Sitzung vom 23. wegen, aus den Faſſaden die gröbſten Unſchönheiten herauszumerzen. Ich habe aber keine entſprechende Handhabe dazu. Mehrfach waren Bemühungen von Erfolg, aber ſehr oft bin ich recht froh geweſen, wenn ich in höflicher Manier mit denen, die da bauen, auseinandergekommen bin und einen direkten Krach vermieden habe. Sie reden auch von der Verlangſamung des Bauens. Das liegt ja gerade daran, daß keine Handhabe vorhanden iſt, um mit ſtarrköpfigen Leuten zum Ziele zu kommen. Sind erſt Normen vorhanden, dann habe ich von vornherein eine etwas geſicherte Poſition und kann ganz anders verhandeln. Meine Herren, ich ſelbſt bin nicht am grünen Tiſch aufgewachſen, ſondern ebenſo wie Sie aus der Praxis hervorgegangen und habe 25 Jahre im wirtſchaftlichen Leben geſtanden. Ich weiß, was not tut, und daß man gezwungen iſt, wirtſchaftlich zu bauen. Wir wollen aber dem Banauſentum, dem ungeſunden Bauweſen, wie es gerade bei uns in Charlottenburg herausgebildet worden iſt, entgegentreten. Oft iſt derjenige, der den Bau ausführt, nicht einmal Baumeiſter, ſondern hat nur gelernt, ſich einen Bauriß zuſammenzu⸗ ſtoppeln, um ihn dann von anderen bauen zu laſſen. Er macht ſich einen Parterreriß, da wird das und das hineingebracht, dann macht er ſich den Etagenplan drüber und ſagt: Da bringen Sie das hinein. Meine Herren, das iſt kein Bauen, ſondern ein Hinwurſteln. In einer guten ſtädtiſchen Ge⸗ meinſchaft dürfen wir ſo nicht weiter bauen; das kann ich nicht im Urwald verantworten, geſchweige denn in einer Stadt, die, wie Sie das ſelbſt betont haben, ſchließlich noch etwas auf ihre äußere Er⸗ ſcheinung geben muß. Alſo, meine Herren, gehen Sie in den Aus⸗ ſchuß, und Sie werden ſehen, wie das bereits aus⸗ geführt worden iſt, daß, wenn wir dort die einzelnen Fragen weiter behandeln, wir ſchließlich nichts anderes wollen, als den Auswüchſen im Bauweſen etwas mehr zu Leibe gehen als bisher. Sie werden mir doch zugeben, daß es wahrhaftig kein ſchöner Anblick iſt, wenn Sie einen Erker ſehen, der alles andere als ein ſolcher, vielmehr ein großer Hängebauch iſt. (Heiterkeit.) Gerade wie ein ſolcher den Menſchen verunſtaltet, ſo verunſtaltet auch ſolch ein Erker den ganzen Ein⸗ druck eines Hauſes oft in abſcheulicher Weiſe. Sie ſehen jetzt Erker von 12 m Länge, dann kommen noch Balkons dazwiſchen, und es entſtehen 1,30 m ausladende Unteranſichten von 24 m Länge. Das ſind keine Erker, ſondern über die Straße gebaute Wohnungen! Dann wäre es beſſer, nach Art der alten Laubengänge gleich unten den Pfeiler zu ſtellen; dann hat man anſtändig gebaut, wie es die Alten machten, um Platz zu gewinnen, in den langen Straßen ihrer von Mauern umfaßten Städte. Alſo ich meine, mit dem bloßen Reden kommen wir nicht weiter. Wir müſſen eine Handhabe haben, mit der wir in geſunder Weiſe die Leute einmal am Zügel faſſen können. Sie ſelber als ſtädtiſche Körperſchaft wählen die Prüfungs⸗ kommiſſion, und Sie werden ſehen, ob die Be⸗ ſtimmungen richtig oder falſch gehandhabt werden. Werden ſie wirtſchaftlich unrichtig gehandhabt, ſo werden Sie in den erſten paar Jahren ſofort an uns herantreten und ſagen: nein, wie könnt Ihr ſolchen Unſinn machen, wie