Antrag Zietſch ansgeſprochen hat, Sitzung vom 14. Scheide zu ſtecken. Wir wollen unzweideutig zeigen, daß wir etwas tun wollen. Es kann nicht viel ſein; das iſt ſelbſtverſtändlich. Und es kann nicht bedeuten: wir verneinen dadurch die Pflicht des Reiches. Im Gegenteil, es ſoll eine gewiſſe moraliſche Schuld auf das Reich laden, in⸗ dem wir ſagen: wir, die wir abſolut nicht ver⸗ pflichtet ſind, erkennen an, daß etwas geſchehen muß, wir tun das nach unſeren Kräften, nun, Reich, das du verpflichtet biſt, tue, was deine Pflicht iſt! (Die Beratung wird geſchloſſen.) Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung): Meine Herren, ich möchte doch die Herren Antragſteller bitten, das Amendement Zietſch in ihren Antrag aufzunehmen, und zwar aus praktiſchen Gründen. Wenn Sie das nicht tun, dann können wir über den Antrag heute gar nicht abſtimmen; denn dann wäre es ein Antrag von Mitgliedern, der eine Geld⸗ bewilligung in ſich ſchließt oder in Zukunft herbei⸗ zuführen beſtimmt iſt. Solche Anträge müſſen nach § 13 der Geſchäftsordnung, ſofern ſie nicht ab⸗ gelehnt oder ohne Widerſpruch angenommen werden, einem Ausſchuß zur Vorberatung über⸗ wieſen werden. Wir müſſen alſo dann einen Aus⸗ ſchuß einſetzen, der den Antrag Braune berät, und erſt in der nächſten Sitzung, nach der Bericht⸗ erſtattung des Ausſchuſſes, dürfen wir uns darüber ſchlüſſig werden, ob wir den Antrag auf Einſetzung einer gemiſchten Deputation annehmen wollen oder nicht. Aus dieſem reinen Zweckmäßigkeitsgrunde wäre es doch angezeigt, das Amendement aufzu⸗ nehmen. Dann ſtände der Annahme des Antrages Braune nichts im Wege. Vorſteher Kaufmann: Das iſt geſchäfts⸗ ordnungsmäßig zweifellos richtig. Stadtv. Otto (zur Geſchäftsordnung): Ich wollte eben meine Z3weifel an der richtigen Aus⸗ legung der Geſchäftsordnung zum Ausdruck bringen. Der Antrag bezweckt, daß der Magiſtrat zunächſt zu erklären hat, ob er dem Antrage, eine gemiſchte Deputation einzuſetzen, beitritt. Dieſe Erklärung des Magiſtrats, ob er dieſer Einſetzung einer ge⸗ miſchten Deputation beitritt, hebt nach meiner Auffaſſung dieſe Geſchäftsordnungsbeſtimmung auf. (Widerſpruch.) — Das iſt meineę Auffaſſung. Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung): Selbſt⸗ verſtändlich muß der Magiſtrat ſeine Zuſtimmung erklären. Aber das muß er auch bei einem einfachen Antrage auf Bewilligung von Geldmitteln, der nicht in die Form eines Antrages auf Einſetzung einer gemiſchten Deputation getleidet iſt. Im übrigen kann gerade nach der Rede, die Herr Kollege Otto zur Sache gehalten hat, gar kein Zweifel darüber ſein, daß der Antrag Braune ein Antrag iſt, der eine Geldbewilligung in ſich ſchließt. Ich hatte früher noch daran gezweifelt; aber nachdem Herr Kollege Otto ſich mit ſolcher Schärfe gegen den ſind meine Zweifel beſeitigt. Nachdem er erklärt hat, welches die Abſicht der Antragſteller iſt, muß der Antrag einem Ausſchuß überwieſen werden. Stadtv. Dr. Frentzel (zur Geſchäftsordnung). Daß der Antrag eine Geldbewilligung