448 Sitzung vom 23. Vorgange von anderen Gemeinden hat ſich auch der Magiſtrat der Stadt Charlottenburg dazu entſchloſſen, eine Vorlage in dieſem Sinne aus⸗ zuarbeiten. Der Schutz, der durch das Geſetz entſteht, erſtreckt ſich einmal auf den Schutz der Eigenart eines Ortsbildes, einer Straßenanlage oder eines Platzes, ferner auf den Schutz hervorragender künſtleriſcher oder hiſtoriſcher Bauten und Bau⸗ denkmäler, das Geſetz bietet aber auch die Möglich⸗ keit, ganze Stadtteile gegen Verunſtaltungen zu ſchützen. Um nun der Baupolizei die Willkür in der Beurteilung deſſen, was eigentlich eine z Verunſtaltung iſt, zu nehmen, um ihr darin feſte Normen zu geben, ſollen eben die Ortsſtatuten erlaſſen werden. In bezug auf die beiden erſten Punkte, alſo hinſichtlich des Schutzes eines Ortsbildes, hat der Magiſtrat verſchiedene Straßen und Plätze — ich brauche ſie hier wohl nicht erſt anzuführen, ſie ſtehen alle in der Vorlage —, ferner auch die Baudenkmaler, die geſchützt werden ſollen, wie das Schloß, die Techniſche Hochſchule uſw., näher bezeichnet und auch die Anhaltspunkte, von denen ich ſchon geſprochen habe, für ſolche Stadtteile gegeben, die durch ihre hervorragende Lage eine Bedeutung haben oder vorausſichtlich ſpäter be⸗ kommen werden. Man kann ja nicht ſagen, daß eigenartige Städtebilder hier in Charlottenburg ſehr reichlich vorhanden wären. Wir haben beiſpielsweiſe ein Städtebild am Auguſte⸗Viktoria⸗Platz durch die Kirche und ihre Umgebung oder an der Berliner Straße zwiſchen Knie und Bahnhof Tiergarten. Im allgemeinen wird ein Städtebild beeinflußt von Bauordnungen und Bebauungsplänen, und was in bezug auf letztere in früheren Jahren geſündigt worden iſt, das brauche ich Ihnen wohl nicht vorzuhalten; das fühlen wir jetzt alle heraus, nachdem die Erkenntnis in bezug auf einen geſunden Städtebau große Fortſchritte gemacht hat. Dagegen, daß man die Eigenart eines Städte⸗ bildes oder hervorragende Denkmäler ſchützen ſoll, iſt wahrſcheinlich nichts zu ſagen. Die Verunſtaltung von Straßen und Plätzen im allgemeinen in beſtimmten Bauvierteln iſt der wichtigſte Teil der Vorlage; er gibt den Ge⸗ meinden das Recht, den Schutz gegen Verun⸗ ſtaltung auf Stadtgebiete ſo weit auszudehnen, wie es ihnen beliebt. Die Befugnis dazu iſt ent⸗ ſchieden vorhanden; das Geſetz ſpricht freilich in dem betr. Paragraphen nur von Landhaus⸗ vierteln, Badeorten, Prachtſtraßen, aber in der Begründung des Geſetzes iſt angeführt, daß dieſe nur beiſpielsweiſe angeführt ſeien. Alſo es ſteht vollſtändig im Belieben der Gemeinde, wie weit ſie die zu ſchützenden Flächen ausdehnen will. Der Magiſtrat hat nun nach langen Beratungen eine Vorlage ausgearbeitet und hat gerade für ſolche Straßenanlagen, die eine Bedeutung haben oder vorausſichtlich bekommen werden, beſtimmte Anhaltspunkte für die Polizei dafür geſchaffen, was eigentlich unter Verunſtaltung zu verſtehen iſt. Ich möchte erwähnen, daß die einzelnen Be⸗ ſtimmungen des Entwurfs aus den Erfahrungen reſultieren, die der Magiſtrat bisher ſchon gemacht hatte, wenn die Faſſaden der Bauverwaltung vorgelegt wurden. Da iſt z. B. beobachtet worden, daß ſehr oft die Stützen des Erdgeſchoſſes beliebig unter die Maſſen der oberen Etagen geſtellt werden. November 1910 Durch die Vorſchrift