446 weil Berlin in erſter Linie einen großen Vieh⸗ markt, dann einen großen Vieh⸗ und einen großen Schlachthof hat, die auf dem Kontinent ja wohl die größten ſind. Meiner Anſicht nach kann des⸗ wegen eine Großmarkthalle für Charlottenburg nicht in Betracht kommen, ſondern es kann ſich nur um eine Engrosmarkthalle in Verbindung mit einer Detailmarkthalle handeln. Wenn eine Markt⸗ halle auf den Detailhandel angewieſen iſt, ſo iſt meiner Überzeugung nach der Hauptpunkt, daß ſie mehr im Herzen der Stadt als an ihrer äußerſten Grenze liegen muß. Dazu wäre es doch nötig, daß wir uns nach einem geeigneteren Platze um⸗ ſehen, als er ſich am Fürſtenbrunner Weg für uns bietet. Dorthin werden die Hausfrauen ſehr wenig kommen, weil es zu entfernt liegt und ſie ſehr unbequeme Verbindungen dorthin haben. Ich hätte die Markthalle lieber auf dem Ge⸗ biete an der Spree im Mittelpunkte Charlotten⸗ burgs, z. B. wo der ſtädtiſche Lagerplatz iſt und das Elektrizitätswerk ſteht, geſehen; auch dort hätten wir Eiſenbahn⸗ und auch Waſſerverbindung. Eine Markthalle zu errichten, die lediglich dem Großhandel dient, wozu das Gelände am Fürſten⸗ brunner Weg wohl geeigneter wäre, dazu iſt Char⸗ lottenburg gegenüber dem großen Wirtſchaftsgebiet von Berlin nicht in der Lage und nicht kaufkräftig genug. Ich möchte daher in erſter Linie bitten, daß dieſe Fragen mit der größten Vorſicht behandelt werden; denn eine Markthalle iſt leicht gebaut, und nachher iſt ſie dann, wie das Beiſpiel von Berlin auch vielfach gezeigt hat, unrentabel. Wir müſſen in dieſer Beziehung größte Vorſicht üben und ein⸗ gehend zu Rate gehen. Sta dtv. Klick: Meine Herren, meine Freunde werden den Vorſchlägen des Magiſtrats und des Ausſchuſſes ihre Zuſtimmung geben, wennglech, wir nicht verkennen, daß das Terrain an der Niebuhrſtraße infolge ſeiner zentralen Lage durch⸗ aus für den Bau einer Zentralmarkthalle geeignet wäre. Nachdem uns aber überzeugend dargelegt worden iſt, daß das Terrain für eine event. Er⸗ we iterung einer Markthalle nicht ausreichen wird, haben wir uns beſchieden, und wir werden, wie geſagt, dem Beſchluſſe des Ausſchuſſes zuſtimmen. Was nun die Frage einer neuen Großmarkt⸗ halle am Fürſtenbrunner Weg betrifft, ſo, meine ich, brauchen wir uns heute den Kopf darüber nicht zu zerbrechen; das wird wohl Sache der einzu⸗ ſetzenden Deputation ſein. Ich möchte aber doch bemerken, daß ich dem Herrn Kollegen Klau bei⸗ pflichten muß, der da ſagte, eine Engrosmarkthalle werde ſich nicht rentieren, wenn ſie nicht mit einer Detailmarkthalle verbunden iſt. Wenn auch be⸗ dauert wird, daß das wirtſchaftliche Leben von Groß⸗Berlin kein zentrales iſt, ſo muß ich doch darauf verweiſen, daß in Berlin eine Anzahl von gut beſuchten Engrosmärkten beſtehen. Wir haben da beſonders neben anderen Hallen die Zentralmarkthalle am Alexanderplatz, dann den Engrosmarkt am Mayhbachufer; letzterer iſt aller⸗ dings nicht für Fleiſch, ſondern für Obſt und Gemüſe und Feldfrüchte. Dieſe Märkte rentieren ſich gut, und ich meine, was andere Vororte machen, kann Charlottenburg auch machen; wir können wegen unſeres kaufkräftigen Publikums dasſelbe und mehr leiſten wie die anderen. Sitzung vom 23. November 1910 Wenn wir eine Großmarkthalle am Fürſten⸗ brunner Weg bauen wollen, ſo müſſen wir ſie unbedingt mit einer Detailmarkthalle verbinden. Die Zufuhr nach einer ſolchen Markthalle ſtellt ſich eben billiger, und deshalb können auch die Lebensmittel in einer ſolchen Halle, da die Trans⸗ portkoſten uſw. nach den Verkaufsſtellen in der Stadt fortfallen, entſprechend billiger abgegeben werden. Es wird Ihnen auch klar ſein, daß die Zentralmarkthalle am Alexanderplatz ihre Haupt⸗ einnahmen aus dem Detailhandel erzielt. Wenn Sie das Leben und Treiben dort beobachten, werden Sie zugeben müſſen, daß dort Tauſende und Hundert⸗ tauſende umgeſetzt werden. Sie ergibt für Berlin eine große Rentabilität, womit die Stadt das Defizit bei den anderen Hallen decken kann. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Jolenberg (Schluß⸗ wort): Meine Herren, die Debatte hat ja ergeben, daß wir im weſentlichen über alle Punkte einig ſind. Ich möchte mir nur noch erlauben, meinen Freund Wöllmer auf einen Irrtum aufmerkſam zu machen. Herr Wöllmer ſagte, daß der Ausſchuß ſich lediglich mit der Magiſtratsvorlage zu beſchäftigen und keinen anderen Auftrag hatte. Ich möchte mir erlauben, Herr Kollege Wöllmer, um Ihren Irrtum aufzuklären, Ihnen dasjenige vorzuleſen, was in dieſer Beziehung der Berichterſtatter für die Markthallenvorlage in der erſten Plenarſitzung geſagt hat. Er führte folgendes aus: Ich beſchränke mich vorläufig auf die Bitte, die Magiſtratsvorlage einem Ausſchuß von 15 Mitgliedern zu überweiſen, der ſie prüfen und darüber beſchließen ſoll, o b un d b z w. auf welchem anderen Gelände eine Markthalle zu erbauen iſt. Alſo, Herr Kollege Wöllmer, nach dieſem Antrag hat die Stadtverordnetenverſammlung beſchloſſen, und der Ausſchuß hat nichts anderes getan, als den Auf⸗ trag der Stadtverordnetenverſammlung erfüllt. Ich bitte alſo, meine Herren, um Annahme des Antrages Ihres Ausſchuſſes. (Die Verſammlung beſchließt nach dem An⸗ trage des Ausſchuſſes, wie folgt: A. Die Gemeindebeſchlüſſe 1. vom 12./20. April 1904 betr. den Bau einer Zentralmarkthalle auf dem ſüdlich der Stadtbahn zwiſchen Wilmersdorfer und Leibnizſtraße längs der Niebuhrſtraße belegenen ſtädtiſchen Gelände, vom 26. April/10. Mai 1905 betr. den Bau einer Zentralmarkthalle nebſt Bahnan⸗ ſchluß und vom 13./28. Juni 1905 betr. die Ein⸗ ſetzung einer Markthallenbaudeputation, werden aufgehoben mit dem Bemerken, daß durch dieſen Beſchluß der endgültigen Ent⸗ ſcheidung über den Bau einer Großmarkthalle nicht vorgegriffen wird. . Die Stadtverordnetenverſammlung erſucht den Magiſtrat, mit ihr in gemiſchter Depu⸗ tation über die Frage der Errichtung einer Großmarkthalle zu beraten.) 0 3.