462 übernehme. Dieſe Belaſtung iſt nicht allzu erheblich, wenn man bedenkt, daß die Kommune ſowieſo die Koſten der Reviſion und die Hälfte der Koſten der Vorinſtanzen zu tragen hat. Ich muß ſagen, daß ich den Vergleich für durchaus akzeptabel erachte; der Betrag von 1000 ℳ iſt angemeſſen und ebenſo die Ubernahme der Koſten durch die Stadt. Ich empfehle die Annahme des Vergleichs. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magi⸗ ſtrats, wie folgt: 6 Dem mit dem Frifeur Wilhelm Hunger⸗ landt abgeſchloſſenen Vergleich vom 25. Oktober 4 22 2 Kogember 1910 wird zugeſtimmt. Die Koſten des Vergleichs fallen dem Sonderetat Nr. 7 zur Laſt.) Vorſteher Kaufmann: Punkt 12 der Tages⸗ ordnung: Vorlage betr. Fluchtlinienfeſtſetzung für den Zu⸗ gang zu einer Fußgängerbrücke von der Dernburg⸗ ſtraße nach der Weſtendallee. — Druckſache 317. Berichterſtatter Stadtv. Klick: Meine Herren, um eine beſſere Verbindung der beiden ſüdlich der Neuen Kantſtraße gelegenen Stadtteile, die durch den Bahnkörper der Stadt⸗ und Ringbahn getrennt werden, herbeizuführen, iſt die Anlegung einer Fuß⸗ gängerbrücke in dem Knick der Dernburgſtraße nach der Weſtendallee geplant. Eine mit Fuhrwerken zu befahrende Brücke iſt nicht möglich zu bauen, da die Höhenunterſchiede ſehr erheblich ſind. Um nun einen Zugang zu dieſer Fußgängerbrücke zu ſchaffen, haben wir am 3. Mai beſchloſſen, ein an der Dernburgſtraße gelegenes Grundſtück anzu⸗ kaufen. Dieſer Ankauf iſt inzwiſchen geſchehen. Der Zugang ſoll in einer Breite von 22 m angelegt und mit gärtneriſchen Anlagen verſehen werden, um ihn ſchöner zu geſtalten. Die betreffenden Eigentümer haben ſich grundbuchlich verpflichtet, keine Ausgänge nach dieſem Zugang zu ſchaffen, Sitzung vom 23. um die Wirkung der gärtneriſchen Anlagen nicht zu ſtören. Der Magiſtrat hat uns die Vorlage gemacht, um die Fluchtlinien förmlich feſtzuſetzen, und ich bitte Sie, dem Antrage des Magiſtrats zuzu⸗ und ſchon ſeine Begrüßungsrede hatte uns in ſo ſtimmen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magi⸗ ſtrats, wie folgt: —— Dem Fluchtlinienplan betr. die Anlegung eines Zuganges zu einer Fußgängerbrücke von der Dernburgſtraße nach der Weſtend⸗ allee vom 23. Oktober 1910 wird zugeſtimmt.) Vorſteher Kaufmann: Punlt 13 der Tages⸗ ordnung: Vorlage betr. Bewilligung einer Beihilfe an den Berein Hoffnungstal. — Druckſache 311. Berichterſtatter Stadtv. Jaſtrow: Meine Herren, der Verein Hoffnungstal bittet wieder um eine einmalige Beihilfe von 10 000 ℳ. Der Magi⸗ ſtrat hat beſchloſſen, dieſe Beihilfe zu gewähren, und erſucht uns um unſere Zuſtimmung. Die Be⸗ gründung der Vorlage iſt ſo ausführlich und durch⸗ ſchlagend, daß mir eigentlich nur übrig bleibt, November 1910 einiges darin zu unterſtreichen und manches zu ergänzen. Die Ziele und Zwecke des Vereins ſind Ihnen ja hinreichend bekannt, da wir ſchon in früheren Jahren dieſem Verein Beihilfen gewährt haben. Der Verein hat ſeit Eröffnung der Kolonie vom 18. Juli 1905 bis zum 30. September 1910 4483 