Sitzung vom 23. Nov ember 1910 445 Magiſtrat prüfen wird. Und das iſt vielleicht um viehhof. Alſo er verneint ſogar das Bedürfnis, ſo mehr angebracht, als ein umfangreiches Tat⸗ ſachenmaterial über die Zweckmäßigkeit und Ren⸗ tabilität einer Engrosmarkthalle, baſierend auf Gut⸗ achten und auf ſtatiſtiſchen Sammlungen, noch gar nicht vorliegt. Es iſt ja überhaupt der Begriff oder der Aus⸗ druck Zentralmarkthalle, von der bisher immer die Rede war, verwirrend. Die Begriffe Zentralmarkt⸗ halle und Detailmarkthalle ſind durcheinander ge⸗ worfen. Nicht nur in der Bürgerſchaft, ſondern auch in den Zeitungen ſind die Anſichten darüber, was denn darunter eigentlich zu verſtehen ſei, vielfach auseinander gegangen. Die einen faſſen den Begriff Zentralmarkthalle ſo auf, als ob es ſich üm eine Engrosmarkthalle in Verbindung mit einer Detailmarkthalle, wo die Hausfrauen kaufen, handelt, und das iſt ja auch die Grundlage der urſprünglichen Magiſtratsvorlage, betreffend die Niebuhrſtraße, geweſen. Viele aber haben den Begriff Zentralmarkthalle ſo aufgefaßt, als ob es ſich um eine Detailmarkthalle, wo die Hausfrauen kaufen, in einer zentralen Lage der Stadt handelt; daher das Wort Zentralmarkthalle. Mit dieſen durcheinander geworfenen Be⸗ griffen hat nun der Ausſchuß aufgeräumt, indem er ausdrücklich beantragt, daß nur über den Bau einer Großmarkthalle beraten werden ſoll. Er ſcheint damit alſo die Frage der Errichtung einer Detail⸗ markthalle vollkommen fallen gelaſſen zu haben. Der Herr Berichterſtatter hat in ſeinen Aus⸗ führungen auch auf die Verhandlungen hingewieſen, die der Ausſchuß in bezug auf die Grundſtücke am Fürſtenbrunner Weg gehabt hat, die für den Bau einer Engrosmarkthalle als geeignet angeſehen wurden, vielleicht auch dafür noch als geeignet angeſehen werden. Ich glaube, heute auf dieſe Frage nicht eingehen zu ſollen, da ſich ja die Stadt⸗ verordnetenverſammlung — damals freilich in geheimer Sitzung — ausdrücklich das Recht vorbe⸗ halten hat, wenn das Gelände gekauft iſt, über ſeine Verwendung zu verfügen. Die ganze Frage ſcheint mir keine grundſätzliche zu ſein, ſondern lediglich eine Frage der Renta⸗ bilität und der Zweckmäßigkeit. Es muß nicht nur nachgewieſen werden, daß ein ſo rieſiges Unter⸗ nehmen wie eine Großmartthalle ſich rentiert, ſondern es muß auch die 3weckmäßigkeit feſtgeſtellt werden, daß durch die Einrichtung eines derartigen Handelsverkehrs die Lebensmittel für die Char⸗ lottenburger Bürgerſchaft billiger werden bzw. daß hierfür begründete Ausſichten vorhanden ſind. Ich habe aber vorhin ſchon geſagt, daß dieſer Nach⸗ weis, dieſes ſtatiſtiſche Material, dieſe Summe dazu gehöriger Gutachten bis jetzt in den Akten ehlen. 14 Ich komme nun mit einem Wort gerade auf dieſe Gutachten zu ſprechen, von denen der Herr Berichterſtatter ſagte, daß ſie nur dahin gehen, von der Errichtung einer Engrosmarkthalle an der Niebuhrſtraße abzuraten. Es ſind bis jetzt, ſoweit ich unterrichtet bin, nur drei Gutachten da, eins in bezug auf eine Engrosmarkthalle für Fleiſch, ein zweites bezieht ſich auf eine Engrosmarkthalle für Wild und Geflügel und ein drittes für Obſt und (Gemüſe. Was das Gutachten über eine Engrosmarkthalle für Fleiſch anlangt, ſo verneint der Gutachter in der Sache