384 ſitzung am 21. September geſetzt werden konnte und eine weitere Sitzung ſeitdem nicht mehr ſtatt⸗ fand, habe ich ſelbſtändig die Zuſtimmung erteilt und bitte um nachträgliche Genehmigung. Zugleich möchte ich aber die Verſammlung erſuchen, den Stadtverordnetenvorſteher zu ermächtigen, bei derartigen Geſuchen um Überlaſſung des Sitzungs⸗ ſaales, die ſ atzungsgemäß einen Gemeindebeſchluß erfordern, ſeinerſeits Verfügung treffen zu dürfen. Wenn ich keinen Widerſpruch höre, nehme ich an, daß die Verſammlung damit einverſtanden iſt. — Es iſt nicht widerſprochen worden; es wird in Zukunft nicht erſt des Beſchluſſes der Verſammlung bedürfen, ſondern durch den Stadtverordneten⸗ vorſteher kurzerhand darüber verfügt werden. Wir treten in die Tagesordnung ein. Punkt 1: Vorlage betr. Einrichtung eines Experimentier⸗ kurſus für Chemielehrer an den Gemeindeſchulen. — Druckſache 260. (Die Beratung wird eröffnet.) Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, dieſe Vorlage iſt ja durch einen bedauerlichen Un⸗ glücksfall veranlaßt. Ich glaube, der Weg, der hier eingeſchlagen wird, um für die Zukunft derartige Fälle zu vermeiden, iſt durchaus der richtige oder wenigſtens einer der Wege, die dazu führen können, ſolche Vorkommniſſe in Zukunft auszuſchließen. Auch der gewählte Lehrer, der die Kurſe geben ſoll, ſcheint eine durchaus geeignete Kraft und nach den Akten, die ich eingeſehen habe, ja auch in derartigen Kurſen bereits bewährt zu ſein. Was mir auffällt, iſt der Preis, der hier für die Honorierung des betreffenden Herrn angeſetzt iſt. Die ganze Summe iſt ja nicht ſehr hoch. Das iſt ohne weiteres zuzugeben. Aber, meine Herren, eine ſolche Vorlage hat doch weitere Konſequenzen für andere Fälle, wo ſolcher Unterricht gegeben wird: denken wir an franzöfiſche, engliſche Unter⸗ richtskurſe, die bei uns eingerichtet ſind. Dem Betreffenden ſoll pro Stunde ein Betrag von 10 ℳ gegeben werden. Meine Herren, man kann die Sache nicht nur ſo auffaſſen, ſondern muß dabei bedenken, daß er für 3 Stunden, die er hinter⸗ einander gibt, 30 ℳ erhält. Für 3 Stunden 30 ℳ erhalten nur ſehr wenige in ſehr hoher Stellung befindliche Herren, Autoritäten; meiſt iſt der Be⸗ trag nicht mal ſo hoch. Ich weiß z. B., daß eine hier in Charlottenburg wohnende Autorität auf präziſionstechniſchem Gebiete, ein Profeſſor und Geheimer Regierungsrat, der einen ſehr geachteten Namen hat, an der Handwerkerſchule in Berlin etwa 7 ℳ pro Stunde bekommt, und dabei hat er hinterher nur 2 Stunden zu geben. Wenn jemand 1 Stunde gibt, ſo hat er auf den Weg vielleicht noch 2 Stunden zu rechnen; wenn er 3 Stunden gibt, dann verteilt ſich die Zeit, die er auf den Weg ver⸗ wenden muß, auf dieſe 3 Stunden, und es würde demnach als Stundenſatz ein geringerer Betrag genügen. Meine Herren, ich glaube, ein derartiges Vor⸗ gehen hat zur Folge, daß ſich in der Bürgerſchaft Stimmen bemerkbar machen von Leuten, die auch eine gewiſſe Ahnung von dieſen Dingen haben, die das zu beurteilen verſtehen, Stimmen, die da lauten: die Stadtverwaltung, Magiſtrat und Stadt⸗ verordnete denken wohl doch nicht genügend ber Sitzung vom 