Sitzung vom 23. § 5 Abſatz I ausgedrückt iſt, die äußere Erſcheinung der geſtützten Teile in ein richtiges Verhältnis zu den Stützen geſetzt wird, ſondern es iſt nachher jedem freigeſtellt, die Stützen ſo zu wählen, wie es im Intereſſe der Zweckmäßigkeit notwendig iſt. Dieſen Umbauparagraphen müſſen Sie auch ſchon aus dem Grunde fallen laſſen, weil ſonſt ver⸗ hindert wird, daß ſich die Verkehrsſtraßen zu Kauf⸗ ſtraßen ſpäter entwickeln. Bedenken Sie nur, ob z. B. die Tauentzienſtraße, die Kantſtraße und neuerdings auch der Kurfürſtendamm eine der⸗ artige Entwicklung genommen hätten, wenn wir dieſes Ortsſtatut ſchon früher gehabt hätten. (Sehr richtig!) Es wäre nicht möglich geweſen, die Parterreräum⸗ lichkeiten ſo auszubilden, wie es im Intereſſe der Läden erforderlich iſt, um die Straßen zu Kauf⸗ ſtraßen zu machen. Nun müſſen Sie ſich weiter fragen: wen treffen Sie mit dieſem Ortsſtatut? Das ſind Kategorien von Bürgern, die heute ſchon in außerordentlich bedrängter wirtſchaftlicher Lage ſich befinden, nämlich erſtens die Bauunternehmer, zweitens die Hausbeſitzer und drittens die kleinen Leute. Die Bauunternehmer ſind bei den heutigen Terrain⸗ preiſen darauf angewieſen, jeden Zentimeter Raum auszunutzen. Wenn Sie ihnen ſolche Vorſchriften machen, wie Sie es hier in bezug auf die Erker tun, ſo gehen den Unternehmern weſentliche Flächen dadurch verloren. Sie ſagen, es ſollen nicht nur §ie Erker in ihrer Ausladung beſchränkt werden, nein, auch die Lage der Erker, ihre Verteilung ſoll dem Ermeſſen der Kommiſſion anheimgegeben werden. Wenn ich aber nicht bei dem Entwurfe eines Grund⸗ riſſes weiß, wie ich meine Erker verteilen darf, wenn ich darauf gefaßt ſein muß, daß die Verteilung hin⸗ terher nicht konveniert, ſo kann ich überhaupt nicht mit den Erkern rechnen. Nehmen Sie z. B. ein Grundſtück von 30 m Fronf an; da kann ich nach den heutigen Vorſchri ten 10 mal 1,30 ⸗ 13 qm Erker in jeder Etage bauen. In Zukunft kann ich mit dieſen 13 qm nicht mehr rechnen; denn der Erker kann mir da angeordnet werden, wo er unzweck⸗ mäßig iſt, und ſo verzichte ich lieber darauf und mache mir die Unkoſten überhaupt nicht, die der Ausbau des Erkers verurſacht. Durch dieſe Be⸗ ſtimmung wird die Ausnutzung der bebauungs⸗ fähigen Fläche reduziert. Es iſt ja auch klar und deutlich in den Erläuterungen geſagt: da, wo ledig⸗ lich wirtſchaftliche Gründe für die Anordnung der Erker ſprechen, wollen wir eine Beſchränkung ein⸗ treten laſſen. Wen treffen Sie von den Mietern? Das ſind die kleinen Leute, die in Wohnungen wohnen, wo mit jedem Quadratmeter Raum gerechnet wird. Solch Durchſchnittszimmer, wie man es in kleinen Wohnungen antrifft, von ca. 20 qm, würde in Zukunft, da der Erker unter Umſtänden wegfällt, der ungefähr 6 am ausmacht, ſtatt 20 7 6 26 qm nur 20 qm haben können. Das iſt ein großer Nach⸗ teil, der namentlich die Arbeiterkreiſe treffen würde und auch in hygieniſcher Beziehung wegen der Raumbeſchränkung außerordentlich bedenklich wäre. Und wen treffen Sie weiter? Die Hausbeſitzer. Die Umſatzfähigkeit, die Ausnutzung des Hauſes iſt in Zukunft beſchränkt. Der Hausbeſitzer kann nicht mehr über ſeine Parterreräumlichkeiten, über die erſte Etage ſo verfügen, wie es ihm gut dünkt; er muß ſich nach dem Geſchmack der Kommiſſion