das Beduͤrfnis, ſelbſt bei einer Verlegung der Fleiſch⸗Engrosmarkthalle nach dem Zentral⸗ wenn die Engrosmarkthalle nach dem Zentral⸗ viehhof verlegt wird; im Gegenteil, dieſe Ver⸗ legung entſpreche durchaus dem Intereſſe der Schlächter, insbeſondere derjenigen, die auf eine beſſere Kundſchaft angewieſen ſeien uſw. Der Gut⸗ achter iſt alſo der Anſicht, daß, wie das ja übrigens auch zum Teil in der Motivierung der Magiſtrats⸗ vorlage angegeben iſt, weder das Bedürfnis vor⸗ handen noch die Wahrſcheinlichkeit einer aus⸗ reichenden Frequenz und entſprechenden Renta⸗ bilität einer Charlottenburger Zentralmarkthalle nachgewieſen bzw. vorhanden iſt. Ebenſo bewegen ſich auch die Gutachten der beiden anderen Herren, die, gelinde geſagt, ſehr ſtarke Zweifel haben, ob überhaupt Charlottenburg ein Wirtſchaftsgebiet iſt, groß genug, um das Bedürfnis nach einer Engros⸗ markthalle zu haben. Meine Herren, wenn wir nun, obwohl wir be⸗ kennen müſſen, daß der Ausſchuß von uns nicht beauftragt war, einen Antrag auf Einſetzung einer gemiſchten Deputation einzubringen, trotzdem der Anſicht ſind, nicht dagegen ſein zu wollen, ſo tun wir das ja auch aus dem ideellen Geſichtspunkte heraus, den der Herr Berichterſtatter andeutete. Wenn dieſe Deputation, ſofern der Magiſtrat zu⸗ ſtimmt, was wohl anzunehmen iſt, zuſammentritt, ſo wird ſie erſt das gründliche Material zuſammen⸗ zutragen haben, um nicht nur die Rentabilität, ſondern, wie ich ſchon ſagte, auch die 3weckmäßigkeit des Baues einer Engrosmarkthalle in Charlottenburg nachzuweiſen und dann event. der Stadtverordneten⸗ verſammlung über den Nachweis des Bedürfniſſes und über die Wahrſcheinlichkeit genügender Frequenz Bericht zu erſtatten. Ich möchte meinerſeits ſagen, daß wir uns doch hüten ſollten, die wirtſchaftliche Kraft Char⸗ lottenburgs zu überſchätzen und die Bedeutung Berlins auf wirtſchaftlichem Gebiet zu unter⸗ ſchätzen. In den geſtrigen Abendzeitungen haben Sie vielleicht auch geleſen, daß die Alteſten der Kaufmannſchaft eine Dentſchrift über die Zer⸗ ſplitterung des Wirtſchaftsgebietes von Groß⸗ Berlin ausgearbeitet und veröffentlicht haben. Dieſe Denkſchrift legt in trefflicher Weiſe die Schäden dar, die den Einwohnern des Bezirks von Groß⸗Berlin in materieller und wirtſchaftlicher Beziehung aus der Zerſplitterung erwachſen. Dieſe Schäden finden ſich auf faſt allen Gebieten des wirtſchaftlichen Lebens, auch bei dem Verkehr, und zu einer Verkehrseinrichtung gehört zweifellos auch eine Engrosmarkthalle. Meine Herren, ich befürchte, wenn die Stadt Charlottenburg ein derartig großes Unternehmen, wie es eine Engrosmarkthalle darſtellt, ins Leben ruft, daß auch dieſe Einrichtung dann, da ſie dem Berliner Unternehmen Konkurrenz macht und machen muß, wenn ſie exiſtieren ſoll, in das Kapitel von der Zerſplitterung des Wirtſchaftsgebietes von Groß⸗Berlin gehört. (Bravo!) Stadtv. Klau: Auch ich bin mit dem Herrn Vorredner der Anſicht, daß wir bei dem Bau einer Markthalle, und ganz beſonders hinſichtlich einer ſogenannten Großmartthalle die größte Vorſicht üben müſſen, weil alle die Ausführungen, die der Herr Vorredner gemacht hat, tatſächlich zutreffen. Wir können uns mit dem Wirtſchaftsgebiete von Berlin aus dem einfachen Grunde nicht vergleichen,