Perſonen aufgenommen. Hiervon ſind 47% aus Groß⸗Berlin bzw. aus der Provinz Brandenburg, Ausländer nur 61 Perſonen. Aus dieſen Zahlen geht das große Intereſſe hervor, das Groß⸗ Berlin an der Unterſtützung dieſer Kolonie hat. Von den Entlaſſenen ſind nach den letzten ſtatiſtiſchen Auf⸗ machungen ca. 36% in feſte Arbeit gegangen oder ſind zur Familie zurückgekehrt. Außerdem ſind natürlich in der Kolonie noch viele gerettet worden. Von den bis Ende 1909 Entlaſſenen ſind 1440 nicht nach Berlin zurückgekehrt. Sie erſehen daraus, daß Groß⸗Berlin von einer großen Anzahl Per⸗ ſonen für immer entlaſtet worden iſt, die zu der untergeordnetſten und heruntergekommenſten Men⸗ ſchenklaſſe gehören. Charlottenburg iſt jedenfalls auch durch die Kolonie von einer großen Anzahl von Leuten entlaſtet worden, welche zum weſent⸗ lichen Teile ſpäter der Armendirektion zur Laſt fallen würden. Für Charlottenburg beſteht dem⸗ nach ein großes Intereſſe, von dieſen herunter⸗ gekommenen Menſchen befreit zu werden. Es iſt aber nicht nur dieſes pekuniäre Intereſſe, das Charlottenburg an der Kolonie Hoffnungstal hat. Es iſt ein noch viel größeres menſchliches Intereſſe, das dafür ſpricht, die Kolonie zu unter⸗ ſtützen. Eine größere Anzahl von Stadtverordneten und Magiſtratsmitgliedern hat am 21. Oktober die Kolonie beſichtigt. Viele, ich möchte ſagen, die meiſten, ſind zu dieſer Beſichtigung außerordentlich ſkeptiſch gegangen. Ich gehörte wohl zu den ſkeptiſchſten, und ich muß ſagen, daß ich noch nie⸗ mals von einer vorgefaßten Anſicht ſo bekehrt worden bin wie durch die Beſichtigung dieſer Kolonie. Ich dachte mir, daß die Leute dort in der Hauptſache durch ihnen aufgezwungene Fröm⸗ migkeit oder frömmelnde Heuchelei Unterkunft und Verpflegung erlangen. Aber nichts von alledem iſt der Fall. Tatſächlich werden die Leute, die dort aufgenommen werden, rein menſchlich behandelt. Als wir hinkamen, wurden wir durch den Leiter der Anſtalt, Herrn Paſtor Onnarſch empfangen, merkwürdiger Weiſe gepackt und für die Sache eingenommen, daß wir ſchon dadurch faſt der An⸗ ſicht wurden, daß die Kolonie in hohem Maße unterſtützungswert ſei. Er ſchilderte uns die Art der Aufnahme, ſchilderte uns die Behandlung, welche die Koloniſten dort finden, und zeigte uns, daß weder nach der kirchlichen noch nach der poli⸗ zeilichen Seite irgend ein Zwang auf ſie ausgeübt wird. Es gibt dort keine Strafen, keinerlei Mittel, mit denen auf dieſe Leute zwangsweiſe eingewirkt wird, es iſt ein rein freundſchaftliches, menſchliches Zuſammenwirken. Und das ſind Menſchen, von denen wir glauben, wenn wir ſie hier auf der Straße ſehen, daß ſie unbedingt in der Goſſe enden müſſen! Dieſe Leute finden dort eine freundſchaft⸗ liche Aufnahme, ſie lernen arbeiten und ſich nützlich machen, es wird ihnen die Menſchenwürde wieder⸗ gegeben, die ſie vollſtändig verloren hatten. Was ſie dort leiſten, betrachten ſie als ihr eigenſtes Werk, ſie bekommen das Gefühl, daß ſie wieder ſtreben, wirken können, daß ſie in der menſcklichen Geſell⸗