450 Sitzung vom 23. die und die Beſtimmungen getroffen. Qui sexcuse sacouse, der Magiſtrat ſetzt alſo ſchon voraus, daß hier die Gefahr vorliege, daß eine Verlangſamung in der Erteilung der Konzeſſion eintreten könne. Und wenn ſie heute dank dem Zuſammenarbeiten unſerer Behörden mit der Baupolizeibehörde nicht eintritt, ſo kann ſie über Jahr und Tag eintreten, wenn erſt das Ortsſtatut ſozuſagen zu der Reglemen⸗ tierung geführt haben wird. Aber das allerwichtigſte Bedenken, das wir haben, folgere ich aus der Begründung auf Seite 460, daß nämlich die Baupolizei endgültig die Ent⸗ ſcheidung zu treffen hat. Die Baupolizei ſoll alſo der Hüter der Kunſt werden! Wenn auch Kautelen geſchaffen werden ſollen, wonach unſere Bau⸗ behörde gefragt wird, wenn auch ein Ausſchuß ein⸗ geſetzt werden ſoll, dem die Geſuche vorzulegen ſind und der ſich dann gutachtlich der Baupolizei⸗ behörde gegenüber zu äußern hat, ſo bleibt doch die Tatſache geſetzlich beſtehen, daß endgültig darüber die Baupolizei zu entſcheiden hat. Wenn nun der Magiſtrat in ſeiner Motivierung ſagt: wir ſind uns klar, daß eine rechtliche Notwendigkeit für die Bau⸗ polizei zur Anhörung dieſes Ausſchuſſes nur in den Fällen der §§ 1 und 2 des Ortsſtatuts vorliegt, und wenn er ferner ſagt: wir zweifeln nicht daran uſw., daß die Königliche Baupolizei uns Gelegen⸗ heit dazu geben wird, mit ihr gemeinſam über dieſe Fragen zu entſcheiden, ſo kann ich nur immer wieder darauf hinweiſen, daß es ſich hier um ein Orts⸗ ſtatut handelt, das Jahre und Jahre Gültigkeit haben ſoll. Wir können nicht wiſſen, ob die Perſönlich⸗ keiten, die heute unter den Mitgliedern der Bau⸗ polizeibehörde dieſer Bedingung wohlwollend gegenüberſtehen und auf die Verhandlungen des Magiſtrats und dieſes Ausſchuſſes Rückſicht nehmen, auch noch über Jahr und Tag ihre Amter bekleiden. In den folgenden Jahren können andere Herren kommen, und es kann dahin führen, daß wir hier einen Teil der künſtleriſchen Freiheit opfern und der Baupolizeibehörde überliefern. (Sehr richtig!) Es ſcheint mir vom Standpunkt der Selbſtver⸗ waltung aus, möchte ich ſagen, auch äußerſt be⸗ denklich zu ſein, ob es richtig iſt, daß wir hier unnötigerweiſe, wie ich glaube, ein Recht der perſönlichen Freiheit opfern (ſehr richtig!) und der Baupolizeibehörde die endgültige Ent⸗ ſcheidung über dieſe Dinge überlaſſen, (ſehr richtig!) 6 weil wir ſie ihr nach dem Geſetz überlaſſen müſſen. Nun, meine Herren, iſt der § 5 ja die Quint⸗ eſſenz deſſen, was ich eine Reglementierung der Baukunſt nennen möchte. Der § 5 lautet: Eine Verunſtaltung im Sinne des § 3 liegt ſowohl vor, wenn das Einzelbild des Baues durch Formgebung oder Farbengebung an den ſichtbaren Gebäudeteilen verunſtaltend wirkt, als auch dann, wenn das Geſamt⸗ ſtraßenbild oder Ortsbild verunſtaltet wird. Im beſonderen gelten nun die und die Beſtimmungen. Ja, meine Herren, dieſer Paragraph hal ſehr dehn⸗ bare Begriffe über das, was beeinträchtigen und verunſtalten kann, und wenn der Herr Bericht⸗ erſtatter auch ſagt: dasjenige, was nicht jedem natürlichen Empfinden entſpricht, muß man doch wiſſen und es auch verbieten können, ſo bin ich doch der Anſicht, daß das eben ein ſehr dehnbarer Be⸗ griff iſt und daß oie Herren, die heute darüber zu November 1910 entſcheiden haben und