in ſich ſchließt, September 1910 375 gebe ich ohne weiteres zu. Ich gebe auch zu, daß der reine Wortlaut der Beſtimmung der Geſchäfts⸗ ordnung zum mindeſten Zweifel erregen kann. Der Sinn der Beſtimmung iſt ſicherlich nicht derjenige, den Herr Kollege Hirſch ihr unterlegt; da ſtehe ich vollſtändig auf dem Standpunkt des Herrn Kollegen Otto. Der Sinn dieſer Beſtimmung ſoll doch nur beſagen, daß eine Geldbewilligung nicht unmittelbar in der Plenarſitzung beſchloſſen werden ſoll. Das kann auch nicht geſchehen; denn es ſoll erſt eine gemiſchte Deputation darüber beraten. (Zuruf des Stadtv. Hirſch.) — Das iſt richtig, ſie trägt nicht den Namen: Aus⸗ ſchuß; es iſt auch nach der Städteordnung etwas anderes. Aber in der Sache wird die Bewilligung erſt ausgeſprochen nach einem Zwiſchenſtadium. Deswegen iſt der eigentlichen Sache nach der Standpunkt des Herrn Kollegen Otto der richtige. Wenn man ſich an das bloße Wort hält, kann man vielleicht auf die Idee kommen, Herr Kollege Hirſch hätte Recht. Stadtv. Dr. Borchardt (zur Geſchäftsordnung): Herrn Kollegen Frentzel möchte ich doch entgegen⸗ halten, daß der Sinn des betreffenden Paragraphen der Geſchäftsordnung der iſt, daß nicht in einer einzigen Sitzung ſofort eine Frage, die eine Geld⸗ bewilligung in ſich ſchließt, vom Plenum entſchieden werden ſoll. Wenn aber der Antrag angenommen wird, ſo iſt das Plenum feſtgelegt auf eine Geld⸗ bewilligung. Es iſt alſo dann gerade dem Sinn dieſer Beſtimmung der Geſchäftsordnung durchaus entgegengehandelt. Vorſteher Kaufmann: Meine Herren, in der Auslegung der Geſchäftsordnung ſtehe ich auf Seite des Herrn Kollegen Hirſch. Es iſt zweifellos, daß, ſobald der Magiſtrat eine gemiſchte Deputation ein⸗ ſetzt, dieſe gemiſchte Deputation ſich damit zu be⸗ ſchäftigen hat, in welcher Weiſe eine Hilfe be⸗ ſchloſſen werden ſoll. Daß man nicht hilft ohne Geldzahlung, iſt Ihnen allen klar; mithin ſchließt der Antrag eine Geldbewilligung in ſich ein. Ich möchte aber die Herrn bitten, ſich nicht zu ſehr an dem Worte „ob“ zu ſtoßen; denn Sie erreichen dasſelbe, und Sie haben ſogar die Einſtimmigkeit für den Antrag erreicht. Stadtv. Dr. Frentzel (zur Geſchäftsordnung): Wir wollen dieſen Streit nicht länger fortführen; wir wollen möglichſt ſchnell auf das erreichbare Ziel zuſteuern, und deshalb ſind wir bereit, Ihrem Amendement zuzuſtimmen. (Bravo!) Antragſteller Stadtv. Braune (Schlußwort): Meine Herren, ich habe aus den Ausführungen des Herrn Kollegen Zietſch herausgehört, daß er unſerem Antrage eine zu große Tragweite beimißt. Wir wollen nur — das war vorher mit einigen Kollegen beſprochen — hilfsbedürftigen Kriegsveteranen eine einmalige Zuwendung zukommen laſſen, die ſich als ſolche erſt wieder in zehn Jahren wiederholen wird gelegentlich der 50jährigen Wiederkehr des Gedenk⸗ tages. Gewiß ſtehe ich hierbei auf dem Standpunkt, den Sie auch vertreten haben, Herr Kollege Zietſch, daß es Reichsſache iſt. Aber, meine Herren, wir können doch nicht deswegen die Leute hungern