458 gekommen und wird auch künftig vorkommen, und das werden Sie auch mit ſolchen ortsſtatutariſchen Beſtimmungen nicht aus der Welt ſchaffen, daß in dieſer Art und Weiſe gebaut wird, daß der Bauherr weiter nichts als den Beſitztitel am Grundſtück beſitzt, den er ſich mit der Erlegung des Kaufſtempels für das Grundſtück erkauft hat, während hinter ihm die Bank ſteht, und im Inter⸗ eſſe ſolcher Bauherren liegt es nun, daß das Gebäude ſo ſchnell wie möglich hoch gebracht wird, damit der Bauherr das Grundſtück mit einem Profit wieder ſo ſchnell wie möglich weiter verkaufen kann. Was uns darum in allererſter Linie intereſſiert, das iſt das geſunde Bauen von Grund auf. (Sehr richtig!) Und ich meine, wenn Sie dafür irgendwelche Be⸗ ſtimmungen treffen könnten, werden wir gern mit⸗ arbeiten. (Sehr richtig! und Zurufe.) — Ja, ich leſe davon nichts in dieſen Beſtimmungen; ich leſe nichts davon, daß es ſich hier vor allen Dingen um ein geſundes Bauen, das heißt um ein ſolides Bauen handelt. (Zurufe.) — Das Ortsſtatut geht ja in erſter Linie von der Anſchauung aus, daß es der Verſchandelung nach außen entgegenwirken will. Nun kann es vielleicht möglich ſein — Sie haben ja die Handhabung des Ortsſtatuts künftig in der Hand —, einer Verſchandelung vorzubeugen. Aber hinter der glänzenden Faſſade verbirgt ſich doch oft eine Unſolidität des Bauens und gefahr⸗ drohende Hohlheit der inneren Ausführung. (Sehr richtig!) Wir haben nicht nur auf dem Gebiete der Induſtrie und des Kunſtgewerbes Maſſenartikel, die aus⸗ geboten und auch in Mengen gekauft werden, ſondern auch auf architektoniſchem Gebiet herrſcht heute die Fabrikation von Maſſenartikeln und Ramſchware vor, was noch viel ſchlimmer iſt. Dieſe nur zu bedauerlichen Mißſtände im Bauweſen be⸗ ſeitigen Sie wiederum nicht durch Ortsſtatute, ſie wachſen ebenfalls aus der Zeit und aus den Ver⸗ hältniſſen heraus. Und wenn eine andere Zeit kommt, vielleicht die ſozialiſtiſche, die wir leider noch nicht haben, (Heiterkeit und Zurufe) dann ſind vielleicht erſt die Grundbedingungen zu einem neuen Aufſchwung in der Kunſt und Einheit⸗ lichkeit auch auf dem Gebiete der Architektur gegeben. Jedenfalls haben die Erklärungen, die hier die Herren vom Magiſtrat zu dem Ortsſtatut ſchon gegeben haben, gezeigt, daß dem Ortsſtatut dieſer weite Rahmen gar nicht gezogen werden ſoll. Es ſoll ſich in allerletzter Linie nicht darum handeln, etwas allgemein Schönes zu ſchaffen, ſondern nur, das Böſe zu verhindern. Und wenn Sie dieſen Weg gehen wollen, werden wir ſelbſtverſtändlich ſehr gern mit Ihnen gehen, in der Kommiſſion mit Ihnen zuſammen arbeiten, und wir werden uns auch beſtreben, daß hier aus dem erſtrebten Guten wirklich etwas Gutes wird. Sta dto. Wöllmer: Meine Herren, ohne weiter auf die Materie einzugehen, veranlaßt mich doch die Bemerkung des Herrn Stadtſyndikus zu einer kurzen Erwiderung. Der Herr Stadtſynditus ſagte, es wäre eine grundſätzliche Stellungnahme bei dem Ortsſtatut Sitzung vom 23. November 1910 nicht mehr am Platze; das hätte man bei dem Geſetz machen müſſen. Nun, meine Herren, wir haben ja das Geſetz