Sitzung vom 23. und deshalb werden wir gegen die Vorlage ſein müſſen. Nun iſt geſagt worden: wie kann man die Leute, die krank ſind, zum Teil aus Epileptikern beſtehen oder an anderen Krankheiten leiden, die aber noch etwas arbeiten können und vielleicht von der ſtädtiſchen Verwaltung zum Papier⸗ aufleſen uſw. verwendet werden, — wie kann man dieſe Leute auf Armen⸗ und Krankenunter⸗ ſtützung verweiſen; es ſei doch viel beſſer, wenn man ſie arbeiten läßt, dann haben ſie nicht das niederdrückende Gefühl, Armenunterſtützung zu beziehen. Wir ſtehen da auf einem anderen Standpunkt. Vorausſchicken will ich, daß ich nicht weiß, wie in dem letzten Jahre die Erfahrungen des Magiſtrats mit der Beſchäftigung dieſer halbkranken Leute geweſen ſind, ob die Erwartungen, die der Magiſtrat darin ſetzte, erfüllt ſind, und ob dieſe Leute den Bedürfniſſen und den an ſie geſtellten Anſprüchen vollſtändig genügt haben. Aber wir ſtehen auf dem Standpunkt: wenn es ſich um kranke oder halb⸗ kranke Perſonen handelt, dann gehört denſelben eine Unterſtützung, und wenn ſie Arbeit leiſten, ſollen ſie auch entſprechend den allgemeinen Sätzen bezahlt werden, damit ſie nicht nach der andern Seite hin in die Lage kommen, etwa den Lohnſatz drücken zu können. Wenn Sie alſo auf irgend eine Weiſe Mittel anfordern, durch welche dieſe Leute unterſtützt werden können, ſo daß es nicht dieſe für uns unangenehme Nebenerſcheinung hat, dann werden wir jederzeit bereit ſein, dieſe Mittel zu bewilligen. Vor allen Dingen möchte ich mich aber gegen einen Paſſus der Begründung wenden, der auf die ſogenannten Notſtandsarbeiten hinweiſt. Es iſt, glaube ich, nicht die Abſicht der Mehrheit der Stadtverordnetenverſammlung geweſen, als es es ſich um die Diskuſſion über Notſtandsarbeiten und um ihre Einführung handelte, daß als ſolche Notſtandsarbeiten auch diejenigen Arbeiten be⸗ trachtet werden, mit denen hier die halbarbeits⸗ fähigen Leute beſchäftigt werden ſollen. Unter Notſtandsarbeiten, als ein Teil der Arbeitsloſen⸗ fürſorge, die die Stadt auszuüben hat, haben wir uns eigentlich nur die Vergebung von Arbeit an vollſtändig arbeitsfähige Leute vorgeſtellt. Gegen dieſen Begriff der Notſtan dsarbeiten, wenn er eventuell hier eine andere Bedeutung zulaſſen könnte, möchte ich mich ganz energiſch und ent⸗ ſchieden wenden. Stadtrat Dr. Spiegel: Meine Herren, der Widerſpruch des Herrn Stadtverordneten Zietſch ſchreibt ſich wahrſcheinlich daher, daß die Etats⸗ poſition, um deren Verſtärkung wir hier bitten, einen unglückſeligen Titel führt. Dadurch iſt der Irrtum des Herrn Zietſch entſtanden, daß er nämlich annimmt, wir forderten die Verſtärkung der Poſition auch deshalb, um minderwertige Arbeitskräfte zu beſchäftigen. Das liegt aber durchaus nicht im Sinne unſerer Vorlage. Sie beſchränkt ſich vielmehr darauf, Vorkehrungen zu treffen, um durchaus arbeitsfähige und arbeits⸗ tüchtige Leute, die durch eine ungünſtige Lage des Arbeitsmarktes längere Zeit arbeitslos bleiben würden, bei unſeren Notſtandsarbeiten zu be⸗ ſchäftigen. Dieſe Verſtärkung