406 Stadtv. Dr. Frentzel: Meine Herren, ich habe durchaus den Eindruck gehabt, daß die Anfrage des Herrn Kollegen Zander ernſt und zwar ſehr ernſt gemeint war. Jedenfalls iſt es mir in dieſer An⸗ gelegenheit auch recht ernſt. Ich muß den Herrn Oberbürgermeiſter darin doch etwas rektifizieren, daß jedenfalls die Gepflogenheit der Deputationen — ich kenne das z. B. aus meiner Tätigkeit in der Gasdeputation her — in der Beziehung etwas anders iſt, als er hier dargeſtellt hat, nämlich ſo, daß bei gleichpreiſigen und auf gleich günſtigen Bedingungen lautenden Bewerbungen immer der Charlottenburger einen gewiſſen Vorrang hat. Dieſes Prinzip iſt auch derartig geſund und ver⸗ nünftig, daß es nicht bloß in unſerer Stadt befolgt wird, ſondern auch in ſehr vielen anderen Städten zu einer gewiſſen Übung geworden iſt, einer UÜbung, die ich als eine gute anſehen möchte, und von der ich nicht wünſchen möchte, daß von ihr abgegangen werden möchte. Wenn nun der Herr Oberbürgermeiſter nur ſo ganz allgemein ſagt: wir haben gar nichts gegen Charlottenburger, ſo verſteht ſich das ganz von ſelbſt. Denn daß Charlottenburger Handwerker oder Gewerbetreibende zum mindeſten ebenſo behandelt werden wie andere, das iſt wohl etwas, was ohne weiteres feſtſteht. Aber ich meine, es iſt wohl der Wunſch der Stadtverordnetenverſammlung immer geweſen, daß bei Bewerbungen und bei Ange⸗ boten, die zu gleichen Preiſen und, wie geſagt, zu gleich günſtigen Bedingungen von Charlottenburger Handwerkern oder Lieferanten eingereicht werden, dieſen der Vorzug vor auswärtigen gegeben werden möge. 124 447 44 14 Borſteher Kaufmann: Meine Herren, ich muß wiederholt dringend bitten, die Privatge⸗ ſpräche außerhalb dieſes Saales zu führen. Es iſt eine ſolche Unruhe, daß die Redner kaum zu ver⸗ ſtehen ſind. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Ich weiß nicht, Herr Stadtv. Dr Frentzel hat mich entweder mißverſtanden, oder ich habe mich nicht ganz präziſe ausgedrückt. Wir ſind derſelben Anſicht. Ich habe mich ganz ausdrücklich auf die Submiſſionsbe⸗ dingungen berufen, die der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung ſeinerzeit vorgelegt worden ſind, nach denen wir nach wie vor unſere Geſchäfte führen. Es iſt genau ſo, wie Herr Stadtv. Frentzel es geſagt hat: wir nehmen immer das wirtſchaftlichſte An⸗ gebot an; ſtehen ſich zwei wirtſchaftliche Gebote gleich, auf gleicher Stufe, von einem Auswärtigen und einem Charlottenburger, ſo bevorzugen wir den Charlottenburger. Das betone ich ausdrücklich. Das iſt auch das geweſen, was ich vorhin glaube geſagt zu haben, jedenfalls aber zum Ausdruck habe bringen wollen. Herr Dr Frentzel und ich ſtehen alſo durchaus auf demſelben Standpunkt. Stadtv. Zander: Ich muß mich dagegen ver⸗ wahren, daß mir hier unterſtellt wird, daß ich in ſpaßiger Weiſe Ausführungen mache. Ich ſpreche durchaus nicht zum Fenſter hinaus, ſondern ſehr ernſt, wenn ich derartiges anführe. Wenn der Herr Oberbürgermeiſter ſagt, daß die Sachen in zweckmäßiger Weiſe beſtellt werden, ſo erkenne