Sitzung vom 19. Oktober 1910 387 übertragung derjenigen Teile, welche zu dieſer! den Schöneberg erleidet, auf der anderen Seite Enklave der Stadt Schöneberg gehören. Wenn ich auf dieſe Punkte nun im einzelnen noch etwas eingehen darf, ſo muß ich mich zunächſt bei demjenigen aufhalten, was der Vorlage den Namen und was den Anſtoß zu dieſem ganzen Ver⸗ trage gegeben hat, nämlich die Erbauung dieſes bereits genannten Bauwerks. Ich erlaube mir in dieſer Beziehung im weſentlichen auf die Pläne zu verweiſen, die dort an der Tafel befeſtigt ſind, da eine wörtliche Beſchreibung ja in keiner Weiſe das wiedergeben könnte, was dort zeichneriſch darge⸗ ſtellt iſt. Es muß ohne weiteres zugegeben werden, daß vom Standpunkte des Verkehrs aus angeſehen dieſe Anlage als durchaus zweckmäßig bezeichnet werden kann, weil dadurch ermöglicht wird, daß die Paſſagiere von der Hochbahn direkt in die Station der Untergrundbahn hinein gelangen. Sie werden aus den Plänen ſehen, daß entgegen der früher gemachten Vorlage nunmehr ein bedachter Gang geführt werden ſoll von der Weſtſeite des Nollendorfplatzbahnhofes, unter dem ſich die Sohle dieſes Ganges ſenkt bis auf das Niveau der Unter⸗ grundbahnſtation, ſo daß die Paſſagiere in dem Gange ſelbſt, ohne mit der weiteren Umgebung in Berührung zu kommen, dieſe Station erreichen können. In dem Vertrage iſt glücklicherweiſe vorge⸗ ſehen, daß die architektoniſche Ausgeſtaltung dieſes Bauwerks auch noch der Mitarbeit unſerer Char⸗ lottenburger Kräfte unterliegen ſoll. Ich muß Ihnen ſagen, daß ich mir von meinem Standpunkt aus allerdings von dieſer Arbeit etwas Beſentliches verſpreche. Es handelt ſich ja hier um Geſchmacks⸗ fragen, über die man nicht ſtreiten kann, und in denen man kaum jemand wird überzeugen können. Ich bin aber der Meinung, daß man, was die Außere architektoniſche Ausgeſtaltung dieſes Bau⸗ werks anlangt, noch erhebliche Verbeſſerungen an⸗ bringen könnte und ſollte. Die Beſtimmungen für die Bahnkonzeſſion ſind in dem Vertrag etwas ſehr ausführlich ge⸗ halten und vielleicht dadurch in manchen Punkten auf den erſten Blick nicht ſo ganz leicht verſtändlich. Bei näherer Durcharbeitung werden Sie aber finden, daß ſie im weſentlichen dem alten Vertrage entnommen und ſo deutlich und einwandsfrei ſind, daß ich über ſie hier weiter nichts zu äußern habe. Etwas komplizierter ſind die Beſtimmungen, welche den Entgelt betreffen, den wir für die Konzeſſion von der Stadt Schöneberg erhalten; denn hier ſind in anderer Weiſe, als es bei dem urſprünglichen Vertrage der Fall war, zwei ver⸗ ſchiedene Fälle zu berückſichtigen, weil es nämlich möglich iſt — ich ſage: möglich iſt, obgleich ich es für ausgeſchloſſen halte —, daß die Stadt Schöne⸗ berg von der Konzeſſionsgenehmigung keinen Ge⸗ brauch macht oder erſt ſpäter Gebrauch macht, nachdem die Umgemeindung und die Eigentums⸗ g abtretung bereits erfolgt iſt. Deshalb iſt zu unter⸗ ſcheiden: falls die Stadt Schöneberg von der Weiterführung der Bahn keinen Gebrauch macht, bekommen wir die Umgemeindung nicht gratis, ſondern wir haben dafür eine Entſchädigung zu leiſten, über die nun eine Vereinbarung zu treffen iſt, und worüber mangels einer ſolchen der Re⸗ gierungspräſident von Potsdam einen Schieds⸗ ſpruch fällen ſoll, indem auf der einen Seite der Ausfall der