November 1910 451 richten. Was iſt die Folge davon? Die Umſatz⸗ ähigteit, die heute ſchon durch die vielen Steuern ohnehin ſehr gehemmt iſt, wird noch mehr erſchwert werden und der Kommune erwächſt daraus der Nachteil, daß ihr ſo und ſoviel Umſatzſteuer und Wertzuwachsſteuer entgeht. Auf einen Punkt möchte ich noch aufmerkſam machen, der ſchon bei wiederholten Gelegenheiten hier angeſchnitten worden iſt, nämlich darauf, daß durch dieſes Ortsſtatut auch die Bauunternehmer⸗ kreiſe von Charlottenburg abgedrängt und unſeren Nachbarvororten zugeführt werden. Schlie ßlich iſt noch ein weſentlicher Punkt, auf den auch ſchon der Herr Vorredner aufmerkſam gemacht hat, die ſich aus dem ganzen Geſchäftsgange unbedingt er⸗ gebende Verzögerung. Ich halte es für aus⸗ geſchloſſen, daß in Zukunft die jetzt ſchon in der Natur der Dinge liegende außerordentlich lang⸗ ſame Erteilung der Baugenehmigung noch in der⸗ ſelben Zeit erfolgen kann. Es werden Monate ver⸗ gehen, ehe eine Baugenehmigung erteilt wird Was iſt davon wieder die Folge? Der Bauplatz muß teurer in Anſatz gebracht werden, der ganze Bau ſtellt ſich dadurch teurer, die Mieten werden teurer, weil eben mit einem höheren Zinſen⸗ verluſt gerechnet werden muß. Was nun die Kommiſſion betrifft, die für die Geſchmacksbildung maßgebend ſein ſoll, ſo heißt es, daß dieſe Kommiſſion bei Anweſenheit von drei Mitgliedern beſchlußfähig ſe in ſoll und zu ent⸗ ſcheiden hat. Meine Herren, wir unterſtellen damit die geſamte Geſchmacksauffaſſung, die ganze Geſchmacksrichtung drei Herren, von denen wir nicht wiſſen, wer ſie in Zukunft ſein werden. Wenn die Beſtimmung erſt Geſetz geworden iſt, dann iſt es ſchwer, irgendwelche Nachbeſtimmungen und Abänderungen zu treffen. 7 Obgleich ich gegen das Ortsſtatut bin, werde ich doch für die Ausſchußberatung ſtimmen, lediglich um den Herren, die ſich ſo große Mühe mit dieſem Entwurfe gegeben haben, Gelegenheit zu bieten, ihre Anſichten nochmals zu begründen. Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, der Herr Berichterſtatter hat davon geſprochen, den Menſchen müſſe manchmal die Kulur mit Gewalt beigebracht werden. Aber dieſe Kultur iſt doch manchmal durchaus nicht gewaltig, ſondern ſehr mäßig. Das ſehen wir z. B. an den Maſten in der Bismarckſtraße. Da iſt ja, möchte ich ſagen, mit Gewalt den Menſchen die Kultur beigebracht worden: wir haben einen künſtleriſchen Beirat gewählt, haben viel Geld ausgegeben und was iſt daraus geworden? Der Voltsmund nennt die Maſten dort bekanntlich „Elefantenrüſſel“! Von anderer Seite habe ich auch einmal die Frage gehört, ob das eine Art vorweltlicher Tiere be⸗ deuten ſoll; die Maſten erinnern auch an ſolche. Es laſſen ſich noch andere Beiſpiele anführen. Wir haben viel Geld ausgegeben für die Ver⸗ ſchönerung der Faſſaden gegenüber dem Schloß und in der Bismarckſtraße. Meine Herren, ich muß ſagen, nicht nur nach meinem Geſchmack der wäre ja in keiner Weiſe maßgebend —, ſondern auch nach dem, was ich von vielen Architekten Bauſachverſtändigen, künſtleriſch veranlagten Leuten gehört habe, ſind die Häuſer dort durchaus nicht ſchön geworden. Ich gebe ja zu, vielleicht iſt mit 50 000, mit 100 000 ℳ noch nicht viel zu machen. Aber wollen Sie jetzt eventuell von den Bauunternehmern Millionen verlangen? Das