ich das ſelbſtverſtändlich an. Aber ich ſehe nicht ein, daß eine Zweckmäßigkeit darin liegt, die früheren Lieferanten zu nehmen, ſondern da es Sitzung vom 9. November 1910 ſich um Arbeiten nach einem Schema handelt, um immer wieder dieſelben Gegenſtände, dieſelben Spinden, dieſelben Sophas, ſo meine ich, daß man die Charlottenburger Möbelhändler nimmt und ihnen ſagt: hier ſteht ein Spind, hier ſteht ein Sopha, lieferſt du die Möbel für dasſelbe Geld? Ich ſehe gar nicht ein, warum die Charlottenburger Möbelhändler nicht herangezogen werden. Sta dtbaurat Seeling: Meine Herren, wie bereits ausgeführt iſt, wird auch bei uns erſtrebt, Charlottenburger in erſter Linie zu berückſichtigen Bei dieſer Vergebung handelt es ſich nun um einen ganz ſpeziellen Fall, der auch von den Stadtver⸗ ordneten, die in der Hochbaudeputation ſitzen, und von uns eingehend erwogen worden iſt. Es kommt ja alle Jahre ein paarmal vor, daß Möbel beſtellt werden müſſen. In früheren Fällen haben wir Angebote eingezogen, und es hat ſich herausgeſtellt, daß uns die Firma Prächtel am billigſten liefert So ſind wir jetzt einfach dazu gelkommen, zu bean⸗ tragen, dieſer Firma den Zuſchlag zu erteilen, weil wir wiſſen, daß ſie erſtens die Arbeit gut liefert und zweitens zu billigen Preiſen. Sta dtv. Marquardt: Meine Herren, ich hatte mich vorhin darüber beklagt, daß die Beamten in einigen Zimmern der Armendirektion in der Kirch⸗ hofſtraße 3 zuſammengedrängt ſitzen und infolge⸗ deſſen ihre Arbeitstraft nicht voll entfalten können. Vorſteher Kaufmann (unterbrechend): Herr Kollege Marquardt, ich habe Sie vorhin Ihre Aus⸗ führungen voll machen laſſen; ich muß Sie aber jetzt darauf aufmerkſam machen, daß dieſe Aus⸗ führungen mit der Vorlage um Bewilligung von Möbeln nicht im Zuſammenhang ſtehen. Wenn Sie auf die Angelegenheit eingehen wollen, ſo müſſen Sie einen beſonderen Antrag ſtellen. Ich kann Ihnen das Wort zu dieſen Ausführungen nicht weiter geben. Stadtv. Marquardt: Ich bitte, mich weiter zu hören. Vorſteher Kaufmann: Wenn Sie zu dieſer Sache, zu den Dezernentenzimmern, kommen wollen, kann ich Ihnen das Wort laſſen. Wenn Sie aber weiter auf die Unterbringung von Beamten in den Räumen der Armendirektion zurückkommen wollen, dann bitte ich, einen beſondere Anfrage an den Magiſtrat zu richten, welche in der üblichen Weiſe erledigt wird. Sta dtv. Marquardt: Ich habe auszuführen, daß das Sitzungszimmer, welches hier mit Möbeln ausgeſtattet werden ſoll, von mir nicht als ſolches an⸗ geſehen wird, das für dieſen Zweck urſprünglich in Ausſicht genommen war. Wenn man Möbel für ein Zimmer bewilligen ſoll, muß man doch auch fragen, ob es für dieſen Zweck von Anfang an beſtimmt war. Vorſteher Kaufmann (unterbrechend): Herr Stadtv. Marquardt, ich kann Ihnen das Wort hierzu nicht weiter geſtatten, da das eine reine Verwaltungs⸗ ſache iſt. Die Stadtverordnetenverſammlung hat natürlich ein Kontrollrecht über alles und kann ihre Wünſche geltend machen; aber bei dieſer Gelegen⸗ heit kann ich Ihnen das Wort dazu nicht geben.