Sitzung vom 19. Oktober 1910 alſo ſo lange mit Räumen, von denen ich gern zugebe, daß ſie nur ſehr wenig ausreichend ſind, behelfen müſſen, bis wir die Mittel der Anleihe haben. Stadtverordneter Bollmann: Meine Herren, in die Anleihe für 1908 ſind nach den Akten für den Bau eines Schulhauſes für die obli⸗ gatoriſche Fortbildungsſchule rund 1 800 000 ℳ und für den Bau eines Schulhauſes für die Mädchen⸗Fortbildungsſchule 300 000 ℳ eingeſtellt worden. Ich habe auch bereits in dem ſogen. 40 Millionen⸗Ausſchuß darauf hingewieſen. Wenn ich den Herrn Stadtſchulrat richtig verſtanden habe, ſo iſt ein größerer Teil dieſer Beträge deshalb zurückgeſtellt worden, weil die Frage des Neu⸗ baues einer Fortbildungsſchule an⸗ ſcheinend nicht zu den brennenden Fragen gerechnet worden iſt. Herr Kollege Otto hat bereits am 22. September 1909 die Mißſtände, die in der Mädchen⸗Fortbildungsſchule herrſchen, geſtreift, und am 15. März 1908 hat der Char⸗ lottenburger Fortbildungsſchulverein an den Magiſtrat eine Petition gerichtet, die ich in den Akten leider vergeblich geſucht habe; ſie iſt nicht darin zu finden. In dieſer Petition werden in eingehender Weiſe die dort herrſchenden Mißſtände beleuchtet. Meine Herren, ich ſelbſt habe mir heute zum zweiten Male die Räume angeſehen, und ich muß ſagen, d a ß die Zuſtände dort tatſächlich Char⸗ lottenburgs unwürdig ſin d. Meine Herren, das ſind keine Klaſſenräume mehr, man kann ſie faſt als Ställe bezeichnen. Meine Herren, die Schule in der Wallſtr. 75 iſt durch Hinzunahme der Hintergebäude von Wallſtr. 80 vergrößert worden. Die Zimmer in der Wallſtr. 80 ſind ſo eng, daß für eine Klaſſe mit 20 Schülern nur 16 und für eine Klaſſe mit 30 Schülern nur 23 Plätze verfügbar ſind. Die ſo⸗ genannten Zeichenſäle ſind zwei zuſammen⸗ hängende Zimmer, aus welchen die Tür und der größere Teil der Zwiſchenwand entfernt iſt, ſo daß dem Lehrer, der dort unterrichtet, faſt jede Überſicht fehlt; er kann die Klaſſe unmöglich genau über⸗ ſehen. Dazu kommt noch die koloſſal geringe Höhe der Zimmer. Wenn der betreffende Lehrer auf dem Podium ſteht — es wird ja auch ſehr häufig abends dort unterrichtet, — und es brennen etwa 16 Gasflammen, ſo iſt es vor Hitze nicht aus⸗ zuhalten, und dem Lehrer wird der Überblick ſehr beeinträchtigt. Dazu kommt ferner, daß auf den Nachbar⸗ grundſtücken Gewerbe betrieben werden, die großen Lärm verurſachen, z. B. eine Schmiede. Es befinden ſich weiter auf dieſen Grundſtücken Stallungen, die wöchentlich einmal ausgemiſtet werden, ſo daß dadurch ein nicht gerade ange⸗ nehmer Geruch dort verbreitet und eine Lüftung der Zimmer unmöglich wir d. Außerdem ſind die Treppen in dem Ge⸗ bäude derartig ſchmal, daß bei einem ausbrechenden Feuer tatſächlich das größte Unglück entſtehen kann. Meine Herren, außerdem befinden ſich auch noch auf dem Hausflur Kloſetts und Piſſoirs, die natürlich auch nicht zur Verbeſſerung der Luft in den Räumen beitragen können. Die teilweiſe recht koſtſpieligen Lehrmittel ſind auch recht un⸗ günſtig untergebracht und leiden durch den