452 geht doch auch nicht. Nur dann würde vielleicht etwas Großartiges zu erreichen ſein. Ich bekenne von vornherein, daß ich durchaus kein Gegner des Geſetzes gegen die Verunſt altung von Ortſchaften bin. Ich habe ſeinerzeit den Erlaß dieſes Geſetzes mit Freude begrüßt. Ich gebe vollkommen zu, daß namentlich zwei Punkte das Straßenbild ungeheuer ſtören — ich will nur auf dieſe beiden Punkte eingehen —: die Seitengiebel und das vollkommene Fehlen einer Stützung der Balkons und Erker. Nehmen wir z. B. einen Fall, der Ihnen wohl allen bekannt iſt: die reizende Villa, das Kaſino des Eliſabethregiments, und daneben ein vierſtöckiges Haus, deſſen Seitenwand nicht einmal mit Kalk beworfen iſt, ſoviel ich mich erinnere. Das ſieht einfach ſchauderhaft aus und ruiniert das ganze Straßenbild. In der Zukunft würden wir durch das Ortsſtatut eine derartige Verunſtaltung — ſo kann man das doch in der Tat nur nennen — beſeitigen. Für die Gegenwart beſeitigen Sie es nicht! Nach dieſer Richtung hin würde es vielleicht angemeſſen ſein, wenn das Geſetz es erlaubte, dem Ortsſtatut ſogar eine rückwirkende Kraft beizulegen. Soviel ich aber weiß, erlaubt dies das Geſetz nicht. Weiter iſt es unbedingt ſtörend, wenn man immerfort Erker und Balkons ſieht, die ohne jede Stütze weit in die Straße hineinragen. Ich kann mir aber andererſeits ſehr wohl einen Bauſtil denken, bei dem eine derartige Ausführung der Balkons und Erker nicht ſtörend ſein würde. Es gibt wohl auch in der Vergangenheit Bauſtile, zu denen es gehörte, daß derartige vorſpringende Teile nicht mit Konſolen, mit Stützen verſehen ſind; jedenfalls kann die Zukunft einen derartigen Bauſtil bringen. Meine Herren, durch Geſetze ſchaff t man keine Kunſt, die Kunſt ſchafft ſich Geſetze ſelber. Ich glaube, daß die Vorlage darin viel zu weit geht, wenn ſie derartige Punkte im einzelnen regeln will, und nicht nur dieſe Punkte, ſondern auch eine Regelung dahin treffen will, welche Farben die Häuſer haben ſollen, vor allen Dingen auch, in wieweit bei Vorgärten Eingänge zu geſtatten ſind. Meine Herren, denken Sie doch einmal an die Pots⸗ damer Straße in Berlin zurück, wo wir früher Vorgärten hatten. Wir hätten ja die ganze Ent⸗ wickelung der Potsdamer Straße unterbunden, wenn wir ein ſolches Ortsſtatut wie das vorliegende gehabt hätten! Aus der vornehmen Privatſtraße, die die Potsdamer Straße vor ungefähr 30, 40 Jahren war, iſt allmählich eine Geſchäftsſtraße geworden, es ſind Läden gebaut worden, und man hat infolgedeſſen die Vorgärten unterbrochen, die vor den Fronten der Häuſer lagen, und hat Zugänge geſchaffen. Allmählich iſt man dahin delangt, dieſe Vorgärten ganz zu beſeitigen, weil ger Verkehr zu groß wurde. Eine derartige Ent⸗ wickelung können Sie nicht durch Ortsſtatut unter⸗ binden. (Sehr richtig!) Da eine Ausſchußberatung ſtattfinden wird, will ich nicht zu weit in die Einzelheiten eingehen; ich möchte nur noch die juriſtiſche Frage zu einem Teil wenigſtens beleuchten. Es iſt vorhin geſagt worden, daß es ſehr