könnt Ihr derartige wirtſchaft⸗ liche Schädigungen den Bürgern zumuten! Ich November 1910 459 glaube, ſo viel Intereſſe haben wir doch auch wohl für die Stadt, daß wir ihre Entwicklung unterſtützen wollen, und zwar nicht nur einſeitig, um ſie zu verſchönern, ſondern auch ebenſo wie Sie alle, um ſie wirtſchaftlich zu heben. Stadtv. Holz: Meine Herren, nur wenige Worte. Ich wollte nur verhindern, daß der An⸗ ſchein erweckt wird, als ob meine Fraktion, die doch das Gros der Verſammlung darſtellt, etwa gegen die Vorlage iſt. Ich perſönlich und eine große Anzahl meiner Freunde ſtehen der Vorlage durchaus ſympathiſch gegenüber, wenngleich ich für meine Perſon durchaus nicht verkennen will, daß die heute gehörten Momente erheblich ſind. (Zuruf.) — Alſo: wenn auch nicht eine große Anzahl, jedenfalls eine nicht unerhebliche Zahl meiner Freunde! Ich wollte nur ſagen, daß es eine Reihe von Herren in meiner Fraktion gibt, die der Vorlage ſehr ſympathiſch gegenüberſtehen. Und zu dieſen gehöre ich! Die vielen Bedenken, die ich heute gehört habe, ſind nicht derart geweſen, um meine Sympathie im geringſten einzuſchränken. Ich vertrete voll und ganz den Standpunkt, dem die Herren Stadtbauräte Ausdruck gegeben haben, insbeſondere den Gedanken, daß das Geſetz da iſt und daß wir verſuchen müſſen, mit dem Geſetz und mit den drei Theſen auszukommen, welche in der Vorlage auf Grund des Geſetzes in den Vordergrund geſtellt ſind, daß wir hiſtoriſche Bauten erhalten wollen, daß wir insbeſondere, was Herr Zietſch im Einvernehmen mit dem Herrn Stadt⸗ baurat hervorgehoben hat, der Sicherſtellung einer geſunden, auch dem künſtleriſchen Empfinden Rechnung tragenden Bebauung in verſchiedenen Bauvierteln und Straßen zuſtimmen wollen. Dieſer Gedankengang muß uns unter allen Um⸗ ſtänden beherrſchen, wenn wir uns vergegen⸗ wärtigen, was der Herr Syndikus mit Recht geſagt hat: Charlottenburg iſt der beſte, der vor⸗ nehme Teil des großen Wirtſchaftsgebietes von Berlin, und wir haben ein nobile officium, daß die vielgerühmte Stadt Charlottenburg auch in künſtleriſcher Beziehung auf der Höhe bleibt und ſich mehr und mehr zu architektoniſcher Har⸗ monie entwickelt. Dabei will ich ganz dahingeſtellt ſein laſſen, ob es notwendig iſt, auf alle Einzel⸗ heiten ſo einzugehen, wie es der Magiſtrat getan hat, ob namentlich der Rahmen hinſichtlich des Stadtgebiets nicht zu weit geſpannt iſt. Ich werde gern bereit ſein, wenn Sie mich in den Ausſchuß hineinwählen, das eine oder andere zu berück⸗ ſichtigen von dem, was ich heute gehört habe. Aber Sie werden mir doch zugeben, daß in den letzten Jahrzehnten die Frage des Städtebaues eine Richtung eingeſchlagen hat, die es durchaus notwendig macht, daß wir dazu Stellung nehmen. Deshalb begrüße ich die Vorlage und hoffe, daß aus dem Ausſchuß etwas herauskommen wird, was uns und der Bürgerſchaft Freude macht. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Wolffenſtein (Schluß⸗ wart): Nach den ausführlichen Darlegungen der Herren vom Magiſtrat und der wenigen Für⸗ ſprecher für die Vorlage kann ich mich kurz faſſen. Ich betrachte Herrn Zietſch auch als einen Für⸗ ſprecher der Vorlage, trotzdem es zuerſt den An⸗