Trans⸗ port. 393 Meine Herren, ich möchte namens meiner Fraktion an den Magiſtrat die dringende Bitte richten, nunmehr dafür zu ſorgen, daß in den Fortbildungsſchulen — denn, meine Herren, die Verhältniſſe in den anderen Fortbildungsſchulen liegen ähnlich, ſind auch nicht beſonders gute, wie mir mitgeteilt worden iſt; das habe ich aber nicht perſönlich unterſucht, ſondern ich ſtütze mich hauptſächlich auf die Be⸗ ſichtigung der obligatoriſchen Fortbildungsſchule — ſchleunigſt Abhilfe geſchaffen werden muß. Ich betone nochmals, daß ich durch meine Fraktion beauftragt worden bin, an den Magiſtrat das dringende Erſuchen zu richten, die län g ſt projektierte Fortbildungsſchule im ſchnellſten Tempo zu bauen und auch den Bau der Schulen über⸗ haupt mehr wie bisher zu be⸗ ſchleunigen. Die Verhältniſſe in der Wall⸗ und Krummen Straße ſind einfach unhaltbar. Man verwendet in neuerer Zeit beſondere Fürſorge auf die der Schule ent wachſene Iugend durch Gründung von Jugend⸗Spiel⸗ und Turnklubs, auch Lehrlingsheimen. Zur Löſung dieſer wichtigen ſozialen Aufgaben müſſen in dem Neubau entſprechende Räume vorgeſehen werden; denn in die jetzigen er⸗ bärmlichen Mietsräume bekommt man keinen jungen Menſchen hinein. Ich bitte den Magiſtrat nochmals, die Angelegenheit nunmehr energiſch in die Hand zu nehmen, und ich möchte auch an die Mitglieder der Fortbildungsſchuldeputation die Bitte richten, ſich ihrerſeits der Sache anzunehmen. Für meine Angaben trete ich jederzeit ein; ſie werden voll beſtätigt werden. Im übrigen habe ich die Zuſtände noch ſehr roſig geſchildert. Sta dtſchulrat Dr. Neufert: Der letzten An⸗ ſicht des Herrn Vorredners kann ich nicht beitreten; die Schilderung war nicht roſig, ich halte ſie im Gegenteil für ſehr dunkel gefärbt, z. B. in bezug auf die Lüftung. Meine Herren, ich gebe zu, daß wir uns mit wenig günſtigen Räumen in der Wallſtr. 80 und 5 be⸗ helfen müſſen. Die Räume in der Wallſtraße 80 ſind erſt ſeit kurzer Zeit zur Verfügung geſtellt worden. Es ſind früher jahrelang Volksſchulklaſſen in demſelben Hauſe geweſen, und es ſind, trotzdem die Volksſchulkinder ja viel längere Zeit in denſelben Räumen bleiben müſſen, auch nicht annähernd die Klagen gekommen, wie ſie jetzt vorgebracht worden ſind. Wären wir derſelben Meinung geweſen, ſo hätten wir gar nicht verantworten können, daß dieſe Räume für Schulzwecke überhaupt gemietet wurden. Nun, meine Herren, die Fortbildungsſchul⸗ deputation hat ſich in den nächſten Sitzungen wieder mit dieſen Fragen zu beſchäftigen, und zwar in Verbindung mit einer anderen. Das Kuratorium unſerer Kunſtgewerbe⸗ und Handwerkerſchulen hat die Frage geprüft, ob die Räume, welche gegen⸗ wärtig in der Wilmersdorfer Straße und der Brauhofſtraße gelegen ſind, überhaupt für eine Kunſtgewerbe⸗ und Handwerkerſchule geeignet ſind. Auf Veranlaſſung der dort untergebrachten akademiſchen Maler hat ſich das Kuratorium nach eingehender Prüfung auf den Standpunkt geſtellt: nein, ſie ſind nicht geeignet, und auch die beiden Seitenflügel, die noch angebaut werden können,