424 Denn er müßte vor allen Dingen wiſſen, daß es ganz feſte Normen gibt, nach denen überhaupt bloß Anleihen aufgenommen werden können, und daß es unzuläſſig iſt, Ausgaben, die ſonſt aus dem Etat gedeckt werden müſſen, einfach auf Anleihen zu nehmen, einfach aus Anleihemitteln zu beſtreiten. Wer das geſchrieben hat, kann aber ferner nicht unſere Anleihepolitik kennen; er kann nicht wiſſen, daß bei uns gerade ängſtlich darauf gehalten wird, daß die normalen, ja unter Umſtänden übernormale Tilgungsſätze genommen werden, daß wir unſere Anleihen mit 2 und 2/ % tilgen, (hört, hört!) und daß wir zu dieſen Tilgungsſätzen nur dadurch kommen, daß wir z. B. Beträge, wie ſie für den Grundſtückserwerbsfonds gebraucht werden, mit früher 5, jetzt 4% Amortiſation eingeſtellt haben, (hört, hört!) Anleihebeträge, die doch dazu dienen ſollen, ein neues Kapital im Grund und Boden zu ſchaffen, der durch eigene Wertſteigerung ſpäter noch wert⸗ voller werden und ein höheres Kapital reprä⸗ ſentieren ſoll! (Sehr richtig!) Meine Herren! Das ſind die Punkte, die ich zu unſerer Anleihepolitit und zu unſerem Anleiheſtand heute erwähnen möchte. Ich kann wohl ſagen, daß ich die Vorwürfe, die bezüglich der „unrichtigen Wirt ſchaftspolitik“, der „unökonomiſchen Finanz⸗ politit“ erhoben worden ſind, ſo lange als „b l o ß e Redensarten“ bezeichnen kann, (Bravo!) bis nicht die Beweiſe dafür angetreten ſind, (Stadtv. Dr Crüger: Nicht genügend vorbereitet! — Heiterkeit.) und, meine Herren, als Redensarten, die meines Erachtens im Intereſſe des Anſehens der Stadt Charlottenburg beſſer unterlaſſen worden wären. (Bravo!) Meine Herren, ich möchte nur noch am Schluß meiner Ausführungen über den Anleiheſtand eine Bitte an Sie ausſprechen. Es iſt ſchon oft vom Ma⸗ giſtratstiſch aus Ihnen gegenüber die Bitte aus⸗ geſprochen worden, daß Sie, wenn Sie einmal in die Lage kommen, zu einem Vortrage oder zu irgend⸗ welchen ſonſtigen Zwecken Zahlen oder eine Sta⸗ tiſtik gebrauchen, ſich doch vertrauensvoll an den Magiſtrat, an die zuſtändige Stelle wenden mögen; (Stadtv. Dr Crüger: Das paßt ihnen ja nicht!) ſie werden Ihnen gern zur Verfügung geſtellt, und ich habe mich in öffentlicher Stadtverordneten⸗ verſammlung Ihnen wiederholt zur Verfügung ge⸗ ſtellt. Meine Herren, der Magiſtrat begrüßt es mit Freude, wenn jemand Sparſamkeit üben will an der richtigen Stelle, und wenn ſich jemand aus der Mitte der Verſammlung berufen fühlt, einen neuen Weg zur Sparſamkeit zu bezeichnen, eine neue Bahn vorzuſchlagen, ſo wird er gern angehört werden. Aber die eine Bitte laſſen Sie mich namens des Magiſtrats ausſprechen: es möchten dann die rich⸗ tigen Wege gewählt werden, und es möchten vor allen Dingen, um ſolche Ziele zu erreichen, richtige Zahlen gebraucht werden, die Außenſtehende nicht verwirren können. (Bravo!) Nun, meine Herren, muß ich noch mit einigen Worten auf die laufende Verwaltung und auf unſere letzte Etatsberatung eingehen. Das Flugblatt hat an verſchiedenen Stellen über die letzte Etats⸗ Sitzung vom 9. November 1910 beratung Bemerkungen gemacht: daß dieſe Etats⸗ beratungen ungemein ſchwierig geweſen ſeien, daß die Etatsbalanze unter Aufrechterhaltung des Zu⸗ Zuſchlags von 