402 willkürlich überhaupt nicht verfahre, ſondern ge⸗ ſchäftsordnungsmäßig. (Bravo!) Stadtv. Dr. Liepmann (zur Geſchäftsordnung, fortfahrend): Ich finde in der Geſchäftsordnung darüber keine Beſtimmung und glaube, daß ge⸗ ſchäftsordnungsmäßig, wenn eine Interpellation überhaupt in der Sitzung verhandelt wird, in der ſie eingebracht iſt, ſie richtiger Weiſe zu verhandeln wäre entweder am Anfang oder am Ende, falls nicht ein Beſchluß der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung darüber herbeigeführt wird. Aber, meine Herren, ich will dieſe Bedenken unterdrücken, weil ja unſere Gruppe und ich diejenigen ſind, gegen welche ſich die Interpellation richtet. Wenn wir auch nicht auf dieſen Angriff genügend vorbereitet ſind, kennen wir doch das Material genau und werden zwar nicht ſo ſchön vorbereitete Reden halten können wie die Herren, welche gegen uns hier auftreten, aber jedenfalls mit dem Material, das wir haben, genügend dienen. Ich würde alſo nicht widerſprechen, wenn Sie die Interpellation heute verhandeln wollen. Vorſteher Kaufmann: Zur Geſchäftsordnung gebe ich gleich weiter das Wort. Aber ich möchte erſt noch bemerken, daß der letzte Herr Redner von Reden ſpricht, die er noch gar nicht gehört hat. Ich habe die Anfrage aufgefaßt als eine Anfrage an den Magiſtrat, ob er ſich über die Finanzlage äußern will. Wir wiſſen ja noch gar nicht, was der Ma⸗ giſtrat ſagt, und ob ſich eine Beſprechung daran ſchließen wird. Stadtv. Dr. Crüger (zur Geſchäftsordnung): Meine HKerren, Herr Kollege Hirſch meint, es ſei eine Lücke in der Geſchäftsordnung. Das kann nur ſo aufgefaßt werden, daß er der Anſicht iſt, daß die Geſchäftsordnung hierüber nichts beſagt. Meines Erachtens iſt es auch gar nicht notwendig, daß darüber etwas geſagt wird. Denn eine Inter⸗ pellation wird mit Rückſicht auf ihre Dringlichkeit in der Erwartung eingebracht, daß ſie auch ſo bald wie möglich ihre Erledigung findet. Infolge⸗ deſſen wird, wie im Parlament die Regierung, hier der Magiſtrat angefragt, ob er die Interpellation beantworten will, und ſagt er Ja, und ſagt er: ſofort, ſo kommt ſie ſelbſtverſtändlich mit Rückſicht auf ihre Dringlichkeit auf die Tagesordnung. (Widerſpruch des Stadtv. Hirſch.) Im übrigen hat die Stadtverordnetenver⸗ ſammlung es in der Hand, die Interpellation an anderer Stelle zu erledigen. Iſt ſie der Meinung: wir wollen heute nicht darüber verhandeln, ſo, will ich zugeben, beſteht die Möglichkeit, daß die Sache vertagt wird. Alſo wir können uns hier leicht zuſammenfinden, wenn der Herr Vorſteher die Freundlichkeit hat, die Stadtverordnetenverſamm⸗ lung zu befragen, ob ſie jetzt die Sache erledigen will — und gleichzeitig auch den Punkt beſtimmen, bei welchem in die Verhandlung eingetreten wird. Da möchte ich mir erlauben, dem Wunſche des Herrn Kollegen Hirſch und ſeiner Freunde zu ent⸗ ſprechen, und bitten, die Angelegenheit vielleicht hinter die Beratung der Anträge des Petitions⸗ ausſchuſſes einzufügen. Dann werden ſie auch mit ſen Einfügung in die Tagesordnung einverſtanden ein. Nun zu der Bemerkung des Herrn Kollegen Sitzung vom 9. November 