iſt ausſchließlich für ſolche Notſtandsarbeiten, falls ſie erforderlich werden, beſtimmt, und bei dieſen Notſtands⸗ November 1910 461 arbeiten verwenden wir nur voll arbeitsfähige Leute. Nach dieſer Erklärung wird, glaube ich, Herr Stadtv. Zietſch auch ſeinen Widerſpruch zurückziehen. Die anderen von ihm angeführten Dinge können ja in der Etatsberatung bei der betreffenden Poſition erörtert werden. Stadtv. Zietſch: Nach dieſer Erklärung des Herrn Stadtrats gewinnt ſelbſtverſtändlich die Vorlage ein ganz anderes Ausſehen. Da handelt es ſich ja in der Tat um die Gewährung von Mitteln für eventuell vorzunehmende Notſtandsarbeiten und um die Beſchäftigung von voll arbeitsfähigen Leuten, die dann auch zu den entſprechenden Sätzen bezahlt werden müſſen. Stadtrat Dr. Spiegel: Die Lohnſätze ſind allerdings nicht dieſelben wie für den ſonſtigen Arbeitsbetrieb. Sie ſind ſchon im vorigen Jahre beſonders vom Magiſtrat feſtgeſetzt und werden, wenn nicht noch etwas anderes beſchloſſen werden ſollte, in derſelben Weiſe auch diesmal wieder bezahlt werden. Es iſt da bisher immer eine ſiebenſtündige Arbeitszeit geweſen, und es ſind — um Ihnen nichts Falſches zu ſagen, werde ich lieber noch einmal nachſehen — bezahlt worden für verheiratete Arbeiter 40 Pf. für die Stunde und für unverheiratete und jugendliche entſprechend weniger; es ſtuft ſich für ſolche auf 30 und 25 Pf. ab. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magi⸗ ſtrats, wie folgt: Die Etatsnummer Ord. Kapitel X Ab⸗ ſchnitt 11 Nr. 3 wird um 10 000 ℳ aus dem Dispoſitionsfonds verſtärkt.) Vorſteher Kaufmann: Punkt § der Tages⸗ ordnung: Vorlage betr. Abſchluß eines Vergleichs. — Druck⸗ ſache 307. Berichterſtatter Stadtv. Dzialoszynski: Meine Herren, in dem Hauſe Bismarckſtr. 110/111 wohnte im Jahre 1904 ein Friſeur Hungerlandt. Er mußte ſein Geſchäft in dieſem Hauſe aufgeben und ver⸗ legen, weil das Grundſtück infolge der Enteignung zum Abriß gelangte. Er verlegte ſein Geſchäft nach Leibnizſtr. 7 und nachher nach Bismarckſtr. 21, reüſſierte aber in dieſen Lokalitäten nicht und machte die Stadt wegen ſeines infolge der Enteignung eingetretenen Erwerbsverluſtes ſchadenerſatzpflich⸗ tig. Er klagte auf 3027,85 ℳ Schadenerſatz, wurde aber durch Urteil vom 21. Mai 1906 in erſter Inſtanz abgewieſen. In zweiter Inſtanz wurde die Stadt dem Grunde nach verurteilt, Herrn Hunger⸗ landt zu entſchädigen; die Reviſion wurde zurück⸗ gewieſen. Es iſt alſo durch rechtskräftiges Uiteil feſtgeſtellt, daß die Stadt den Friſeur Hungerlandt entſchädigen muß. Wir ſtehen nun vor der Frage: ſoll der Prozeß wegen der Höhe des Schadenerſatz⸗ anſpruchs weiter gehen? Der Magiſtrat hat un⸗ in der Vorlage vorgeſchlagen, einem Vergleick zuzuſtimmen, der dahin geht, daß Hungerland⸗ eine einmalige Barentſchädigung von 100 ℳ und ferner einen Nachlaß von 208,09 ℳ an Miete er⸗ hält, die er der Stadt verſck uldet; die letztere Summe entſpricht dem Satze von 4% für einen Betrag von 1000 ℳ ſeit dem Oktober 1905. Weiter iſt vorgeſchlagen worden, daß die Stadt die Koſten