanken des Herrn Kollegen Zietſch bereits zum Ausdruck gebracht (Zuruf — nicht vergeſſen —, indem er kurz und vräzis ſagte: wir heben ausdrücklich hervor, daß es eigent⸗ lich die Verpflichtung des Reiches iſt — das hat Herr Kollege Braune ſogar mit erhobener Stimme ge⸗ ſagt —, ſeinen Verpflichtungen gegen die Veteranen zu genügen. Herr Kollege Zietſch hat das auch aus⸗ geführt, und er hat — ich wiederhole es — damit ſehr berechtigte Empfindungen zum Ausdruck gebracht. Trotzdem wende ich mich gegen den Zuſatz, den er beantragt: o b und in welcher Weiſe. Die Frage, ob etwas zu tun iſt, war für uns erledigt. (Stadtv. Jachmann: Sehr richtig!) Wir haben die Abſicht, zu helfen. Wenn wir ſagen: wir haben nicht die Pflicht zu helfen, das Reich hat die Pflicht, alſo laſſen wir die Sache, wie ſie iſt, dann iſt das die Logik des Jungen, der ſagt: „Es iſt meinem Vater ganz recht, daß mir die Hände frieren! Warum kauft er mir keine Handſchuhe!“ (Sehr richtig!) Dieſe Jungenlogik wollen wir nicht gelten laſſen. Darum haben wir das Wort „ob“ gar nicht in unſeren Antrag hineingeſetzt, ſondern wir wollen uns in der gemiſchten Deputation über die Mo⸗ dalitäten unterhalten. Ich habe nichts dagegen, wenn Herr Stadtrat Seydel zum Ausdruck gebracht hat, daß wir wo⸗ möglich mit Berlin und den Vororten einheitlich in der Sache vorgehen. Das Schweigen des Berliner Magiſtrats wird ſich ja bald in Reden verwandeln müſſen; denn es wird ja Herrn Stadtrat Seydel bekannt ſein, daß auch die Berliner Stadtver⸗ ordnetenverſammlung einen ähnlichen Antrag an⸗ genommen hat. Sollte aber das Schweigen länger anhalten, und ſollten andere Vororte auch eine gewiſſe Zurückhaltung zeigen, ſo hoffe ich, daß das für uns keine Veranlaſſung iſt, den Degen in die