1910 Liepmann, der, indem er geſagt hat: entweder am Anfang oder am Ende muß die Interpellation be⸗ raten werden, zugegeben hat, daß wir heute über die Interpellation verhandeln. Er hat alſo kein Recht, ſich auf Herrn Kollegen Hirſch zu berufen, der einen anderen Standpunkt eingenommen hat. Dann, muß ich ſagen, hat es mich einigermaßen eigentümlich berührt, gerade von Herrn Kollegen Lievmann zu hören, die Herren wären nicht ge⸗ nügend vorbereitet. Ja, von Ihnen ſtammt doch eigentlich das Material, das zur Beſprechung ge⸗ ſtellt wird! Ich meine, wenn Sie das Material benutzt haben, müſſen Sie doch genügend vor⸗ bereitet ſein und haben nicht nötig gehabt, ſich heute für die Stadtverordnetenverſammlung noch erſt genügend vorzubereiten. (Bravo!) Stadtv. Dr. Stadthagen (zur Geſchäfts⸗ ordnung): Meine Herren, ich möchte mich ſtreng an die Geſchäftsordnung halten. Unſere Geſchäfts⸗ ordnung beſtimmt nach meiner Meinung über das Verfahren nichts. Das heißt: die Stadtverordneten⸗ verſammlung iſt ſouverän. Wir ſind nun in den Jahren, in denen ich die Ehre habe der Stadt⸗ verordnetenverſammlung anzugehören, im all⸗ gemeinen ſo verfahren, daß geſagt wird: es iſt eine Anfrage eingegangen, will der Magiſtrat ſie be⸗ antworten? Kat der Magiſtrat geſagt: ſpäter, dann iſt ſie auf die Tagesordnung einer anderen Sitzung geſetzt; hat er geſagt: ſofort, ſo iſt meiſtens vom Vorſteher erklärt worden: gut, dann gebe ich dem Kerrn Oberbürgermeiſter oder dem De⸗ zernenten das Wort. Das iſt geſchehen in der inneren Empfindung, daß, wenn eine Anfrage genügend unterſtützt iſt, die Mehrheit der Stadt⸗ verordnetenverſammlung an der betreffenden Stelle bzw. zu dem Zeitpunkt, wo die Anfrage vorgebracht wird, eventuell auch die Beratung will. Ich gebe aber zu, daß es vielleicht, ſtreng genommen, richtiger iſt, wenn in ſolchen Fällen, namentlich wenn irgendein Zweifel auftaucht, in dem Sinne des Herrn Kollegen Erüger verfahren wird, daß nämlich der Herr Vorſteher fragt: will die Stadtverordnetenver⸗ ſammlung die Anfrage ſofort verhandelt haben oder am Ende oder an einer anderen Stelle? Soweit Zweifel beſtehen oder Widerſpruch erhoben wird, iſt dieſes Verfahren, die Verſammlung zu be⸗ fragen, wohl jedenfalls das richtige. Es wird ja auch wohl jetzt die Angelegenheit ſo behandelt werden, da der Antrag des Herrn Kollegen Crüger dahin geht, daß die Anfrage nach Punkt 13 der Tagesordnung verhandelt wird. Ich möchte mich dieſem Antrage anſchließen. Vorſteher Kaufmann: Ich erinnere daran, daß ich hier jedesmal, wenn eine Geſchäfts⸗ ordnungsdebatte entſtand und über meine An⸗ ſchauung Zweifel waren — die im vorliegenden Falle meiner Auffaſſung aber zweifellos richtig iſt —, immer ſo verfahren bin, daß ich die Stadt⸗ verordnetenverſammlung gefragt habe. Alſo es iſt in Wirklichkeit ſtets ſo verfahren, und ich werde auch weiter ſo verfahren, daß ich dann nämlich, wenn Zweifel geäußert ſind, die Stadtverordneten⸗ verſammlung entſcheiden laſſe. Stadtv. Hirſch (zur Geſchäftsordnung): Mein Einſpruch gegen die ſofortige Beratung der Inter⸗ pellation hat zur Folge gehabt, daß ſowohl Herr