vielleicht das Richtige im Sinne der öffentlichen Meinung treffen, ſpäter durch andere Herren abgelöſt werden, die nachher ganz anderer Anſicht ſind. Ich halte es für außerſt bedentlich, daß man in dieſer Weiſe die Kunſt geradezu, möchte ich ſagen, bureaukratiſieren will. Meine Herren ich bin davon feſt überzeugt, daß diejenigen, die das Ortsſtatut erdacht und daran gearbeitet haben, von künſtleriſchem Empfinden getragen ſind mit dem Ziele, Charlottenburg ſchöner zu machen. Daß hier und da kleine unkünſt⸗ leriſch empfindende Unternehmer ſind, die auch wirklich geſündigt haben, die künſtleriſche Roheiten, wie der Herr Berichterſtatter es nannte, vollbracht haben, will ich gern zugeben, und es mag auch ſein, daß man durch das Ortsſtatut dieſe unkünſtleriſch empfindenden kleineren Unternehmer auf den rechten Weg des Geſchmacks und der Kunſt führen kann. Aber man trifft gleichzeilig damit auch die Eigenart eines Künſtlers, der anders denkt als die wohllöbliche Baupolizeibehörde, und das möchte ich im Intereſſe der Kunſt nicht riskieren. Der Herr Berichterſtatter ſagte, wenn ich ihn richtig verſtanden habe: wenn Leute keine Kultur haben — oder ſagte er: keine Kunſt? er ſprach doch wohl von keiner Kultur und meinte damit wahr⸗ ſcheinlich, daß ſie kein Kunſtverſtändnis haben —, dann muß ſie ihnen mit Gewalt beigebracht werden. Dieſe Außerung halte ich für ſehr bedenklich. Ich bin der Anſicht, man müßte in unſerem Zeitalter, in unſerem ſozialiſtiſchen Zeitalter immer mehr eine feine Witterung für alles das haben, was geeignet iſt, in die perſönliche Freiheit einzugreifen, und hier handelt es ſich um eine der vornehmſten perſönlichen Freiheiten, nämlich um die künſtleriſche Freiheit. Deswegen muß ich mich von dieſem Standpunkt aus — und ein großer Teil meiner Freunde teilt dieſen Standpunkt — und aus ideellen Gründen gegen das Ortsſtatut wenden, und ich kann nicht den Wunſch ausſprechen, daß das Ortsſtatut aus den Ausſchußberatungen in un⸗ verſehrter Faſſung hervorgehe. (Bravo!) Sta dtv. Brode: Meine Herren, obgleich der Antrag geſtellt iſt, das Ortsſtatut einem Ausſchuſſe zu überweiſen, halte ich es doch wegen der Wichtig⸗ dieſer Vorlage für angebracht, noch auf einige Punkte einzugehen. Ich beginne mit dem § 3. Berlin hat, um nicht die Möglichkeit zu hindern, daß ſpäter Straßen, die heute noch keine Ge⸗ ſchäftsſtraßen ſind, zu ſolchen umgeſtaltet werden, dieſen Paragraphen fallen laſſen, und zwar hauptſächlich deshalb, um nicht die Umbauten zu erſchweren. Ein weſentlicher Punkt dieſes Orts⸗ ſtatuts ſind ja die Umbauten; denn wenn Sie die Umbauten, wie es ſchon vorgeſchlagen worden iſt, und wie es ſelbſt der Berichterſtatter geäußert hat, fallen laſſen, ſo laſſen Sie damit einen großen Teil des Ortsſtatuts überhaupt fallen. Es würde dann den Leuten, die das Ortsſtatut umgehen wollen, nichts anderes übrig bleiben, als zuerſt vorſchrifts⸗ mäßig zu bauen, wie es das Ortsſtatut vorſchreibt, beim Bau vielleicht ſchon die nötigen Vorkehrungen zu treffen, damit der Umbau nicht allzu teuer wird, und hinterher nach Fertigſtellung des Ganzen um⸗ zubauen. Dieſe Möglichkeit iſt, wenn Sie den Umbauparagraphen fortlaſſen, gegeben. Was erreichen Sie alſo damit? Sie erreichen nicht das, was erreicht werden ſoll, daß nämlich, wie es im