zweifelhaft ſei, ob man in dieſer Weiſe alle möglichen Straßen unter das Orts⸗ ſtatut bringen könne. Mir iſt es auch noch zweifel⸗ das Intereſſe Sitzung vom 23. November 1910 haft. Allerdings hat das Geſetz eine reine Be⸗ ſchränkung auf ſogenannte Prachtſtraßen und Badeorte nicht gewollt. Das geht aus der Be⸗ gründung hervor, die ſagt: Für die Beſtimmung der Flächen, auf welche die beſonderen ortsſtatutariſchen An⸗ ordnungen Anwendung finden ſollen, hat der Hinweis auf Landhausviertel, Badeorte, Prachtſtraßen nur beiſpielgebende Bedeutung. Es iſt auch in anderen Orten als Badeorten nicht ausgeſchloſſen, — nun kommt es aber! — daß für gewiſſe Flächen (Straßen), in denen die Aufführung gewöhnlicher Reihenhäuſer durch die Baupolizeiordnung zugelaſſen iſt, durch das Ortsſtatut Beſtimmungen über die äußere Geſtaltung der Häuſer getroffen werden uſw. An ſich alſo hat der Geſetzgeber wohl die Möglichkeit gegeben, weiter zu gehen. Aber ich meine doch, durch die Benennung dieſer Spezialfälle hat er dokumentieren wollen, in welchem Sinne das Geſetz ausgelegt werden ſoll, daß nur gewiſſe Gruppen von Straßen damit getroffen werden ſollen. Was hat aber unſer Magiſtrat im Gegenſatz zu den Magiſtraten von Berlin und Schöneberg gemacht? Er hat eigentlich alle Straßen mit wenigen Ausnahmen genommen. Es wäre viel einfacher geweſen, in dies Ortsſtatut zu ſchreiben: in ganz Charlottenburg darf nur ſo ge⸗ baut werden, abgeſehen von den und den Straßen. Das wäre viel einfacher geweſen. Wenn man ſich den Plan anſieht, ſind es in der Tat nur ganz kleine Bezirke, die fort⸗ fallen. So iſt der Sinn des Geſetzes doch trotz dieſer Ausführungsanweiſung nicht geweſen. Nach einer anderen Richtung ſcheint mir aber der Entwurf direkt entgegen dem Geſetze aus⸗ gearbeitet zu ſein, nämlich hinſichtlich des § 5, der die Einzelheiten betrifft und unter anderem auch die Beſchränkung der Farben⸗ gebung enthält. In dieſer Beziehung ſagt die Begründung des Geſetzes ausdrücklich folgendes: Für Straßen mit ausgeprägt hiſtoriſchem Charakter kann vorgeſchrieben werden, daß Neubauten oder bauliche Anderungen ſich der zur Zeit der Entſtehung der Straßen herrſchenden Baunweiſe anſchließen. Dabei können Beſtimmungen über die äußere Ge⸗ ſtaltung der Baulichkeiten, die zu verwenden⸗ den Bauſtoffe, die Farbengebung u. a. getroffen werden. Das heißt, der Geſetzgeber hat dieſe ſpeziellen Einſchränkungen nur für die hiſtoriſchen Straßen zugelaſſen. Das Ortsſtatut will aber dieſe Be⸗ ſchränkung nicht nur auf die hiſtoriſchen Straßen, ſondern auch auf andere Straßen, die unter den Begriff „Prachtſtraße“ uſw. fallen, anwenden. Dieſe Frage wird im Ausſchuſſe auch näher geprüft werden müſſen, ob nach dieſer Richtung die Ab⸗ ſicht des Geſetzes innegehalten iſt. Meine Herren, ich möchte noch auf einen Punkt kommen, der die Tiefe der Erker und Balkons betrifft. Da möchte ich dem, was Herr Kollege Brode ſchon geſagt hat, noch hinzufügen: nicht nur das Intereſſe der Bauunternehmer, nicht nur der Hausbeſitzer