nicht mitgemacht, wir haben darüber nicht beraten, und wir waren auch nicht in der Lage, als das Geſetz geſchaffen wurde, grundſätzliche Be⸗ denken zu äußern. Jetzt wird das Geſetz an⸗ gewendet, und es ſoll ein Ortsſtatut gemacht werden. Da bleibt uns eben nichts anderes übrig, als heute, wie der Herr Syndikus meinte, post festum unſere grundſätzlichen Bedenken gegen das Ortsſtatut zu äußern. Meine Herren, es iſt, kurz geſagt auf die Außerungen des Herrn Syndikus und des Herrn Stadtbaurat, vor allen Dingen der Geiſt der Bevor⸗ mundung auf künſtleriſchem Gebiet, der uns unſympathiſch iſt und für uns ein grundſätzliches Bedenken darſtellt, auch in dem Sinne, wie mein Herr Vorredner, der Herr Kollege Zietſch, es aus⸗ führte. Es wäre beſſer, man überließe der öffent⸗ lichen Meinung das Urteil über das, was geſchmack⸗ los iſt oder nicht, und nicht einem kleinen Kreis von Perſonen, der durch Ortsſtatut eingeſetzt wird. Durch das Ortsſtatut, heißt es, ſoll eine Ver⸗ unſtaltung vermieden werden, und es wurde dabei auf das Haus am Kurfürſtendamm hingewieſen, das nun als ewiger Schandfleck daſteht. Meine Herren, die Häßlichkeit muß nun einmal ſein; denn ohne Häßlichkeit gibt es keine Schönheit, (oho! und die Häßlichkeit iſt ſtets die Folie für die Schön⸗ heit. Der Herr Stadtbaurat vom Hochbau nickt mir zu und ich glaube, daß er mir recht geben wird. In alten Zeiten hat es auch häßliche Dinge gegeben, die heute noch da ſind. Es fällt mir eben ein: in Goslar gibt es ein Haus, das die eigenartige Faſſade mit der Butterhanne und dem Dukatenmännchen beſitzt. Wenn das Ortsſtatut damals geweſen wäre, hätte man das als eine Verunſtaltung angeſehen. (Zuruf: Niemals!) Meine Herren ich möchte aber dieſe Dinge aus jener Zeit nicht entbehren, weder die Butterhanne noch das Dukatenmännchen, namentlich das letztere nicht, da es den Sinn zur Sparſamkeit angeregt hat. Ich meine in Anlehnung an die Ausführungen des Herrn Kollegen Zietſch, es wäre vielmehr Auf⸗ gabe der Stadt, in bezug auf die Aufteilung von Bauplätzen vorbildlich vorzugehen und das Bau⸗ ſyſtem im Intereſſe der Hygiene zu ändern. Aber über die Ausſchmückung der Faſſaden laſſen Sie ruhig die Offentlichkeit entſcheiden. Die öffentliche Meinung wird richtiger und gerechter darüber urteilen als ein kleines Konſilium. (Bravo!) Stadtbaurat Seeling: Meine Herren, ich glaube, es iſt eigentlich genug geredet worden, und ich hatte nicht die Abſicht, noch das Wort zu er⸗ greifen. Ich will nur hervorheben, daß es haupt⸗ ſächlich auf ein geſundes Bauen ankommt, wie der HerrVorredner ſchon erwähnte, auf weiter nichts, Ebenſo wie ein Menſch, der ein verkrüppeltes Bein hat, nicht als geſund anzuſehen iſt, ebenſo iſt es auch mit einem Haus, das nicht auf geſunden Beinen ſteht, und dieſe Verkrüppelung beeinträchtigt unſer Stadtbild in einer Weiſe, die nicht mehr ſchön iſt. Das haben Sie ſelbſt gefühlt, deshalb beſtehen jetzt ſchon Beſtimmungen, mit denen ich aber nicht mehr weiter arbeiten kann, da ich mit ihnen nicht weiter komme. Schon jetzt ſoll ich mit dem bauen⸗ den Publitum verhandeln und die einzelnen be⸗