Kommunalſteuern zu berückſichtigen iſt, die Aufwendungen zu berückſichtigen ſind, die es aus kommunalem Intereſſe hier zu leiſten hat. Die Eigentumsübertragung würde auch in dieſem Falle nicht etwa zu dem Koſtenpreiſe Schönebergs ge⸗ ſchehen, ſondern nach den Grundſätzen des Ent⸗ eignungsrechts. Ganz anders ſtellen ſich die Ver⸗ hältniſſe dar, falls Schöneberg die Bahn fortſetzt, ſei es auch nur bis zur künftigen Station Nollendorf⸗ platz. Dann erhält Schöneberg für die Umge⸗ meindung der Wieſen keinen Gegenwert, und wir zahlen für die Ubertragung des Eigentums lediglich das, was Schöneberg ſeinerzeit gezahlt hat plus Zinſen. Aus der Vorlage geht nicht hervor, um welche Grundſtücke es ſich handelt; dagegen iſt das in der Vorlage des Jahres 1909 enthalten. Ich möchte kurz mitteilen, daß es ſich im ganzen um 4 Grund⸗ ſtücke von einer Geſamtgröße von 437,5 Quadrat⸗ ruten handelt, und daß der Kaufpreis, der dafür zu erlegen wäre, ohne Zinſen nach der jetzigen Feſt⸗ ſtellung 415 ℳ betragen würde. Tritt aber dieſer Fall ein, nämlich der Fall der unentgeltlichen Um⸗ gemeindung und der Zahlung des von Schöneberg gezahlten Kaufpreiſes für die Grundſtücke, ſo kommen noch einige kleinere Sonderbeſtimmungen in Betracht. Zunächſt fällt die Entſchädigung, die nach dem Vertrage vom 1. September 1909 von Schöneberg für den Bahnbau in der Motzſtraße zu leiſten iſt, fort, und wir treten damit wieder auf den Boden, den die urſprüngliche Vorlage vorſah, bei dem eine Gebührenfreiheit ausgemacht war. Z3weitens wird auch die Stadt Schöneberg von allenKommunal⸗ ſteuern wirklich befreit. Da aber eine Befreiung durch beſonderes Verzichtleiſten auf die Steuer nicht nötig iſt, ſo hat man den Weg gewählt, daß man ihr einen Entgelt zahlt in genau der gleichen Höhe, wie die Kommunalſteuern ausmachen würden. Für die Kommunalſteuen kämen Einkommen⸗ und Gewerbeſteuer in Betracht. Ich glaube, daß die Einkommenſteuer zunächſt ſehr gering ſein wird. Endlich — und das iſt der Punkt, der am meiſten zu Hin⸗ und Herverhandlungen zwiſchen den beiden Magiſtraten Veranlaſſung gegeben hat — haben wir zu zahlen den zehnfachen Betrag des Steuerſolls für 1910, den der Bahnfiskus für den Anteil des Bahnhofs an Charlottenburg zu zahlen hätte, der heute auf Schöneberger Gebiet liegt. Es hat ſich nämlich im Laufe der Verhand⸗ lungen die merkwürdige Tatſache herausgeſtellt, daß Schöneberg dort von dem Bahnfiskus Steuern zu erheben das Recht gehabt hätte, ſie aber nie erhoben hat, daß vielmehr dieſe in unſere Taſche gefloſſen ſind. Schöneberg wäre alſo nunmehr in der Lage, ohne weiteres die Steuern für die drei letzten Jahre noch einzuziehen. Es hat ſich bei dieſer Forderung nicht begnügt, ſondern iſt darüber hinausgegangen und hat den zehnjährigen Betrag enommen. Ob dieſe Forderung in ihrer ganzen Höhe berechtigt iſt oder nicht, das möchte ich hier nicht weiter unterſuchen. Ich halte es jedenfalls für richtig, daß ſich der Magiſtrat ſchließlich nach langem Hin⸗ und Her auf den Standpunkt geſtellt hat: noblesse oblige, und in dieſes Opfer — denn es iſt ein Opfer — ohne weiteres willigt; ein Opfer, das aber doch als verhältnismäßig ſehr klein anzuſehen iſt, wenn wir die Vorlage und den Gegenwert als Ganzes betrachten, und wenn wir uns vergegenwärtigen, daß die Eingemeindung der