100% nur unter Zuhilfenahme un⸗ ſerer Reſervefonds habe hergeſtellt werden können. Es iſt Ihnen allen noch in der friſcheſten Er⸗ innerung, wie eifrig und genau wir den Etat für das Jahr 1910 beraten haben. Es iſt nicht zu leugnen: der Etat iſt ſchwer zuſtande gekommen, und wir haben hier manche Stunde in dieſem Saale geſeſſen und reiflich erwogen, was zurück⸗ geſtellt werden könnte, und was unbedingt im Jahre 1910 gemacht werden müßte, wofür die Mit⸗ tel bereit geſtellt werden müßten. Ja, meine Herren, iſt das zu verwundern? Iſt das zu ver⸗ wundern, wenn ich Ihnen vorhin ausge führt habe, daß in ſo verhältnismäßig kurzer Zeit ſo koloſſale Leiſtungen ſeitens der Stadtverwaltung gefordert worden ſind, daß ferner die Stadtgemeinde in ſo kurzer Zeit eine rapide Entwicklung genommen hat, und daß die Anforderungen, die aus der Bürger⸗ ſchaft heraus nicht nur durch Ihren Mund, ſondern auch im Wege der Petitionen an den Magiſtrat geſtellt werden, ganz ungeheure ſind? Ich glaube, meine Herren, man kann wohl ſagen: bei der⸗ artigen Anforderungen, wie ſie in Charlottenburg geſtellt werden, ſoll man ſich nicht darüber wundern, daß dann ein Etat ſchwierig iſt, umſomehr nicht, wenn er in Zeiten gemacht werden muß, in denen der wirtſchaftliche Niedergang der vergangenen Jahre — 1908 — eine ſehr erhebliche Rolle geſpielt hat. Ich erinnere Sie daran, daß der Abſchluß des vorvergangenen Jahres uns eine Enttäuſchung be⸗ reitet hat, daß wir infolge davon an dieſer Stelle mit weit geringerem Ertrag als ſonſt zu wirtſchaften hatten; ich erinnere Sie ferner daran, daß uns die Steuereinnahmen nicht das brachten, was wir eigentlich gewünſcht hatten, daß aber auf der an⸗ deren Seite Arbeitsloſigkeit bei den Armen⸗ und Krankenetats ſehr erhöhte Forderungen brachten, daß die Teuerung, die in dem Jahre eingeſetzt hatte, ſehr große Anforderungen an uns ſtellte durch die Reviſion des Normalbeſoldungsetats, und daß wir auf jedem Gebiete infolge der Teue⸗ rung mit erhöhten Bedürfniſſen zu rechnen hatten! Meines Erachtens kann man ſich aus dieſen Grün⸗ den darüber nicht gewundert haben, und ich glaube, auch die Etatsberatungen, insbeſondere die Be⸗ ſprechung bei der Einbringung des Etats, haben ge⸗ zeigt, daß die Verwaltung durch das Reſultat, das ihr vorgelegt worden iſt, durchaus nicht überraſcht worden iſt. Meine Herren, dann möchte ich aber ferner ſagen: welcher Stadt gehts denn beſſer, welchem Staat gehts beſſer und welchem Reiche gehts beſſer? Wir können uns nach dieſer Richtung hin ſagen, daß wir uns da in der allerbeſten Geſell⸗ ſchaft befinden, und daß wir darin Genoſſen haben, mit denen wir uns tröſten müſſen. Meine Herren, es iſt kein Wunder, daß es ſo geweſen iſt, und wenn das Etatsjahr 1911 herankommt, ſo, glaube ich, brauchen wir uns auch nicht übertriebenen Hoff⸗ nungen hinzugeben, daß dieſer Etat ſpielend leicht zuſtande kommen wird. Leider habe ich bis jett don den anderen Reſſorts noch keine Etats be⸗ kommen — ſie gehen in dieſem Jahre etwas ver⸗ ſpätet ein, und ich bin nicht in der Lage, Ihnen ein Bild des Etats von 1911 zu geben. Aber das eine glaube ich aus alter Erfahrung ſagen zu ſollen: übertriebenen Hoffnungen ſoll man ſich da nicht