19. Oktober 1910 ihren Vorlagen daran, daß ſie nicht aus ihrer Taſche wirtſchaften, ſondern daß es das Geld der Bürger⸗ ſchaft iſt. Ich habe übrigens auch in den Akten eine Be⸗ merkung des Dezernenten gefunden, daß dieſe Summe recht hoch iſt. Eine weitere Folge iſt aller⸗ dings dieſer Bemerkung nicht gegeben worden. Ich glaube, bei aller Wertſchätzung des betreffenden Herrn, daß wir doch vollkommen der Sache genüge tun, wenn wir für die 3 Stunden einen Betrag von 20 ℳ ausſetzen. In den Akten iſt allerdings — ich will das nicht verſchweigen — auch vermerkt, daß der Herr bei der Regierung von Potsdam bei einem Kurſus pro Stunde 10 ℳ erhalten hat. Es ſteht aber nicht da, wieviel Stunden er dort hintereinander gegeben hat. Ob es dieſelbe Zahl war, weiß ich nicht. Jedenfalls iſt das für uns nicht maßgebend. Wir müſſen unſere ſonſtigen ſtädtiſchen Verhältniſſe in Betracht ziehen, und da ſcheint mir die Summe zu hoch zu ſein. Es wäre eine durchaus anſtändige Honorierung, wenn wir für 3 Stunden den Betrag von 20 ℳ ausſetzten. Ich glaube auch, daß unſere Oberlehrer, vielleicht ſogar Gymnaſialdirektoren in ähnlichen Fällen höhere Beträge nicht bekommen haben. Ich beantrage daher, die Summe von 600 auf 400 ℳ herabzuſetzen. (Bravo!) Stadtſchulrat Dr. Neufert: Der Herr Vor⸗ redner hat ſelbſt betont, daß ich einen Vermerk in den Akten gemacht habe, ob die Summe von 10 für die Stunde nicht etwas zu hoch ſei, und ich habe deshalb den Herrn, der die Vorbereitungen ge⸗ troffen hat, Herrn Stadtſchulinſpektor Sandt, gebeten, weiter zu recherchieren. Es iſt alſo dieſer Sache Folge gegeben worden, und dabei haben wir uns überzeugt, daß wir wohl nicht anders können, wenn wir den ſehr viel beſchäftigten Herrn für Charlottenburg gewinnen wollen. Ich glaube nicht, daß wir ihm weniger geben können, als die König⸗ liche Regierung ihm gegeben hat, und als er auch anderweitig ſchon bekommen hat. Meine Herren, es iſt vielleicht nicht genügend gewürdigt worden, daß der Herr doch auch eine Menge Vorbereitungen zu treffen hat. Er kommt nicht bloß hin, hält ſeinen Vortrag und geht wieder weg, ſondern er hat ſich vorher eine längere Zeit darauf vorzubereiten, hat die Apparate in Ordnung zu bringen, die Materialien zu beſchaffen. Es läßt ſich unmöglich zeitlich berechnen, wieviel er an den einzelnen Tagen für die Vorbereitungen in An⸗ ſpruch genommen wird. Wir haben uns daher ent⸗ ſchloſſen, wie auch ſonſt in der Schule, nach Unter⸗ richtsſtunden zu rechnen. Das Ausſchiaggebende bei der Sache iſt doch wohl aber, daß es uns daran gelegen ſein muß, einen Mann erſter Qualität zu bekommen. Ich zweifle nicht, meine Herren, daß, wenn wir eine Aus⸗ ſchreibung veranſtalteten, wir vielleicht einen Mann finden würden, der es für 3 oder 5 ℳ machen wollte. Aber das bezweifle ich ganz entſchieden, daß jemand, der ſich zu dieſem Preiſe bereit erklärt, ſeine Be⸗ fähigung nachweiſen kann. Wir müſſen einen unbedingt erfahrenen Schulmann, einen wiſſen⸗ ſchaftlich tüchtigen Mann, der zu experimentieren verſteht, einen Mann, der den Stoff vollſtändig beherrſcht und das Wichtigſte herauszugreifen ver⸗ mag, dorthin ſetzen.