ſoll nun erreicht werden, wenn keine allzugroße wirtſchaftliche Schädigung dadurch hervorgerufen wird, daß die Stützen möglichſt architektoniſch unter die oberen Maſſen zu ſtehen kommen. Durch eine andere Vorſchrift ſoll die Anhäufung von Türmen und Dachaufbauten möglichſt verhindert werden. Dann ſoll der Anlage von Erkern eine gewiſſe Einſchränkung auferlegt werden, weil die beſtehenden Beſtimmungen einen Schematismus erzeugt haben, der das Straßenbild langweilig, aber auch zerriſſen erſcheinen läßt. Die neue Vorſchrift, die Ausladungen der Erker u verringern, ſie andererſeits bei Beobachtung äſthetiſcher Rückſichten auch wieder zuzulaſſen, gibt der Faſſadengeſtaltung eigentlich eine größere Freiheit wie bisher. Ein anderer Punkt betrifft die Anſchlüſſe an den Nachbar beim Zurücktreten der Front hinter die Bauflucht. Sie wiſſen ja alle, wie ſchauderhaft oft die Brandgiebel aus⸗ ſehen. Das würde alſo auch als eine grobe Ver⸗ unſtaltung angeſehen werden, wenn ſich der Bauende nicht organiſch mit ſeinem Bau einem Nachbarbau anſchließt. Ferner ſoll auch in den noch nicht bebauten Teilen und den erſt in der Entwicklung befindlichen Stadtgebieten von Charlottenburg die Vorgarten⸗ frage in der Weiſe geregelt werden, daß es nicht mehr geſtattet iſt, wie z. B. am Kurfürſtendamm, die Vorgärten beliebig durch Zugänge zu den Läden zu zerſchneiden; es ſoll dadurch der Vor⸗ gartencharakter erhalten bleiben. Es gibt noch in der Vorlage verſchiedene andere Beſtimmungen, die ich aber hier nicht anzuführen brauche, weil ich vorſchlagen werde, die Vorlage einem Ausſchuß zur weiteren Vorberatung zu übergeben. Über dieſe Vorlage ſelbſt, die ſich über eine in der Praxis ſehr ſchwierig zu handhabende Materie erſtreckt, läßt ſich vieles für, manches auch dagegen ſagen. Meine Freunde haben zum Teil namentlich ſchon deshalb gegen dieſelbe Stellung genommen, weil ſie eine große wirtſchaftliche Schädigung befürchten, die wir hier in Charlotten⸗ burg dadurch erleiden könnten. Ich perſönlich ſtehe nicht auf dieſem Standpunkt. Ich meine, es iſt in letzter Zeit ſo viel in äſthetiſcher Beziehung gefrevelt worden, daß man ſich eigentlich fragen muß: wie iſt es möglich, daß man in der Bau⸗ kunſt ſo der Natur, den phyſikaliſchen Geſetzen Hohn ſprechen und die geſunde Aeſthetik ganz beiſeite laſſen kann; denken Sie beiſpielsweiſe an den Umbau eines Meſſelſchen Hauſes in der Tauentzienſtraße, und Sie werden ſelbſt ſagen, daß eine furchtbare Rohheit dazu gehört, die Maſſe und Architektur der Obergeſchoſſe bei der Anlage der Läden vollſtändig zu negieren. Ich meine, es können nicht immer die wirtſchaft⸗ lichen Geſichtspunkte obenan geſtellt werden. Wenn Leute keine Kultur haben, muß man ſie ihnen mit Gewalt beibringen. Wir können doch nicht alles den wirtſchaftlichen Bedingungen und dem Ver⸗ kehr opfern. Ich ſtehe auch auf dem Standpunkt, daß ſich eine Faſſade mit Verbeſſerungen eines Architekten oft charaktervoll und künſtleriſch ge⸗ ſtalten läßt, ohne daß eine wirtſchaftliche Schädigung dadurch entſteht. Einen beſonderen Punkt in der Beſprechung im Ausſchuß werden ja die Umbauten bilden. Es wird natürlich bei Umbauten oft ſehr ſchwierig ſein, Anordnungen zu treffen, die dem Ortsſtatut entſprechen. Es ſind aber in dem Ortsſtatut