Sitzung vom 9. November 1910 ſprechend, durch Übergang zur Tagesordnung zu erledigen, ſondern durch Überweiſung an den Magiſtrat als Material. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, dem Antrage des Herrn Kollegen Bollmann können meine Freunde ſich nicht anſchließen. Denn im Grunde kommt die Begründung, die Herr Kollege Bollmann ſeinem Antrage gegeben hat, darauf hinaus, daß die Erfüllung des Wunſches der Pe⸗ tenten aus den vom Referenten angeführten Gründen doch eben nicht tunlich iſt — auch meine Freunde ſind derſelben Meinung —, daß gerade das Ziel, das die Petenten wünſchen, eine ſtärkere Be⸗ teiligung an den Wahlen, durch die Aufſtellung von Liſten nicht erreicht werden würde, ſondern daß im Gegenteil dadurch eine ganze Reihe von Leuten, die nicht in die Liſte hineinkommen würden, obwohl ſie zurzeit der Wahl das Recht hätten, zu wählen, ihres Wahlrechtes beraubt würden. Infolgedeſſen ſind wir nicht in der Lage, dieſen Wunſch zu unter⸗ ſtützen. Wenn wir das aber einſehen, dann ver⸗ mögen meine Freunde nicht einzuſehen, daß man nun ſagen ſoll, daß, damit man den Petenten nicht ſagt: was ihr wünſcht, kann nicht erfüllt werden —, deshalb eine andere Form gewählt werden muß. Dem Antrage Bollmann können wir uns deswegen nicht anſchließen. Wohl aber möchte ich zur Sprache bringen, daß meine Freunde es etwas eigentümlich emp⸗ finden, daß dieſe Petition erſt heute hier zur Ver⸗ handlung kommt, nachdem die Wahlen, auf welche ſie ſich bezieht, doch bereits vorüber ſind. Wir meinen, die Behandlung einer ſolchen Petition hätte ſich doch wohl ſo beſchleunigen laſſen, daß ſie hier im Plenum noch zur Verhandlung kommen konnte, bevor die Wahlen ſtattgefunden haben, und wir möchten die dringende Bitte an die maßgebenden Faktoren richten, den Geſchäftsgang doch in der Weiſe einzurichten, daß ſolche Vorfälle, daß wir hier über längſt geſchehene Dinge verhandeln, über Dinge, die durch die Tatſachen längſt überholt ſind, in Zukunft ſich nicht wiederholen. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Dr. Flatau (Schluß⸗ wort): Ich will nur noch das eine bemerken: daß nach den Mitteilungen des Magiſtrats im Petitions⸗ ausſchuß ſich überall, wo man in Groß⸗Berlin mit der Aufſtellung von offiziellen Wählerliſten vor⸗ gegangen iſt, dieſe ſich nicht bewährt haben. Sie haben, ganz nach den Ausführungen des Herrn Kollegen Borchardt, es verſchuldet, daß Leute, die zweifellos das Recht hatten, zu wählen, in Verfolg ihrer Nichtaufnahme in die Wählerliſte — der Folge des Fluktuierens des Wählermaterials — ihr Wahl⸗ recht nicht ausüben konnten. Vorſteher Kaufmann: Ich möchte mir er⸗ lauben, zu der Bemerkung des Herrn Kollegen Borchardt, daß die Sache ſo lange verſchleppt wurde, hier feſtzuſtellen, daß die Petition am 9. Mai an mich gelangt iſt und ich ſie an den Magiſtrat hinüber ge⸗ geben habe, der ſie unterm 27. Mai an mich zurück⸗ gegeben hat; dann habe ich ſie dem Petitionsausſchuß überſchrieben, habe ſelbſt alſo auf die weitere Förderung der Angelegenheit keinerlei Einfluß aus⸗ üben können. Ich möchte nicht, daß mir perſönlich 419 in dieſer Beziehung irgendwelche Vorwürfe gemacht werden. Wir kommen zur Abſtimmung. Herr Kollege Bollmann beantragt, über den Antrag des Peti⸗ tionsausſchuſſes hinaus, die Überweiſung an den Magiſtrat als Material. Der weitergehende Antrag iſt in dieſem Falle eigentlich der Ubergang zur Tages⸗ ord nung, den der Petitionsausſchuß beantragt. — Herr Kollege Borchardt, darf ich bitten, daß Sie als Beiſitzer an der Feſtſtellung des Reſultats teil⸗ nehmen. Es wird alſo zuerſt über den Übergang zur Tagesordnung abgeſtimmt. (Die Verſammlung beſchließt demgemäß.) Es iſt alſo nach dem Antrage des Petitionsausſchuſſe⸗ beſchloſſen und damit der Antrag des Herrn Kollegen Bollmann erledigt. XII. Petition des Bureauaſſiſtenten Jerke betr. Gemeindegrund⸗ ſt e u err. Berichterſtatter Stadtv. Dr. Flatau: Hier handelt es ſich um eine Petition, wie wir ſie ja früher nicht ſelten erledigt haben, die aber in Zu⸗ kunft überhaupt nicht mehr im Plenum zur Er⸗ ledigung kommen werden. Der Bureauaſſiſtent Jerke hat im April 1909 Grundſtücke zum Preiſe von 242 000 ℳ gekauft; ſie waren für das Steuer⸗ jahr 1909 zu einem Werte von 262 000 ℳ veranlagt. Er hat die Steuer von dem höheren Werte zahlen müſſen, obwohl im darauf folgenden Jahre die Ver⸗ anlagung zu dem niedrigeren, dem Kaufpreiſe ent⸗ ſprechenden Werte von 242 000 ℳ als korrekt ge⸗ billigt worden iſt. Er bittet um Zurückerſtattung von 81 ℳ gezahlter Steuern. Der Magiſtrat hat das grundſätzlich abgelehnt. Der Petitionsausſchuß hat ſich ebenfalls auf den Standpunkt geſtellt, die Petition durch Übergang zur Tagesordnung zu erledigen, umſomehr als im vorliegenden Falle die Sache ſo liegt, daß der Käufer des Grundſtücks, alſo der Petent, unter Umſtänden wohl noch den Rückgriff gegen den Vor⸗ beſitzer haben dürfte, da dieſer es unterlaſſen hat, entweder das entſprechende Rechtsmittel gegen die zu hohe Veranlagung zu ergreifen oder doch dem Petenten vor Abſchluß des Kaufvertrages die Sach⸗ lage mitzuteilen. (Unruhe.) Vorſteher Kaufmann: Ich bitte um Ruhe. Berichterſtatter Stadtv. Dr. Flatau (fort⸗ fahrend): Ferner hat zur prompteren Erledigung derartiger Petitionen der Ausſchuß ſich erlaubt, Ihnen folgenden Antrag zu unterbreiten: Nachdem eine Kommiſſion zur Entſcheidung über Geſuche auf Niederſchlagung oder Er⸗ ſtattung von Gemeindeabgaben eingeſetzt worden iſt, ſind alle Zuſchriften an die Stadt⸗ verordnetenverſammlung betreffend die nach dem 1. April 1910 rechtskräftig feſtgeſtellten Gemeindeabgaben durch den Stadtverord⸗ netenvorſteher an den Magiſtrat abzugeben be⸗ hufs Weitergabe an die genannte Kommiſſion. Dadurch wird künftighin vermieden, daß das Plenum der Stadtverordnetenverſammlung mit Petitionen belaſtet wird, die nach dem Statut, das wir an⸗