Sitzung vom 19. Oktober 1910 Punkt 17 der Tagesordnung: Mitteilung betr. Fleiſchnot und Wahl von 10 Mit⸗ gliedern für die gemiſchte Deputation. — Druck⸗ ſache 275. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen.) Die Stadtverordnetenverſammlung hat Kennt⸗ nis genommen und wird gleichzeitig die Wahl von 10 Mitgliedern für dieſe Deputation vorzunehmen haben. Es ſind in Vorſchlag gebracht die Stadt⸗ verordneten Dr Bauer, Dr Frentzel, Gebert, Kauf⸗ mann, Klick, Dr Landsberger, Mosgau, Protze, Dr Rothholz und Wenig. — Widerſpruch erfolgt 8. Dann ſtelle ich feſt, daß die Herren gewählt ind. Punkt 18 der Tagesordnung: Mitteilung betr. Beteranenunterſtützung und Wahl von 10 Mitgliedern für die gemiſchte Deputation. — Druckſache 276. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen.) Auch hier ſtelle ich feſt, daß die Stadtver⸗ ordnetenverſammlung Kenntnis genommen hat. Zur Wahl in dieſe Deputation ſind in Vorſchlag ge⸗ bracht die Stadtverordneten Braune, Gersdorff, Jaſtrow, Mann, Neukranz, Ruß, Scharnberg, Schwarz, Stein und Zietſch. Wenn kein Widerſpruch erfolgt, ſtelle ich feſt, daß die Herren gewählt ſind. — Widerſpruch erfolgt nicht; es iſt ſo beſchloſſen. Punkt 19 der Tagesordnung: Mitteilung betr. Erſatzwahl für einen Stadt⸗ verordneten. — Druckſache 277. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen.) Es handelt ſich um das Mandat des unbekannt verzogenen Stadtv. Max Vogel. Ich ſtelle feſt, daß die Verſammlung von dieſer Mitteilung Kenntnis nimmt. Die Neuwahl für dieſe Stelle iſt bereits ausgeſchrieben. Punkt 20 der Tagesordnung: Mitteilung betr. den Berſuch eines Geldgeſchenkes an einen Beamten. — Druckſache 278. Berichterſtatter Stadtv. Holz: Meine Herren, die Vorlage befaßt ſich mit dem Verſuch der Be⸗ ſtechung eines Beamten. Sie hat in der Offent⸗ lichkeit, beſonders in der Preſſe, mit Recht ein gewiſſes Aufſehen erregt; aber es iſt ſelbſtverſtänd⸗ lich, daß im Zeitalter der Publizität es notwendig iſt, daß davon gerade die breite Offentlichkeit Kenntnis bekommt. Über den Schriftwechſel, welchen Ihnen der Magiſtrat mitgeteilt hat, brauche ich referierend nichts mitzuteilen. Die Briefe ſind an ſich ſo ſchön geſchrieben, daß man ihren verwerflichen Zweck bedauern muß. Es handelt ſich hier nur darum, meine Herren, ob es nicht richtig war, daß der Mann zum Kucku geſchickt wurde, der es gewagt hat, einen ſtädtiſchen Beamten derartig zu behelligen. 395 Sie wiſſen, meine Herren, es handelt ſich um einen Stadtbauinſpektor, dem ein Angeſtellter einer Firma, die ſeit Jahren mit dem Magiſtrat in Ver⸗ bindung ſteht, ein Geldgeſchenk gemacht hat, und zwar mit dem ſchönen Briefe, der Ihnen hier vor⸗ liegt, in welchem der betr. Angeſtellte zum Aus⸗ druck bringt, es ſolle nur ein Akt der Dankbarkeit dafür ſein, daß er ſich immer des Wohlwollens des Herrn Bauinſpektors erfreuen konnte. Meine Herren, der Magiſtrat hat in dieſem Falle nach meinem Dafürhalten, und ich glaube wohl ſagen zu dürfen: nach dem Dafürhalten der ganzen Stadt⸗ verordnetenverſammlung, ſo korrekt gehandelt, wie eine Behörde nur immer handeln kann. Der Magiſtrat iſt nicht berufen, zu unterſuchen, ob eine ſtrafbare Handlung vorliegt oder nicht; dazu ſind die vom Staate verordneten Behörden, zunächſt die Königliche Staatsanwaltſchaft, da. Der Magiſtrat mußte aber bei der Prüfung dieſer An⸗ gelegenheit das Strafgeſetzbuch zur Hand nehmen. Er hat korrekt gehandelt, indem er ſagte: wenn eine Beſtechung vorliegt, würde nach den Be⸗ ſtimmungen des Geſetzes dasjenige Geld, welches zur Beſtechung dient, der Staatskaſſe zur Ver⸗ fügung geſtellt werden müſſen. Er hat daher die Verfügung getroffen, daß die Firma, die gewagt hat, einen ſtädtiſchen Beamten ſo in Verſuchung zu bringen, fernerhin keine Lieferungen erhalten ſoll, daß die Sache der Staatsanwaltſchaft übergeben und das Geld in Verwahrung genommen werden ſoll, — alles richtige Dispoſitionen, an denen kein Zweifel iſt. Charakteriſtiſch bei dem Verhalten des Herrn, der dieſen Beſtechungsverſuch gemacht hat, iſt allerdings der Inhalt ſeines Entſchuldigungs⸗ briefßes an Herrn Bürgermeiſter Matting vom 26. September 1910. Nachdem nämlich der Brief von dem Vertreter des Magiſtrats richtig behandelt, der Brief und das Geld entgegengenommen und von dem betr. Magiſtratsbeamten dem Abſender mitgeteilt worden iſt, daß das Geld an ſeinen Vor⸗ geſetzten abgeliefert worden ſei, kam der erwähnte lange, wirklich ſchöne Entſchuldigungsbrief an, in welchem ſich folgender Satz befindet: Da mein Chef, Herr Roſenfeld, von der Angelegenheit nichts weiß und auch nichts davon erfahren ſoll, anderenfalls ich ge⸗ wärtigen muß, meine Stellung zu verlieren, ſo bitte ich Sie höflichſt darum, dieſe Ange⸗ legenheit als meine rein perſönliche und private Sache zu behandeln und mir meine leicht⸗ fertige Handlungsweiſe nicht in unver⸗ dienter Weiſe entgelten zu laſſen. Meine Herren, ich glaube, der Herr muß den Magiſtrat bzw. die ſtädtiſchen Behörden für ſehr dumm halten, wenn er annehmen kann, daß der Magiſtrat etwa von der Vorausſetzung ausgeht, daß der Beſtechungsverſuch, wenn ein ſolcher vor⸗ liegen ſollte — es iſt ja nicht unſere Sache, das zu unterſuchen —, von dem Angeſtellten und nicht von der Firma ſelbſt gemacht iſt, und deshalb kann man nur ſagen: wär der Gedant' nicht ſo verflucht geſcheit, man wär' verſucht, ihn herzlich dumm zu nennen. Meine Herren, es iſt doch ſelbſtverſtändlich, daß, wenn ein Angeſtellter einer Firma es wagt, ſo zu verfahren, er dann nur namens der Firma ck handelt. Der Magiſtrat hat alſo korrekt gehandelt, indem er die Sache der Kgl. Staatsanwaltſchaft